Dr Sören Reinhard

Dr. Sören Reinhard

Dr. Sören Reinhard ist Diplom-Lebensmittel­chemiker mit Berufserfahrung in Industrie und Wissenschaft. Seiner Promotion im Fach Pharmazeutische Biologie in München schloss sich ein Forschungsaufenthalt in den USA im Bereich Bioingenieurwesen an. Seit 2019 arbeitet er als freiberuflicher Autor und behandelt Themen der Gesundheit, Ernährung und Medizin.

Zum menschlichen Dickdarm gehören die Abschnitte Blinddarm (Caecum, Zäkum) mit dem Wurmfortsatz (Appendix vermiformis), der Grimmdarm (Colon) mit seinen vier Abschnitten Colon ascendens, Colon transversum, Colon descendens und Colon sigmoideum, der Mastdarm (Rectum, Rektum) und der Analkanal (Canalis analis). Zu den Hauptaufgaben des Dickdarms gehören die Aufnahme von Wasser, die zu einer Eindickung des Stuhls führt, sowie die Bildung und Abgabe von Schleimstoffen.

Diese Funktionen werden durch den Wandbau des Dickdarms mit tiefen und dicht stehenden Krypten gewährleistet, die zu einer Oberflächenvergrößerung führen. Schwerwiegende Erkrankungen des Dickdarms gehen auf Neubildungen (Neoplasien) im Bereich von Kolon und Rektum zurück.

In Deutschland gehören sie zu den zweithäufigsten soliden Tumoren. Aus zunächst gutartigen Neubildungen (Adenomen) können sich bösartige Karzinome bilden, die häufig lange Zeit ohne Symptome bleiben. Hinweisend können unspezifische Anzeichen wie Leistungsminderung, Müdigkeit oder Gewichtsverlust und spezifische Anzeichen wie häufige Verstopfungen oder Durchfälle, ungewollter Stuhlabgang und Beimengungen von Blut sein1Duale Reihe Anatomie – https://www.doi.org/10.1055/b-007-170976.

Blinddarm

Abschnitte, Form und Lage des Blinddarms

Der Blinddarm (Zäkum) schließt sich im Magen-Darm-Trakt an den Krummdarm (Ileum), den hintersten Abschnitt des Dünndarms, an. Am Übergang von Ileum und Zäkum entsteht eine Art Ventil mit Ringmuskulatur, das einen Rückfluss von Darminhalt aus dem Dickdarm in den Dünndarm verhindert.

In der Klinik wird dieses Ventil als Bauhin-Klappe bezeichnet. Hinter der Bauhin-Klappe beginnt der etwa 7 cm lange Blinddarm mit einem zunächst weiten inneren Hohlraum, der sich nach unten hin zum Wurmfortsatz (Appendix vermiformis) verengt. Blinddarm und Wurmfortsatz liegen meist intraperitoneal, also innerhalb der Bauchfellhöhle2Duale Reihe Anatomie – https://www.doi.org/10.1055/b-007-170976.

Funktion des Blinddarms

Der Blinddarm ist ebenso wie der Grimmdarm (Colon) an der Aufnahme von Wasser und der Abgabe von Schleimstoffen beteiligt. Die Appendix vermiformis als Ausstülpung des Blinddarms übernimmt wichtige lokale immunologische Funktionen3Duale Reihe Anatomie – https://www.doi.org/10.1055/b-007-170976.

Wichtige Erkrankungen des Blinddarms

Eine akute Entzündung des Wurmfortsatzes (Appendizitis), umgangssprachlich als Blinddarmentzündung bezeichnet, kann sich entwickeln, wenn ihre Entleerung behindert wird. Auslöser hierfür können Kotsteine, Fremdkörper, Parasiten oder Lageveränderungen sein.

Blinddarmentzündung treten meist vor Beginn des Erwachsenenalters auf und weisen häufig eine typische Symptomatik auf. So entwickeln sich meist innerhalb von 12 bis 24 Stunden wandernde Schmerzen im Bauchraum, Übelkeit und Erbrechen4Duale Reihe Anatomie – https://www.doi.org/10.1055/b-007-170976.

Grimmdarm (Colon)

Die Länge des gesamten Dickdarms beträgt etwa 1,5 Meter. Der Grimmdarm hat daran den größten Anteil und bildet eine Art Rahmen für den Dünndarm an der hinteren Wand der Bauchfellhöhle5Duale Reihe Anatomie – https://www.doi.org/10.1055/b-007-170976.

