Autor Vahidin Cerim

Vahidin Cerim

Schreibt seit Jahren leidenschaftlich zu Gesundheits- und Wohlfühlthemen, sowohl on- als auch offline. Hilft mit konkreten Tipps anderen dabei, ein gesünderes Leben zu führen und schlechte Gewohnheiten loszuwerden. Obwohl er auch selbst kaffeesüchtig ist.

Die meisten Eltern erwarten nach der langersehnten Geburt ihres Kindes ein liebliches kleines Baby, das zufrieden und glücklich ist, gut isst und viel schläft. Manchmal kommt es jedoch ganz anders: Das Kind schreit und weint ohne Unterbrechung und bringt die Eltern zum Verzweifeln, da sie nicht wissen, wie sie es beruhigen können. Obwohl der Babyschrei an sich ganz normal ist, deutet übermäßiges Schreien darauf hin, dass etwas wohl nicht stimmt. Doch wann wird von einem Schreibaby gesprochen und wann empfiehlt es sich, ärztliche Hilfe aufzusuchen? Hier erfahren Sie, welche Symptome Sie beachten müssen und wie Sie Ihr Schreibaby sanft beruhigen.

Warum weinen Babys?

Alle Babys weinen mehr oder weniger. Damit signalisieren sie, dass sie hungrig oder nass sind, dass sie aufgehoben und in den Arm genommen werden möchten. Doch nicht selten bedeutet der Babyschrei auch, dass sie sich unwohl fühlen oder Schmerzen haben. Babys und kleine Kinder, die noch nicht sprechen können, haben keine andere Möglichkeit, um Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Schreien ist daher die einzige Möglichkeit, um die Eltern zu rufen oder zu signalisieren, dass sie Zuwendung benötigen.

Das Weinen des Babys führt im Normalfall auch zu einer stärkeren Bindung zwischen Kind und Eltern. Indem sie auf sein Weinen reagieren, zeigen die Eltern, dass sie für das Kind immer da sind. Manchmal weinen Kinder jedoch stunden- oder tagelang und lassen sich durch keine der erwähnten Methoden beruhigen. Denn auch wenn alle Grundbedürfnisse des Babys gedeckt zu sein scheinen, kann es sein, dass das Kind sich unwohl fühlt oder eine andere Beschwerde vorliegt.

Wann schreit das Baby übermäßig?

Ein Schreien ab und zu macht ein Baby noch zu keinem Schreibaby. Auch wenn das Kind manchmal für eine halbe Stunde oder sogar auch eine ganze Stunde weint, ist dies noch kein Grund, es zum Schreibaby zu erklären. Im Normalfall beginnen alle Babys ab der zweiten oder dritten Lebenswoche an zu schreien1Ist mein Kind ein Schreibaby? – https://www.dgkj.de/eltern/dgkj-elterninformationen/elterninfo-schreibaby – abgerufen am 07.11.2022. Sie schreien mehr an späten Nachmittagsstunden und am Abend als am Morgen oder im Laufe des Tages.

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Vom übermäßigen Schreien wird gesprochen, wenn Babys mehr als drei Stunden am Tag, an mehr als drei Tagen in der Woche und länger als drei Wochen schreit und sich dabei auch mit Essen, Windelwechseln oder Hochheben nicht beruhigen lässt.

Sollte das Kind ganz normal essen und an Gewicht zunehmen, regelmäßigen Stuhlgang haben, außerhalb der Schreiepisoden glücklich und zufrieden sein, gibt es eigentlich keinen Grund zur Sorge.

Wenn sich das Kind bei den Schreiattacken aber krümmt, einen harten und geblähten Bauch hat, Essen verweigert, einen sehr unregelmäßigen und ungewöhnlich wirkenden Stuhlgang, eine verstopfte Nase oder starkes Nasensekret sowie ein schmerzverzerrtes Gesicht hat, empfiehlt es sich den Kinderarzt aufzusuchen.

