Amlodipin wird zur Therapie von Herzerkrankungen wie Bluthochdruck (Hypertonie), koronarer Herzkrankheit (KHK) oder Angina pectoris eingesetzt. Der Wirkstoff gehört zur Gruppe der Calcium-Kanal-Blocker.
Amlodipin wird in der Regel einmal täglich als Tablette eingenommen. Zu den häufigen Nebenwirkungen zählen Müdigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen und Magen-Darm-Beschwerden. Eine Anwendung in der Schwangerschaft oder Stillzeit sollte nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung und bei eindeutiger Notwendigkeit erfolgen1Amlodipin – https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Amlodipin_20531 – Abgerufen am 16.11.2022.
Anwendung von Amlodipin
Amlodipin ist in Deutschland für Kinder ab 6 Jahren, Jugendliche und Erwachsene für folgende Anwendungsgebiete zugelassen:
- Arterielle Hypertonie (Bluthochdruck)
- Angina pectoris, ein typisches Symptom der koronaren Herzkrankheit mit anfallsartigen Schmerz in der Brust
- Vasospastische (Prinzmetal-) Angina, eine Sonderform der Angina pectoris, die durch Krämpfe der Herzkranzgefäße (Koronarspasmen) ausgelöst wird.
Für Kinder unter 6 Jahren liegen keine Daten zur Dosierung oder Anwendung vor2Fachinformation Norvasc® 5 mg Tabletten, Stand Juni 2022 – https://www.fachinfo.de/suche/fi/007631 – Abgerufen am 16.11.2022.
Dosierung und Einnahme von Amlodipin
Amlodipin ist im deutschsprachigen Raum unter anderem unter dem Handelsnamen Norvasc® bekannt. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Generika im Handel. Auch Kombinationspräparate mit einem oder zwei weiteren Wirkstoffen, beispielsweise dem ACE-Hemmer Ramipril oder dem Betablocker Bisoprolol, sind erhältlich. Bei Patienten mit Bluthochdruck kann Amlodipin zusammen mit einem Thiaziddiuretikum, Alphablocker, Betablocker oder einem ACE-Hemmer angewendet werden. Bei Angina kann Amlodipin als Monotherapie ohne einen weiteren Wirkstoff eingenommen werden oder aber auch in Kombination mit anderen Arzneimitteln gegen Angina bei den Patienten, deren Angina auf Nitrate und/ oder eine angemessene Dosis an Betablockern nicht angesprochen hatte. Die Dosierung sollte vom behandelnden Arzt individuell festgelegt werden.
Aufgrund der langen Halbwertszeit von Amlodipin wird der Wirkstoff in nicht-retardierter Form in der Regel einmal täglich oral in Form einer Tablette eingenommen. Sowohl für Hypertonie als auch für Angina beträgt die übliche Dosis 5 mg Amlodipin einmal täglich. Diese Dosis kann je nach dem individuellen Ansprechen des Patienten auf maximal 10 mg erhöht werden. Bei Begleittherapie mit Thiaziddiuretika, Betablockern oder ACE-Hemmern ist keine Dosisanpassung nötig.
Bei Kindern und Jugendlichen mit Bluthochdruck im Alter von 6 bis 17 Jahren beträgt die empfohlene orale Dosis 2,5 mg einmal täglich als Startdosis, die bis 5 mg einmal täglich gesteigert werden kann, sollte das Blutdruckziel nach 4 Wochen nicht erreicht sein. Dosen von mehr als 5 mg täglich wurden bei Patienten im Kindes- und Jugendalter nicht untersucht3Fachinformation Norvasc® 5 mg Tabletten, Stand Juni 2022 – https://www.fachinfo.de/suche/fi/007631 – Abgerufen am 16.11.2022.
Wirkung von Amlodipin
Wirkmechanismus
Amlodipin gehört zur Wirkstoffgruppe der Calcium-Kanal-Blocker. Solche Wirkstoffe wurden früher als „Calciumantagonisten“ bezeichnet, wobei dieser Name dem Wirkmechanismus nicht gerecht wird. Der Begriff Calcium-Kanal-Blocker beschreibt den Wirkmechanismus zutreffender: Die Wirkstoffe hemmen den Calcium-Einstrom in die glatten Muskelzellen von Herz und Blutgefäßen über eine reversible Blockade spannungsabhängiger L-Typ-Calcium-Kanäle. Der Einstrom von Calcium in die Muskelzellen über L-Typ-Calcium-Kanäle ist für die Muskelkontraktion notwendig.
Durch die Blockade der Kanäle wird die intrazelluläre Calcium-Konzentration vermindert und die Kontraktion der Muskulatur gehemmt. Daraus folgt unter anderem eine Erweiterung der arteriellen Blutgefäße und der peripheren Widerstand nimmt ab. Der periphere Widerstand ist der Strömungswiderstand im Blutkreislauf des Körpers und ergibt sich aus der Summe der einzelnen Gefäßwiderstände.
