Dr Sören Reinhard

Dr. Sören Reinhard

Dr. Sören Reinhard ist Diplom-Lebensmittel­chemiker mit Berufserfahrung in Industrie und Wissenschaft. Seiner Promotion im Fach Pharmazeutische Biologie in München schloss sich ein Forschungsaufenthalt in den USA im Bereich Bioingenieurwesen an. Seit 2019 arbeitet er als freiberuflicher Autor und behandelt Themen der Gesundheit, Ernährung und Medizin.

Metoprolol wird bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Hypertonie (Bluthochdruck), Herzrhythmusstörungen und koronarer Herzkrankheit eingesetzt. Weiterhin wird Metoprolol zur Vorbeugung von Migräne eingesetzt. Das Medikament gehört zur Wirkstoffgruppe der β-Blocker (Betablocker), spezifischer zu den selektiven β1-Rezeptor-Antagonisten.

Einige häufig auftretende Nebenwirkungen sind Müdigkeit, Schwindelgefühl, Kopfschmerzen, verlangsamter Herzschlag (Bradykardie), Übelkeit und Erbrechen. Metoprolol sollte in der Stillzeit nicht und darf in der Schwangerschaft nur nach strenger Nutzen-Risiko-Abwägung angewendet werden1Metoprolol – https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Metoprolol_455 – Abgerufen am 14.10.2022.

Anwendung von Metoprolol

Metoprolol ist in Deutschland für Erwachsene für folgende Anwendungsgebiete zugelassen:

  • Hypertonie (Bluthochdruck)
  • Angina pectoris, ein typisches Symptom der koronaren Herzkrankheit mit anfallsartigen Schmerz in der Brust
  • Hyperkinetisches Herzsyndrom, eine Kombination aus schnellem Puls, hohem Blutdruck, verminderter Leistungsfähigkeit und Schwindel
  • Tachykarde Arrhythmien, eine Herzrhythmusstörung mit zu schneller Herzfrequenz
  • Langzeitbehandlung nach Herzinfarkt
  • Vorbeugung der Migräne
  • Stabile chronische gering bis mäßig ausgeprägte Herzinsuffizienz (Herzschwäche) bei eingeschränkter systolischer Ventrikelfunktion
  • Zusätzlich zur üblichen Standardtherapie mit ACE-Hemmern und Diuretika und gegebenenfalls Herzglykosiden.

Metoprolol ist in Deutschland auch für Kinder ab 6 Jahren und Jugendliche zur Behandlung der Hypertonie zugelassen2Fachinformation Beloc-Zok®, Stand Oktober 2020 – https://www.fachinfo.de/suche/fi/003404 – Abgerufen am 14.10.2022.

Dosierung und Einnahme von Metoprolol

Metoprolol ist im deutschsprachigen Raum unter anderem unter dem Handelsnamen Beloc-Zok®. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Generika im Handel und auch Kombinationspräparate sind erhältlich. Eine häufige Form der Verabreichung sind Retardtabletten, die den Wirkstoff über einen gewissen Zeitraum freisetzen.

Die Dosierung sollte vom behandelnden Arzt individuell festgelegt werden und richtet sich vor allem nach der Pulsfrequenz und dem bisherigen Behandlungserfolg. Außerdem richtet sich die Dosierung nach dem Anwendungsgebiet. In der Regel werden die Tabletten 1-2 mal täglich eingenommen3Fachinformation Beloc-Zok®, Stand Oktober 2020 – https://www.fachinfo.de/suche/fi/003404 – Abgerufen am 14.10.2022.

Wirkung von Metoprolol

Wirkmechanismus

Metoprolol gehört zur Wirkstoffklasse der β-Blocker (Betablocker) und ist ein selektiver β1-Rezeptor-Antagonist. Die blutdrucksenkende Wirkung von β-Blockern beruht auf mehreren Mechanismen. Zunächst stehen die Auswirkungen der β-Blocker auf das Herz im Vordergrund. Der β1-Rezeptor wird vor allem im Herzmuskel exprimiert und durch das Hormon Adrenalin aktiviert.

Durch die Blockade von β1-Rezeptoren im Herzen wird die Herzfrequenz, die Geschwindigkeit der elektrischen Leistungsübertragung, die Kontraktilität des Herzmuskels und die Erregbarkeit des Herzens gesenkt. Längerfristig trägt auch die Hemmung der Sympathikusaktivität zur blutdrucksenkenden Wirkung der Betablocker bei. Der Sympathikus und sein Gegenspieler, der Parasympathikus, gehören zum vegetativen Nervensystem. Im Allgemeinen fördert der Sympathikus Funktionen, die den Körper in erhöhte Leistungsbereitschaft versetzen. Betablocker hemmen darüber hinaus die Sekretion des hormonähnlichen Enzyms Renin. Renin ist Teil des

Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems, das bei Aktivierung zu einer Steigerung des Blutdrucks führt. Dementsprechend hat die Hemmung dieses Systems einen blutdrucksenkenden Effekt.

Die meisten β-Blocker weisen eine ähnliche Struktur auf. Durch chemische Modifikationen entstanden β-Blocker, die sich in mehreren Eigenschaften unterscheiden. Ein wichtiger Parameter der Betablocker ist die Selektivität für den β1-Rezeptor, da viele der unerwünschten Wirkungen von Betablockern auf eine Blockade von β2-Rezeptoren zurückgeführt werden und eine hohe Selektivität für den β1-Subtyp diese Nebenwirkungen reduzieren sollte. Die β1-selektiven Betablocker, zu denen Metoprolol gehört, zeigen zwar eine gewisse Präferenz für den β1-Rezeptor, jedoch muss auch bei diesen Wirkstoffen mit β2-blockierenden Effekten gerechnet werden, da die Selektivität nur begrenzt ist (10- bis 80-fach).