Ursachen für übermäßiges Schreien bei Babys

Die Ursachen für ein übermäßiges Schreien bei Babys können sehr verschieden sein. In den meisten Fällen liegen die Ursachen für das Schreien von Babys in Regulationsstörungen, Stresssituationen der Eltern oder Folgen schwieriger Geburt.

Dreimonatskoliken und Regulationsstörung

Obwohl bis vor relativ kurzer Zeit die Dreimonatskoliken als Hauptgrund für das Schreien von Babys genannt wurden, geht man inzwischen davon aus, dass diese nicht unbedingt so häufig vorkommen. Deshalb spricht man heute in diesem Zusammenhang auch eher von einer Regulationsstörung.

Früher wurde angenommen, dass sich bei Babys im Alter von 2 bis 4 Monaten Darmkoliken entwickeln, indem sie beim Essen viel Luft schlucken und diese Luft zu Blähungen im Magen und Darm führt. Heute ist aber bekannt, dass auch beim Schreien viel Luft geschluckt wird und dass die Luft im Magen und Darm eher die Folge als die Ursache von Schreiepisoden bei Säuglingen ist.

Es wird angenommen, dass es sich bei den betroffenen Kindern um sensiblere Babys handelt, die empfindlicher auf die Einflüsse aus der Umwelt reagieren. Da sie selbst noch immer keine Schlaf- und Wachperioden regulieren und wegen den Reizen aus der Umgebung nicht „abschalten“ können, sind sie angespannt, gereizt und häufig übermüdet, sodass sie mit Schreien darauf reagieren.

Stress, Anspannung und Erschöpfung

Eltern können ihren eigenen Stress sehr leicht an ihre Kinder übertragen. Vor allem unerfahrene Eltern, die keine ausreichenden Informationen über die Zeit nach der Geburt des Kindes erhalten, sind häufig angespannt und nervös. Auch wenn sie niemanden in ihrer Nähe haben, der ihnen zeigen könnte, wie sie das Kind beruhigen, es baden oder stillen bzw. ihm das Fläschchen geben, kann die Situation zusätzlich verschlechtern.

Hinzu kommen die Erschöpfung der Mutter nach der Geburt, die meist nur sehr wenigen Stunden Schlaf beider Elternteile, aber häufig auch große Hormonschwankungen der Mutter nach der Entbindung. Manche Paare haben auch finanzielle Sorgen und sind wegen der neuen Verantwortung nun unter zusätzlicher Belastung. All diese Sorgen können sich auch auf das Kind auswirken. Es spürt die Anspannung der Eltern und reagiert mit Schreien als der einzigen Ausdrucksmöglichkeit, die es kennt.

Auch ist manchmal die Kommunikation zwischen dem Kind und den Eltern erschwert: Eltern können die Signale, die ihnen das Kind gibt, nicht richtig einordnen und deuten. Ist zum Beispiel das Kind müde und die Eltern versuchen es zu füttern, wird es schreien und protestieren. Oder auch umgekehrt – ist es hungrig, wird es nicht einschlafen wollen.

Probleme bei der Geburt

Schreibabys sanft beruhigen

Sehr schwierige Geburten oder Kaiserschnitte können neben der Mutter auch das Baby stark belasten. Einige Experten betrachten den Kaiserschnitt als ein traumatisches Erlebnis für das Kind. Normalerweise leitet das Kind selbst die Geburt ein, wenn es dafür bereit ist. Bei geplanten Kaiserschnitten ist dies jedoch nicht der Fall. Das hormonelle Zusammenspiel von Mutter und Kind ist gestört und es kommt zu einem Abbruch der Verbindung der Mutter zum Kind durch die Narkose.

