Dr Sören Reinhard

Dr. Sören Reinhard

Dr. Sören Reinhard ist Diplom-Lebensmittel­chemiker mit Berufserfahrung in Industrie und Wissenschaft. Seiner Promotion im Fach Pharmazeutische Biologie in München schloss sich ein Forschungsaufenthalt in den USA im Bereich Bioingenieurwesen an. Seit 2019 arbeitet er als freiberuflicher Autor und behandelt Themen der Gesundheit, Ernährung und Medizin.

Das Zwerchfell (Diaphragma) ist eine kuppelförmige Platte aus Muskeln und Sehnen, die Brust- und Bauchhöhle voneinander trennt. Eine wichtige Funktion des Zwerchfells ist die sogenannte Bauchatmung entlang der Längsachse nach unten in Richtung Abdomen (Bauchraum). Bei ruhiger Atmung eines Erwachsenen macht die Bauchatmung bis zu 70 % aus.

Die Muskelanteile des Zwerchfells entspringen von einer ringförmigen Randsehne und ziehen bogenförmig zu einer zentralen Sehnenplatte (Centrum tendineum). Zwischen diesen muskulären Anteilen befinden sich vorne und hinten zwei paarige muskelfreie Dreiecke, das Trigonum sternocostale (Larrey-Spalte) und das Trigonum lumbocostale (Bochdalek-Dreieck).

Das Zwerchfell besitzt drei große Öffnungen, durch die wichtige Strukturen ziehen: Das Foramen venae cavae für Vena cava inferior, der Hiatus oesophageus für die Speiseröhre (Ösophagus) und Nervenäste des Nervus vagus (Truncus vagalis posterior und anterior) und der Hiatus aorticus für die vom Herzen ausgehende Hauptschlagader (Aorta) und den Ductus thoracicus, das größte Lymphgefäß des menschlichen Körpers1Duale Reihe Anatomie – https://www.doi.org/10.1055/b-007-170976.

Lage und Form des Zwerchfells

Das Zwerchfell (Diaphragma) trennt die Leibeshöhle in die Brusthöhle, die vom Thorax (Brustkorb) eingeschlossen wird, und die Bauchhöhle, die die Bauchorgane beherbergt. Das Zwerchfell ist ein großflächiger Muskel, dessen Fasern von einer ringförmigen, an der unteren Thoraxöffnung ansetzenden Randsehne entspringen und zusammenlaufend an einer zentralen Sehnenplatte (Centrum tendineum ) ansetzen.

Wichtig für die Funktion des Zwerchfells als Atemmuskel ist die Kuppelform. Die Kontraktion einer ebenen Muskelplatte in der unteren Öffnung des Thorax würde lediglich zu einer Verkleinerung ihrer Fläche und zu einer Verengung der unteren Öffnung ohne Gewinn von zusätzlichem Volumen im Brustkorb führen. Durch die Kuppelkonstruktion jedoch wird die mittige und höher gelegene Sehnenplatte, das Centrum tendineum, durch Kontraktion des Muskels in Richtung der tiefer gelegenen Randsehnen gezogen.

Durch den Gewinn an Volumen kann sich die Lunge ausdehnen und Luft zum Gasaustausch aufnehmen. Die Volumenzunahme des Brustkorbs nach unten geht wiederum zu Lasten des Volumens im Bauchraum.

Durch Erschlaffen der Bauchmuskulatur bei der Einatmung kann der Volumenverlust jedoch ausgeglichen werden und ermöglicht das Ausweichen der Bauchorgane nach unten, seitlich und vorne.

Die Summe dieser Vorgänge ermöglicht das Einatmen (Inspiration). In Exspirationsstellung, also beim Ausatmen, sind die Bauchmuskeln angespannt (tonisiert) und das erschlaffte Zwerchfell, genauer das Centrum tendineum, steht hoch. Das Anspannen der Bauchmuskeln führt dazu, dass die Bauchorgane von unten gegen das Diaphragma drücken. Das Zwerchfell weicht in der Folge nach oben aus, das Lungenvolumen verkleinert sich und eine Exspiration kann erfolgen. In Inspirationsstellung dagegen führt die Kontraktion des Zwerchfells zu einer Abflachung der Zwerchfellkuppel und das Centrum tendineum wird nach unten gezogen.

Eine Muskelkontraktion des Zwerchfells ist also nur für das Einatmen, nicht für das Ausatmen notwendig. Dementsprechend sind sämtliche Bauchmuskeln Exspirationsmuskeln, helfen also beim Ausatmen. Eine gleichzeitige Anspannung von Zwerchfell und Bauchmuskeln erhöht stark den Druck im Bauchraum. Diese sogenannte “Bauchpresse“ dient unter anderem der Unterstützung bei der Stuhlentleerung (Defäkation) und der Austreibung des Kindes während der Geburt.