Abschnitte, Form und Lage des Grimmdarms

Das Colon wird vom Dünndarm bzw. Blinddarm kommend in die folgenden vier Abschnitte unterteilt:

  • Colon ascendens: Dieser Abschnitt beginnt hinter der Bauhin-Klappe und zieht auf der rechten Seite der Bauchhöhle von unten vorne nach oben hinten. An einer Biegung unterhalb des rechten Leberlappens erfolgt der Übergang in das
  • Colon transversum: Dieser Abschnitt des Dickdarms liegt innerhalb der Bauchfellhöhle und zieht im Oberbauch von rechts nach links. Die Lage des mittleren Teils des Colon transversum kann vom Bauchnabel bis zur Schambeinfuge reichen. Die linke Biegung des Colons steht höher als die rechte und ist über ein Band mit dem Zwerchfell verbunden. An der Biegung erfolgt der Übergang in das
  • Colon descendens: Dieser absteigende Abschnitt des Colons zieht seitlich der linken Niere nach unten. An einer Darmbeingrube erfolgt der Übergang in das
  • Colon sigmoideum: Ein S-förmiger Abschnitt des Dickdarms innerhalb der Bauchfellhöhle. An dessen Ende geht der Dickdarm in den letzten Abschnitt, das
  • Rektum über.

Das Colon weist, wie auch der Blinddarm, folgende Charakteristika auf:

  • Tänien: Längsmuskelschichten der Dickdarmwand mit etwa 1 cm breiten Bündeln. Ihre Kontraktionen führen zu einer Verkürzung des Kolons. Man unterscheidet die drei Tänien Taenia libera, Taenia mesocolica und Taenia omentalis.
  • Haustren: Hierbei handelt es sich um scheinbare Aussackungen der Kolonwand. Sie entstehen durch lokale Einschnürungen der Ringmuskulatur.
  • Appendices epiploicae: Kleine Aussackungen des Bindegewebes, in das zahlreiche Fettzellen eingelagert sind6Duale Reihe Anatomie – https://www.doi.org/10.1055/b-007-170976.

Funktion des Grimmdarms

Im Dickdarm wird der aus dem Dünndarm kommende dünnflüssige Speisebrei durch Aufnahme von Wasser eingedickt. Ebenso erfolgt eine Besiedelung durch Bakterien. Der Nahrungsbrei (Chymus) wird durch die Prozesse im Dickdarm zu Fäzes (Kot, Stuhl). Auch im rechten, aufsteigenden Teil des Kolons ist der Nahrungsbrei noch dünnflüssig.

Durch zunehmende Wasserresorption wird er im Verlauf eingedickt und sein Transport verlangsamt. Durch Abgabe von Schleimstoffen durch die Schleimhaut des Dickdarms wird die Gleitfähigkeit verbessert. Der Dickdarm ist vorwiegend von anaeroben Bakterien besiedelt, die keinen freien Sauerstoff benötigen. Aerobe Bakterien, die freien Sauerstoff benötigen, machen nur ein Hundertstel bis ein Tausendstel der Besiedelung aus.

Bakterien der Darmflora können die Nahrungsbestandteile weiter verdauen und für die Aufnahme aufschließen. Dabei können Gase (Kohlendioxid, Methan, Wasserstoff, Schwefelwasserstoff und Ammoniak) sowie kurzkettige freie Fettsäuren entstehen7Duale Reihe Anatomie – https://www.doi.org/10.1055/b-007-170976. Die symbiotisch im Dickdarm lebenden Bakterien sorgen auch dafür, dass sich fremde Erreger dort nicht ansiedeln können.

Das Mikrobiom beeinflusst die Darmfunktion, die Immunabwehr sowie die Entstehung und den Verlauf mancher Erkrankung. Die Zusammensetzung des Mikrobioms unterscheidet sich zwischen Individuen stark und kann sich im Krankheitsfall oder durch Medikamente (beispielsweise Antibiotika) verändern. Die Darmbakterien werden einerseits vom Immunsystem erkannt und im physiologischen Bereich toleriert, andererseits verändern sie selbst die Aktivität des Immunsystems im Darm und schützen bestenfalls den Magen-Darm-Trakt.

Neuere Erkenntnisse zeigen, dass die Zusammensetzung des Mikrobioms das Risiko für Fettleibigkeit (Adipositas), Herz-Kreislauf-Erkrankungen, metabolisches Syndrom, Kolonkarzinom und Fettleber beeinflussen kann8Physiologie – https://www.doi.org/10.1055/b-006-163285.

Wichtige Erkrankungen des Grimmdarms

Im Colon sigmoideum finden sich häufig kleine Ausstülpungen der Darmschleimhaut, sogenannte Divertikel. Befinden sich viele Divertikel nebeneinander, spricht man von einer Divertikulose. Divertikel werden bei normaler Darmtätigkeit nicht effektiv entleert, sodass sich dort Stuhl anstauen kann.