Neugeborene können nicht die Wehen verspüren, die sie auf die Außenwelt vorbereiten, sodass solche Kinder häufig mit Angst auf die vollkommen neue, plötzlich auftauchende Situation reagieren und in den ersten Monaten viel mehr schreien und mehr Zeit für die Entwicklung der Selbstregulation benötigen2Harte Landung – Die Geburt durch Kaiserschnitt aus der Sicht eines Neugeborenen – https://www.awo-bs.de/fileadmin/downloads/Beratungszentrum_GF/2015/Fachartikel-Kaiserschnitt.pdf – abgerufen am 07.11.2022.

Eine stressvolle Schwangerschaft kann genauso einen schlechten Einfluss auf das Baby haben: Nach der Geburt ist es unruhig und lässt sich nur schwer beruhigen.

Rauchen in der Schwangerschaft

Neben vielen anderen Beschwerden und Gesundheitsrisiken für das Kind kann auch das Rauchen in der Schwangerschaft zu einem Schreibaby führen. Das Nikotin gelangt nämlich zusammen mit zahlreichen anderen giftigen Stoffen über die Plazenta zum Baby, so dass es noch vor der Geburt eine Nikotinsucht entwickelt. Schon das Rauchen im Raum, in dem sich ein Neugeborenes aufhält, ist sehr schädlich und kann zum übermäßigen Schreien bei Babys führen3Nikotin und Passivrauchen – https://www.schwanger-in-bayern.de/schwanger/risikofaktoren/nikotin/index.php#sec1 – abgerufen am 07.11.2022.

Anpassungsprobleme an das neue Umfeld

In den ersten Tagen und Wochen nach der Geburt ist für das Baby alles vollkommen neu und ungewohnt. Es muss sehr viel lernen und fühlt sich nicht mehr geschützt wie im Mutterleib. Es empfindet zum ersten Mal Kälte und atmet mit seiner eigenen Lunge. Zudem muss das Baby gleich lernen, wie geschluckt und Nahrung über den Mund zu sich genommen wird. Es sieht, riecht und schmeckt zum ersten Mal.

Die Geräusche aus dem Umfeld sind nun viel stärker zu hören und all dies kann zu einer Überreizung und somit auch zu Anpassungsproblemen führen. Einige Babys können sich recht schnell an die neue Außenwelt gewöhnen, andere brauchen einfach mehr Zeit.

Obgleich es noch immer unklar ist, warum bestimmte Kinder stärker auf Reize aus der Außenwelt reagieren und nur schwer eine Selbstregulation entwickeln, besagen Studien, dass Kinder, die im frühen Alter Regulationsprobleme haben, später häufiger weitere Entwicklungsprobleme wie ADHS (Hyperaktivität oder Aufmerksamkeitsstörungen) und andere Verhaltensstörungen entwickeln können4Werden aus Schreibabys Kinder mit ADHS? – https://www.mri.tum.de/pressemeldungen/werden-aus-schreibabys-kinder-mit-adhs – abgerufen am 07.11.2022.

Methoden zur Beruhigung eines Schreibabys

Es gibt keine spezifische Methode, die bei jedem schreienden Kind zur Beruhigung führt. Jedes Kind ist ein Individuum für sich und hat zu bestimmten Zeiten auch ganz unterschiedliche Bedürfnisse. Hier sind jedoch einige Vorschläge, wie sich ein schreiendes Baby beruhigen lässt, sollte es auch dann weiterschreien, wenn es weder hungrig, nass noch müde ist.

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Mit Methoden des geregelten Tagesablaufs, direktem Körperkontakt oder auch beruhigenden Massagen finden die meisten Kinder zur Ruhe und können schon bald eine Selbstregulation entwickeln.

Körper-an-Körper-Kontakt

Die meisten Babys genießen den ganz nahen Körper- und Hautkontakt. Das Kind wird dazu an die Brust gesetzt, sodass es die Wärme der Haut und den Herzschlag der Mutter oder des Vaters spüren kann. Hilfreich kann es auch sein, das Kind regelmäßig in einem Tragetuch ganz nah am eigenen Körper zu tragen, während gleichzeitig Haushaltsarbeiten erledigt werden oder ein Spaziergang gemacht wird.