Will man bei der klinischen Untersuchung die Oberbauchorgane Leber und Milz unter dem Rippenbogen tasten, so werden Patienten aufgefordert, tief einzuatmen, damit die Organe vom Zwerchfell nach unten gedrängt werden. Bei gesunden Organen sind Leber und Milz nämlich meist ohne das Atemmanöver nicht zu tasten.

Beim Hustenstoß wird durch eine plötzliche und kräftige Kontraktion der Bauchmuskeln das Zwerchfell bei gleichzeitiger Erschlaffung rasch nach oben verlagert, was eine sehr schnelle Ausatmung mit Strömungsgeschwindigkeiten bis zu 280 Meter pro Sekunde bewirkt. Erkrankungen der Atemwege mit heftigem Husten (zum Beispiel eine Bronchitis) können daher zu einem “Kater”, also Schmerzen der Bauchmuskeln führen.

Die untere Öffnung des Brustkorbs ist durch die Lage der Rippen schräg, was zu einer ausgeprägten Asymmetrie der Zwerchfellkuppel in der Sagittalebene, der Mittelachse des Körpers, führt. Die hinteren Muskelfasern des Zwerchfells sind daher am längsten, nach vorne werden sie immer kürzer. Von vorne gesehen bildet das Zwerchfell zwei Kuppeln. Die rechte Zwerchfellkuppel steht meist 1–2 cm höher als die linke2Duale Reihe Anatomie – https://www.doi.org/10.1055/b-007-170976.

Abschnitte des Zwerchfells

Nach den Ursprüngen an der unteren Öffnung des Brustkorbs kann der muskuläre Anteil des Zwerchfells (Pars muscularis) in drei Abschnitte gegliedert werden:

  • Pars lumbalis: Dieser Teil besteht aus den paarigen Zwerchfellpfeilern (Crus dextrum und Crus sinistrum). Mediale (zur Mitte hin gelegene) Teile der Pars lumbalis entspringen an den Lendenwirbelkörpern 1.–3., der zweiten und dritten Zwischenwirbelscheibe und dem Ligamentum longitudinale anterius. Laterale (seitliche gelegene) Teile entspringen am ersten Sehnenbogen der Psoasarkade (Lig. arcuatum mediale) vom zweiten Lendenwirbelkörper zum dazugehörigen Rippenfortsatz, dem zweiten Sehnenbogen der Quadratusarkade (Lig. arcuatum laterale) und vom Rippenfortsatz des 2. Lendenwirbelkörpers zur Spitze der 12. Rippe.
  • Pars costalis: Dieser Teil entspringt dem Unterrand des Rippenbogens (Innenfläche der 7.–12. Rippe).
  • Pars sternalis: Dieser Teil entspringt der Hinterfläche des Processus xiphoideus sterni, dem kleinsten, unteren Teil des Brustbeins.

Alle Abschnitte setzen gemeinsam an der zentralen Sehnenplatte, dem Centrum tendineum, an. Innerviert werden die Muskeln vom Nervus phrenicus aus dem Plexus cervicalis3Prometheus LernAtlas – Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem – https://www.doi.org/10.1055/b000000613.

Da das Zwerchfell die Abgrenzung der Brusthöhle gegenüber dem Bauchraum bildet, benötigen die vom Brustkorb nach unten ziehenden Leitungsbahnen und die Speiseröhre Durchtrittsstellen im Diaphragma. Wichtige muskelfreie Bereiche des Zwerchfells sind:

  • Trigonum sternocostale (Larrey-Spalte): Lokalisiert zwischen Pars costalis und Pars sternalis des Diaphragmas, hier ziehen Blutgefäße hindurch (Vasa epigastrica superiora, Fortsetzung als Vasa thoracica interna des Thorax).
  • Trigonum lumbocostale (Bochdalek-Dreieck): Eine bindegewebig verschlossene muskuläre Schwachstelle zwischen Pars costalis und Pars lumbalis des Zwerchfells, der Ort für die häufigste angeborene Hernie, die Bochdalek-Hernie.
  • Foramen venae cavae: Lokalisiert im Centrum tendineum etwas rechts der Mitte, hier zieht die untere Hohlvene (Vena cava inferior), die stärkste Vene des Körpers, hindurch.
  • Hiatus oesophageus: Gelegen im medialen Anteil des Crus dextrums, hier ziehen die Speiseröhre (Ösophagus) und Nervenäste des Nervus vagus (Truncus vagalis posterior und anterior) hindurch.
  • Hiatus aorticus: Gelegen zwischen Crus dextrum und sinistrum des Zwerchfells, hier ziehen die von der linken Herzkammer ausgehende Hauptschlagader (Aorta) und der Ductus thoracicus, das größte Lymphgefäß des menschlichen Körpers, hindurch.

