Autor Robert Klatt

Robert Klatt

Robert Klatt hat während seines Studiums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU Düsseldorf) in der Stabsstelle Kommunikation erste journalistische Erfahrungen gesammelt. Durch seine langjährige Mitarbeit am wissenschaftlichen Nachrichtenportal Forschung-und-Wissen.de konnte er seine Expertise in den Bereichen Gesundheit, Medizin und Ernährung vertiefen.

Kohlenhydrate sind die Hauptenergielieferanten des Menschen. Im Optimalfall bestehen deshalb knapp drei Viertel der Speisen aus diesen Makronährstoffen1Richtwerte für die Energiezufuhr aus Kohlenhydraten und Fett – https://www.dge.de/fileadmin/public/doc/ws/position/DGE-Positionspapier-Richtwerte-Energiezufuhr-KH-und-Fett.pdf – Abgerufen am 10.05.2022. Doch wie viele Kohlenhydrate sollte man wirklich essen und wie bestimmt man den individuellen Kohlenhydratbedarf?

Ein Überblick über den Kohlenhydratbedarf

  • Es lässt sich nicht pauschal sagen, wie viele Kohlenhydrate die Ernährung beinhalten sollte. Der individuelle Bedarf hängt von verschiedenen Faktoren ab. Empfohlen ist jedoch, dass etwa 50 Prozent des Energiebedarfs durch Kohlenhydrate bedeckt werden2Kohlenhydrate – https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/kohlenhydrate-ballaststoffe/?L=0 – Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. – Abgerufen am 10.05.2022
  • Berechnet werden kann der Kohlenhydratbedarf mittels Kalorienrechnern. Das Ergebnis sollte aber nur als Richtwert angesehen werden.

Welchen Nutzen haben Kohlenhydrate?

Neben Fett und Eiweiß sind Kohlenhydrate ein wesentlicher Bestandteil unserer Nahrung. Die Energielieferanten gehören zu den sogenannten Makronährstoffen, die essenziell für die kognitive und körperliche Leistung des Menschen sind. Der Körper speichert Kohlenhydrate in Form von Glykogen als Energiereserven in der Leber und der Muskulatur3Ernährung im Ausdauersport. Anpassung des Makronährstoffverhältnisses an die Belastungsintensität – http://www.klinischesportmedizin.de/auflage_2010_1/ernaehrung_ausdauer_fikenzer.pdf – Abgerufen am 25.05.2022. Zudem regen Kohlenhydrate den Stoffwechsel an und sorgen so dafür, dass Fette und Eiweiße ihre Wirkung wie zum Beispiel den Muskelaufbau voll entfalten können.

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Kohlenhydrate sind keine ungesunden „Dickmacher“. Die Makronährstoffe sind essenziell für die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit des Menschen.

Wie hoch ist der Tagesbedarf an Kohlenhydraten?

Der Tagesbedarf an Kohlenhydraten lässt sich nicht pauschal nennen, weil sich die Menschen durch ihre Größe, ihre Berufe und ihre körperliche Aktivität stark voneinander unterscheiden. Zudem beeinflussen weitere Faktoren den individuellen Kohlenhydratbedarf:

  • Erbliche Veranlagung
  • Krankheiten
  • Stoffwechsel
  • Alter
  • Geschlecht
  • Gewicht und Größe

Wie lässt sich der Tagesbedarf an Kohlenhydraten bestimmen?

Um den individuellen Kohlenhydratbedarf berechnen zu können, wird der Grundumsatz benötigt. Es handelt sich dabei um den Energiebedarf, bei dem alle Stoffwechselfunktionen im Normbereich ablaufen. Ausrechnen kann man den Grundumsatz mit der Harris-Benedict-Formel:

  • Bei Frauen: 655,1 + (9,6 x Körpergewicht in kg) + (1,8 x Körpergröße in cm) – (4,7 x Alter)
  • Bei Männern: 66,47 + (13,7 x Körpergewicht in kg) + (5 x Körpergröße in cm) – (6,8 x Alter)