Massagen

Babys lieben meist sanfte Massagen des Bauchs, der Glieder oder des Rückens. Diese spenden wohltuende Wärme, entspannen die Muskeln und regen die Verdauung an. Besonders hilfreich ist es, am Abend vor dem Schlafengehen bzw. nach entspannendem Bad eine regelmäßige Massage einzuführen, die dem Baby dabei hilft, abzuschalten und leichter einzuschlafen.

Festere Einwicklung

Babys waren im Bauch, vor allem in den letzten Monaten, in einem recht kleinen Raum und sind an die Enge gewöhnt. Nach der Geburt sind sie jedoch plötzlich einem großen Raum ausgesetzt und können ungehindert ihre Arme und Beine bewegen. Einige Babys empfinden eine etwas festere Einwicklung mit einem Tuch oder einer Decke als beruhigend und angenehm.

Auf diese Weise werden sie daran gehindert, sich selbst aufzuwecken, wenn sie im Schlaf die eigenen Arme oder Beine ruckartig bewegen. Gleichzeitig darf die Einwicklung natürlich nicht zu fest sein und sollte nicht übermäßig lange dauern, da sie zu Überhitzung des Babykörpers und Hüftfehlstellungen führen kann.

Rituale und geregelte Tagesabläufe

Geregelte Tagesabläufe und Rituale helfen dem Kind, sich auf die neuen Reize der Außenwelt besser einzustellen, sich sicherer zu fühlen und schneller eine Selbstregulation zu entwickeln. Deshalb ist es ratsam, den Tag und seine Abläufe, soweit dies möglich ist, zu ordnen und ihm eine Struktur zu verleihen. Dies bedeutet, dass die Schlafens-, Essens- und Badezeiten, die Spaziergänge und andere Aktivitäten immer zu gleichen Zeiten stattfinden sollten.

Viel Zeit gemeinsam verbringen

In den ersten Wochen und Monaten benötigt das Neugeborene seine Eltern noch sehr stark und möchte ständig in ihrer Nähe sein. In dieser Zeit sollten Eltern das Kind auch nicht lange schreien lassen, denn zu diesem Zeitpunkt beherrscht es noch nicht die Möglichkeit, sich allein zu beruhigen. Wenn es hochgehoben werden möchte und Trost sucht, dann sollten die Eltern ihm dieses auch spenden.

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Sollte trotz Anstrengungen der Eltern das Schreien anhalten, ist es ratsam, den Kinderarzt aufzusuchen, insbesondere wenn das Kind sich stark krümmt, sein Bauch gebläht ist oder es ein schmerzverzerrtes Gesicht hat.

Hilfe für Eltern – Schreikliniken

In einigen Fällen kann das Schreien von Babys trotz allen Versuchen, es zu beruhigen, stunden- oder sogar tagelang dauern. Die Schreiepisoden können eine sehr große Belastung für die sowieso stark überforderten Eltern sein. Sie glauben manchmal, dass sie als Eltern versagen und fühlen sich sehr hilflos. Wenn eine Krankheit ausgeschlossen ist und dem Kind auch merklich nichts fehlt, gilt es in solchen Situationen die Ruhe zu bewahren.

Auf keinen Fall darf man das Baby schütteln, um es so „zur Vernunft zu bringen“. In solchen Momenten der Überlastung sollte man am besten fremde Hilfe suchen, sei dies von Familienangehörigen, Freunden oder auch Fachleuten. Eine Lösung sind die mittlerweile recht zahlreich vertretenen Schreikliniken, wo die Eltern eine Beratung erhalten, was sie in sehr schwierigen Situationen tun und wie sie ihrem Kind zur Beruhigung verhelfen können.

Quellen & Verweise[+]

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