Am Herzen führt die Blockade von Calcium-Kanälen zu einer Abnahme der Kontraktionskraft, der Herzfrequenz und der Überleitungsgeschwindigkeit von den Vorhöfen zu den Herzkammern. Es bestehen jedoch deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Gruppen von Calcium-Kanal-Blockern hinsichtlich der Wirkungen auf das Herz. Nach der chemischen Grundstruktur unterscheidet man 3 Wirkstoffgruppen:
- Dihydropyridine (Nifedipin-Typ), zu diesen zählt auch Amlodipin. Nifedipin ist das Dihydropyidin der ersten Generation, Amlodipin dagegen zählt zur bisher jüngsten dritten Generation.
- Phenylalkylaminderivate (Verapamil-Typ)
- Benzothiazepinderivate (Diltiazem-Typ)
Calcium-Kanal-Blocker vom Verapamil- und Diltiazem-Typ sind hinsichtlich ihrer Wirkung auf das Herz-Kreislaufsystem vergleichbar. Neben den Wirkungen auf die Blutgefäße, die schwächer als bei den Dihydropyridinen ausgeprägt sind, weisen beide Substanzgruppen im Herzen eine direkte senkende Wirkung auf Kontraktionskraft, Herzfrequenz und Überleitungsgeschwindigkeit der Erregung von den Vorhöfen auf die Kammern auf.
Dihydropyridine wirken dagegen vor allem an den peripheren Blutgefäßen und dort stärker auf arterielle Gefäße, die Blut vom Herzen in den Körperkreislauf befördern, als auf venöse Blutgefäße, die dem Rückstrom von Blut zum Herzen dienen. Alle Dihydropyridine sind chemische Modifikationen von Nifedipin und unterscheiden sich im Wesentlichen in der Schnelligkeit des Wirkeintritts, der Wirkdauer sowie in der relativen Selektivität von Calcium-Kanälen in der glatten Gefäßmuskulatur.
Zu beachten ist die Gegenregulation des Sympathikus. Der Sympathikus und sein Gegenspieler, der Parasympathikus, gehören zum vegetativen Nervensystem. Im Allgemeinen fördert der Sympathikus Funktionen, die den Körper in erhöhte Leistungsbereitschaft versetzen. Vor allem die nicht-retardierten Dihydropyridine steigern durch den Sympathikus vermittelt die Herzfrequenz, da die Wirkungen auf das Herz gering, die gefäßerweiternden Wirkungen jedoch stark ausgeprägt sind.
In Abhängigkeit vom Wirkungseintritt und von der Stärke der Blutdrucksenkung kann es dann zur Aktivierung des Barorezeptorenreflexes kommen: Fällt der Blutdruck, wird die Aktivität des Parasympathikus gehemmt und es kommt zu einer Erhöhung der Herzfrequenz und zu einem erhöhten totalen peripheren Widerstand durch Kontraktion der Widerstandsgefäße. Der reflektorische Anstieg der Herzfrequenz wird auch als Reflextachykardie bezeichnet. Zur Vermeidung von Reflextachykardien sollten nur Dihydropyridine mit langsamem Wirkungseintritt und langer Wirkdauer oder retardierte Formulierungen zum Einsatz kommen. Amlodipin weist mit einer Halbwertszeit von 40 Stunden eine besonders lange Wirkdauer auf4Kurzlehrbuch Pharmakologie und Toxikologie – https://www.doi.org/10.1055/b-006-163246.
Aufnahme und Verteilung im Körper
Dihydropyridine der verschiedenen Generationen unterscheiden sich im Wesentlichen in der Schnelligkeit des Wirkeintritts, der Wirkdauer sowie im Ansprechverhalten auf verschiedene Calcium-Kanäle in der glatten Gefäßmuskulatur. Nifedipin, das Dihydropyridin der ersten Generation, hat einen schnellen Wirkeintritt und eine kurze Wirkdauer. Nifedipin ist daher in seiner nicht-retardierten Form zur Therapie einer chronischen arteriellen Hypertonie ungeeignet.
Die Dihydropyridine der 2. und insbesondere der 3. Generation, zu denen Amlodipin zählt, sind für die Hypertoniebehandlung aufgrund der längeren Wirkdauer und des langsameren Wirkungseintritts besser geeignet. Sie ermöglichen eine konstante Blutdrucksenkung über den Tag, ohne eine klinisch relevante sympathische Gegenregulation auszulösen. Amlodipin weist, im Vergleich zu anderen Calcium-Kanal-Blockern, mit einer Halbwertszeit von 40 Stunden die längste Wirkdauer und mit einer Bioverfügbarkeit von 70% den höchsten zur Verfügung stehenden Wirkstoffanteil im Blutkreislauf auf5Kurzlehrbuch Pharmakologie und Toxikologie – https://www.doi.org/10.1055/b-006-163246.