Durch die über längere Zeit festgehaltenen Stuhlreste kann es zu einer massiven Vermehrung von Darmbakterien und schließlich zu einer Entzündung der Darmwand, einer sogenannten Divertikulitis, kommen. Die Divertikulose ist eine schmerzlose Erkrankung besonders in höherem Alter. Eine Divertikulitis hingegen kann teilweise rasch fortschreitend und sehr schmerzhaft sein. Als schwerwiegendste Komplikation kann es zur Darmperforation und damit zu einer lebensbedrohlichen Situation kommen. Bei dem besonders häufigen Befall des Colon sigmoideums ähneln die Symptome einer Blinddarmentzündung, jedoch mit Schmerzen auf der linken

Seite. Die Colitis ulcerosa ist neben dem Morbus Crohn die zweite wichtige chronisch entzündliche Darmerkrankung. Die in Schüben verlaufende Entzündung geht oft vom Rektum aus und kann sich auf den gesamten Dickdarm ausbreiten. Typische Symptome sind Durchfälle mit Schleim- und Blutbeimengungen sowie Bauchschmerzen, Gewichtsverlust und Entzündungen in anderen Organen9Duale Reihe Anatomie – https://www.doi.org/10.1055/b-007-170976.

Mastdarm (Rektum) und Analkanal

Abschnitte, Form und Lage von Rektum und Analkanal

Der ca. 12–18 cm lange Mastdarm folgt unmittelbar auf das Colon sigmoideum und geht anschließend in den Analkanal über. In der Frontalebene verläuft das Rektum meist in drei Biegungen mit drei korrespondierenden halbmondförmigen Querfalten, von denen die sogenannte Kohlrausch-Falte am stärksten ausgebildet ist. Hinter der Kohlrausch-Falte liegt die als Reservoir dienende Ampulla recti. Der 3–4 cm lange Analkanal durchzieht den muskulären Beckenboden und geht aus dem Rektum hervor.

Die Innenseite des Analkanals ist in den oberen zwei Dritteln durch Schleimhautfalten gekennzeichnet, die durch Züge glatter Muskulatur in der Wand gebildet werden. Im weiblichen Becken grenzt das Rektum nach vorne an Uterus und Vagina, beim Mann an die akzessorischen Geschlechtsdrüsen (Prostata und Bläschendrüsen), den Samenleiter und die Harnblase. Der Analkanal liegt umschlossen von einem Schließmuskel im Beckenboden und erreicht am Anus die äußere Haut10Duale Reihe Anatomie – https://www.doi.org/10.1055/b-007-170976.

Funktion von Rektum und Analkanal

Mastdarm (Rectum) und Analkanal (Canalis analis), die beiden letzten Abschnitte des Dickdarms, dienen gemeinsam der Stuhlausscheidung (Defäkation). Aufgrund der ähnlichen Funktion kann der Analkanal auch als der unterste Abschnitt des Rektums aufgefasst werden11Duale Reihe Anatomie – https://www.doi.org/10.1055/b-007-170976.

Wichtige Erkrankungen von Rektum und Analkanal

Entzündungen der Proktodealdrüsen des Rektums (Analabszesse) können sich entlang der Ausführungsgänge Richtung Damm ausbreiten und zu Analfisteln entwickeln. Analfisteln stellen eine Verbindung zwischen der Haut rund um den Anus und dem Analkanal bzw. Rektum dar und äußern sich durch Juckreiz und eitrigen Ausflüssen. Weitverzweigte Fisteln können die Kontinenz beeinträchtigen.

Meist ist eine operative Therapie notwendig. Analfissuren, kleine Einrisse im Analkanal, sind äußerst schmerzhaft und kommen meist durch eine Überdehnung des Analkanals beim Stuhlgang in Verbindung mit chronischer Verstopfung (Obstipation) zustande. Rektum und Analkanal können sich teilweise aus der Analöffnung vorstülpen, was im Allgemeinen als Prolaps (Vorfall) bezeichnet wird. Man unterscheidet den Rektumprolaps, bei dem alle Wandschichten des Rektums unter die Schließmuskel-Ebene fallen, vom Analprolaps, bei dem nur die Analschleimhaut betroffen ist.

Knotige Erweiterungen des Corpus cavernosum recti, einem Schwellkörper im Bereich des Anus, der für die Kontinenz verantwortlich ist, bezeichnet man als Hämorrhoiden. Therapiebedürftig werden sie, wenn es zu Symptomen wie Juckreiz, Schmerzen oder Blutung kommt. Die häufigste Ursache ist zu starkes Pressen während des Stuhlgangs, insbesondere bei chronischer Verstopfung, oder Abflussstörungen des Blutes aus dem Schwellkörper, die beispielsweise durch Schwangerschaft, Fettleibigkeit und überwiegend sitzende Tätigkeiten begünstigt werden können12Duale Reihe Anatomie – https://www.doi.org/10.1055/b-007-170976.

Quellen & Verweise[+]