Außerdem wird der Leistungsumsatz benötigt. Der sogenannte PAL-Wert (Physical Activity Level)4Ausgewählte Fragen und Antworten zur Energiezufuhr – https://www.dge.de/wissenschaft/faqs/energie/#pal – Abgerufen am 25.05.2022zeigt den täglichen Gesamtenergiebedarf. Er lässt sich anhand des PAL-Faktors berechnen:

PAL-Faktor Beispiele
1,2 Fast ausschließliche sitzende oder liegend z.B. kranke und gebrechliche Menschen
1,4 bis 1,5 Überwiegend sitzen und wenig körperliche Aktivität z.B. Büroangestellte ohne Ausgleichssport
1,6 bis 1,7 Sitzende, gehende und stehende Tätigkeit mit wenig körperlicher Arbeit z.B. Arbeit am Fließband mit gelegentlichem Sport
1,8 bis 1,9 Überwiegend gehende und stehende Tätigkeit z.B. Kellner mit gelegentlichem Sport
2,0 bis 2,4 Körperlich herausfordernde Arbeit z.B. Bauarbeiter und ambitionierte Sportler mit regelmäßigem Training

Um die individuellen Kohlenhydratbedarf zu berechnen, wird der Grundumsatz mit dem PAL multipliziert (Grundumsatz x PAL). Das Ergebnis ist der Kalorienbedarf pro Tag, von dem etwa die Hälfte aus Kohlenhydraten bestehen sollte. Ein Gramm Kohlenhydrat entspricht vier Kilokalorie (kcal). Bei einem Kalorienbedarf von 2.500 kcal sollte die Ernährung also etwa 312,5 Gramm Kohlenhydrate pro Tag enthalten.

Es handelt sich hierbei um einen Richtwert. Der Kohlenhydratbedarf kann sich tagtäglich ändern, etwa wenn an einem Tag die körperliche Aktivität erheblich höher oder niedriger ist als normal. Zudem hängt der Kohlenhydratbedarf von den persönlichen Diätzielen ab. Menschen, die abnehmen oder zunehmen möchten, können demnach einen geringeren oder höheren Kohlenhydratbedarf haben.

Was passiert bei Überdosierung von Kohlenhydraten?

Werden über eine längere Zeit mehr Kohlenhydrate gegessen, als der Körper verwerten oder als Glykogen in der Leber und in den Muskeln speichern kann, werden diese in Fett umgewandelt. Langfristig kann eine erhöhte Kohlenhydrataufnahme deshalb Übergewicht und verschiedene Krankheiten auslösen, wie Diabetes auslösen.

kohlenhydratbedarf des Menschen
Auswahl an Lebensmittel mit grossen Kohlehydratanteil

Was passiert bei Kohlenhydratmangel?

Menschen mit einem geringen Kohlenhydratanteil in ihrer täglichen Ernährung konsumieren im Gegenzug meist deutlich mehr Fett und Eiweiß. Ein Kohlenhydratmangel führt deshalb oft zu einer problematischen Diät, die das Risiko für verschiedene Krankheiten, darunter koronare Herzkrankheiten, Hypertonie und Nierenkrankheiten erhöht5Development of diabetes in obese, insulin-resistant mice: essential role of dietary carbohydrate in beta cell destruction – doi.org/10.1007/s00125-007-0662-8.

Kohlenhydratanteil beeinflusst Lebenserwartung

Langzeitdaten von mehr als 15.000 Probanden zeigen, dass der Kohlenhydratanteil die Lebenserwartung signifikant beeinflusst6Dietary carbohydrate intake and mortality: a prospective cohort study and meta-analysis – doi.org/10.1016/s2468-2667(18)30135-x. Das Sterblichkeitsrisiko steigt demnach sowohl bei Ernährungsweisen mit einem sehr niedrigen Kohlenhydratanteil (< 40 %) und einem sehr hohen Kohlenhydratanteil (> 70 %). Am geringsten ist das Sterblichkeitsrisiko bei einem mittleren Kohlenhydratanteil (50 bis 55 %). Besonders riskant sind laut der Studie Low-Carb-Diäten, bei denen statt Kohlenhydraten fast ausschließlich tierische Lebensmittel konsumiert werden.

Quellen & Verweise[+]