Nebenwirkungen von Amlodipin
Bei den Häufigkeitsangaben zu Nebenwirkungen werden folgende Kategorien unterschieden: Sehr häufig (≥ 10%), häufig (≥ 1% bis < 10%), gelegentlich (≥ 0,1% bis < 1%), selten (≥ 0,01% bis < 0,1%), sehr selten (< 0,01%) und “nicht bekannt”, wenn die Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar ist. Eine vollständige Liste der Nebenwirkungen kann der Packungsbeilage entnommen werden. Zu den häufigen Nebenwirkungen von Amlodipin in Darreichungsform der Tabletten Norvasc® zählen:
- Erkrankungen des Nervensystems: Müdigkeit, Kopfschmerzen und Schwindel. Diese Erscheinungen treten insbesondere zu Beginn der Behandlung auf.
- Augenerkrankungen: Sehstörungen einschließlich Diplopie (Doppeltsehen, Doppelbilder)
- Herzerkrankungen: Palpitationen, ein unangenehmes subjektives Gefühl, dass das Herz zu schnell, zu stark oder unregelmäßig schlägt.
- Gefäßerkrankungen: Hautrötung mit Wärmegefühl
- Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und Mediastinums: Atemnot (Dyspnoe)
- Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts: Bauchschmerzen, Übelkeit, Dyspepsie (ein Gefühl von Schmerz oder Missempfindung im Oberbauch), veränderte Darmentleerungsgewohnheiten (einschließlich Durchfall und Verstopfung)
- Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen: Knöchelschwellungen, Muskelkrämpfe
- Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort: Müdigkeit, Schwächegefühl.
Eine sehr häufige Nebenwirkung sind Ödeme (Wassereinlagerungen) insbesondere im Bereich der Knöchel6Fachinformation Norvasc® 5 mg Tabletten, Stand Juni 2022 – https://www.fachinfo.de/suche/fi/007631 – Abgerufen am 16.11.2022.
Wechselwirkungen und Kontraindikationen von Amlodipin
Die folgenden Aufzählungen sind nicht vollständig. Bei Einnahme von Amlodipin sollte stets die Packungsbeilage beachtet und ärztlicher Rat eingeholt werden. Calcium-Kanal-Blocker aus der Gruppe der Dihydropyridine, zu denen Amlodipin zählt, sind bei instabiler Angina pectoris, schwerer Hypotonie und in den ersten 4–8 Wochen nach einem Herzinfarkt kontraindiziert7Kurzlehrbuch Pharmakologie und Toxikologie – https://www.doi.org/10.1055/b-006-163246.
Weiterhin ist Amlodipin kontraindiziert bei:
- Überempfindlichkeit gegen Dihydropyridine und/oder Amlodipin
- Schock (einschließlich kardiogenem Schock)
- Obstruktion des linksventrikulären Ausflusstrakts (etwa bei höhergradiger Aortenstenose)
Amlodipin wird über das Leberenzym CYP3A4 verstoffwechselt. Daher können alle Stoffe, die ebenfalls über das CYP3A4-Enzym metabolisiert werden oder dieses hemmen, den Plasmaspiegel von Amlodipin und seinen Metaboliten erhöhen. Dadurch steigt das Risiko für Nebenwirkungen. Zu den Hemmstoffen oder Substraten von CYP3A4 gehören:
- Proteaseinhibitoren
- Azol-Antimykotika
- Makrolide
- Verapamil
- Diltiazem
Umgekehrt sorgen Wirkstoffe, die die Aktivität von CYP3A4 erhöhen (CYP3A4-Induktoren), für erniedrigte Plasmaspiegel von Amlodipin. Zu diesen Stoffen gehören beispielsweise Rifampicin oder Johanniskraut. CYP3A4-Induktoren sollten nur mit Vorsicht gemeinsam mit Amlodipin angewendet werden.
Amlodipin darf in der Schwangerschaft nur angewendet werden, wenn keine sichereren Therapiealternativen zur Verfügung stehen, da bei hohen Dosen eine Reproduktionstoxizität in tierexperimentellen Studien beobachtet wurde. Amlodipin geht bei Stillenden in die Muttermilch über. Da nicht bekannt ist, ob Amlodipin Auswirkungen auf Säuglinge hat, sollte der Wirkstoff deshalb nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung und bei eindeutiger Notwendigkeit in der Stillzeit angewendet werden.
Da der blutdrucksenkende Effekt von Amlodipin verzögert eintritt, ist mit einem akuten Blutdruckabfall nicht zu rechnen. Dennoch kann Amlodipin geringe oder mäßig ausgeprägte Einflüsse auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen haben, insbesondere zu Beginn der Therapie8Amlodipin – https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Amlodipin_20531 – Abgerufen am 16.11.2022.
Quellen & Verweise