Zwerchfellhernien können angeboren oder erworben sein. Hierbei werden Magenanteile oder Darmschlingen in den Brustraum verlagert. Neben der häufigsten angeborenen Bochdalek-Hernie treten diese meist als sogenannte Hiatushernien im Hiatus oesophageus auf. Dabei sind Teile des Magens in die Brusthöhle verlagert und können zu Sodbrennen oder Völlegefühl führen4Duale Reihe Anatomie – https://www.doi.org/10.1055/b-007-170976.

Funktion des Zwerchfells

Die wichtigste Funktion des Zwerchfells ist die Bauchatmung, die bei ruhiger Atmung eines Erwachsenen bis zu 70 % ausmacht. Hierbei kommt es zu einer Erweiterung des Brustkorbs entlang der Längsachse nach unten in Richtung Abdomen (Bauchraum). Zusätzlich existiert die Rippen- oder Brustatmung, bei der sich der Brustkorb von vorne nach hinten (sagittal) und in horizontale Richtung erweitert. Ein Anheben der Rippenenden am Sternum (Brustbein) kann nur dann inspiratorisch wirken, wenn die Rippen schräg nach abwärts orientiert sind.

Bei horizontalem Verlauf der Rippen würde ein Anheben oder Absenken zu einer Volumenminderung des Brustkorbs führen. Die Rippen von Säuglingen verlaufen annähernd horizontal, sodass ein Anheben der Rippen keine ausreichende Volumenzunahme des Brustkorbs beim Einatmen nach sich zieht. Daher ist bei Säuglingen die Bauch- oder Zwerchfellatmung lebenswichtig.

Doch auch in allen Fällen, in denen die Brustatmung behindert ist, beispielsweise nach Rippenbrüchen oder im Alter, wenn die Rippenknorpel weniger elastisch sind, ist die Bauchatmung von großer Bedeutung. Umgekehrt nimmt bei einer Schwangerschaft mit zunehmender Behinderung der Bauchatmung die Brustatmung an Bedeutung zu. Weiterhin ist das Zwerchfell an der oben beschriebenen Bauchpresse beteiligt, die der Unterstützung bei der Stuhlentleerung, beim Heben schwerer Gegenstände, beim Husten, Erbrechen und der Geburt dient5Duale Reihe Anatomie – https://www.doi.org/10.1055/b-007-170976.

Erkrankungen des Zwerchfells

Folgende Erkrankungen des Zwerchfells können klinisch relevant sein:

  • Zwerchfellhernien: Eine Hiatushernie kann selten zu restriktiven Ventilationsstörungen führen, bei denen die Dehnbarkeit der Lunge oder des Brustkorbs eingeschränkt ist. Häufig geht sie mit einem Reflux einher, bei dem saurer Mageninhalt in die Speiseröhre gelangt und Sodbrennen verursacht.

    Dieser Reflux kann auch zu Hustenattacken führen. Hernien im Trigonum sternocostale oder im Trigonum lumbocostale verursachen ein Druckgefühl im Brustkorb und selten Herzrasen oder Atemnot.

  • Zwerchfelllähmungen: Eine einseitige Lähmung des Nervus phrenicus, der das Zwerchfell innerviert (Phrenikusparese), kann durch Verletzungen des Nervs auf seiner langen Strecke zwischen Halswirbelsäule und Zwerchfell entstehen. Gründe für eine solche Verletzung können medizinische Eingriffe, Unfälle, Tumoren, Lymphknotenschwellungen oder Aortenaneurysmen sein.

    Patienten sind oft symptomlos, klagen gegebenenfalls jedoch über Atemnot bei Belastungen (Belastungsdyspnoe). Zwerchfellhochstand und fehlende Beweglichkeit oder asynchrone Bewegung des Zwerchfells sind typische Anzeichen einer Zwerchfelllähmung. Eine beidseitige Phrenikusparese ist selten und entsteht fast immer als Folge von medizinischen Eingriffen oder ist traumatisch bedingt.

    Es besteht immer eine unzureichende Atmung (respiratorische Insuffizienz) mit beschleunigter Atemfrequenz und Einsatz der Hilfsmuskulatur. Die Patienten sind körperlich nicht belastbar. Insbesondere beim Liegen leiden Patienten unter schwerer Atemnot, sodass Schlafen in manchen Fällen nur im Sitzen möglich ist. Es handelt sich um ein bedrohliches Krankheitsbild, das eine Beatmung oder das Implantieren eines Zwerchfellschrittmachers notwendig machen kann.

  • Neuromuskuläre Erkrankungen: Diese Erkrankungen können das Zwerchfell und die übrige Atemmuskulatur betreffen. Myopathien (wie Muskeldystrophien, Speicherkrankheiten, Polymyositis), Myasthenie-Erkrankungen, spinale Muskelatrophien und Motoneuronerkrankungen (wie Poliomyelitis, Muskelatrophie Aran-Duchenne, amyotrophe Lateralsklerose, Guillain-Barré-Syndrom) zählen zu den neuromuskulären Erkrankungen6Duale Reihe Innere Medizin – https://www.doi.org/10.1055/b-005-145255.

Quellen & Verweise[+]

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