Metoprolol - Anwendung, Wirkung und Nebenwirkung

Ein weiteres Kriterium ist die Lipophilie der Wirkstoffe. Substanzen werden als lipophil bezeichnet, wenn sie sich gut in Fetten lösen. Positive Effekte bezüglich der Verbesserung der Prognose bei Herzinsuffizienz haben bislang in erster Linie die lipophilen β-Blocker gezeigt, zu denen Metoprolol zählt. Manche Betablocker haben weitere gefäßerweiternde Eigenschaften, die zu einer Senkung des Blutdrucks beitragen können. Dazu zählen eine Blockade von α1-Rezeptoren, eine Stimulation von β2-Rezeptoren oder die Freisetzung von Stickstoffmonoxid (NO). Metoprolol hat jedoch keine dieser Eigenschaften. Generell sollten lipophile β-Blocker mit einer relativen β1-Selektivität bevorzugt werden. Dennoch wurde kürzlich die Bedeutung der β-Blocker als Blutdrucksenker (Antihypertensiva) der 1. Wahl infrage gestellt. So empfehlen die Leitlinien der britischen und amerikanischen Hochdruckgesellschaften β-Blocker nicht mehr routinemäßig als Medikament der 1. Wahl bei Bluthochdruck. Begründet wird dies damit, dass Betablocker in klinischen Vergleichsstudien im Vergleich zu neueren Blutdrucksenkern schlechter abschnitten. Jedoch wurde in diesen Studien überwiegend der nicht lipophile β-Blocker Atenolol verwendet. Daher bleibt die Frage offen, ob diese Ergebnisse auch auf lipophile β-Blocker übertragbar sind. Betablocker sind bei Menschen mit Bluthochdruck und begleitenden Herzerkrankungen wie chronischer Herzinsuffizienz, Zustand nach Myokardinfarkt (Herzinfarkt) oder koronarer Herzkrankheit nach wie vor wichtige Therapieoptionen4Kurzlehrbuch Pharmakologie und Toxikologie – https://www.doi.org/10.1055/b-006-163246.

Aufnahme und Verteilung im Körper

Metoprolol unterliegt als lipophiler β-Blocker einem ausgeprägten First-Pass-Effekt in der Leber. Das bedeutet, dass der Wirkstoff nach Aufnahme im Magen-Darm-Trakt eine Umwandlung während der ersten Passage durch die Leber erfährt.

Bei solchen Therapeutika ist daher die Bioverfügbarkeit trotz nahezu vollständiger Aufnahme aus dem Darm deutlich reduziert. In diesem Zusammenhang sind Polymorphismen in Genen zu beobachten, die der Metabolisierung von Fremdstoffen dienen. Bei einem Gendefekt im CYP2D6-Gen, bei sogenannten “poor metabolizern” (langsamen Metabolisierern), kann es zu einer relativen Überdosierung der β-Blocker aufgrund des verminderten Abbaus in der Leber kommen.

Die meisten β-Blocker besitzen eine lange Halbwertszeit im Blut, sodass eine 1-2 mal tägliche Gabe ausreicht. Für die Behandlung des Bluthochdrucks wird Metoprolol ausschließlich in retardierter Formulierung als Tartrat oder Succinat eingesetzt, um eine Wirksamkeit über 24-Stunden zu ermöglichen. Für die Behandlung der Herzinsuffizienz ist die Art der Zubereitung von Metoprolol bedeutsam, da nur für Metoprololsuccinat in einer Zero-order-Kinetik (ZOK), nicht aber für Metoprololtartrat eine Senkung der Sterblichkeitsrate nachgewiesen wurde. Eine Freisetzung nach Zero-order-Kinetik (Kinetik 0. Ordnung) bedeutet, dass der Wirkstoff vom Beginn bis zum Ende des Einnahmeintervalls nahezu konstant freigesetzt wird und somit eine gleichbleibende Plasmakonzentration des Wirkstoffs ermöglicht. Für die Behandlung der Hypertonie ist der Vorteil der ZOK-Formulierung von Metoprolol nicht nachgewiesen5Kurzlehrbuch Pharmakologie und Toxikologie – https://www.doi.org/10.1055/b-006-163246.

Nebenwirkungen von Metoprolol

Bei den Häufigkeitsangaben zu Nebenwirkungen werden folgende Kategorien unterschieden: Sehr häufig (≥ 10%), häufig (≥ 1% bis < 10%), gelegentlich (≥ 0,1% bis < 1%), selten (≥ 0,01% bis < 0,1%), sehr selten (< 0,01%) und “nicht bekannt”, wenn die Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar ist. Zu den häufigen und sehr häufigen Nebenwirkungen von Metoprolol in Darreichungsform der Retardtabletten Beloc-ZOK® zählen:

  • Erkrankungen des Nervensystems: Müdigkeit (sehr häufig), Kopfschmerzen, Schwindel (häufig)
  • Herzerkrankungen: Häufig: Bradykardie (verlangsamter Herzschlag), Kältegefühl in den Gliedmaßen, Palpitationen (das Gefühl, dass das Herz zu schnell und zu stark bzw. unregelmäßig schlägt)
  • Gefäßerkrankungen: Häufig: Verstärkter Blutdruckabfall auch beim Übergang vom Liegen zum Stehen (orthostatische Hypotonie), sehr selten mit Bewusstlosigkeit (Synkopen)
  • Erkrankungen der Atemwege und des Brustraums: Häufig: Atemnot insbesondere nach Anstrengung, infolge einer möglichen Erhöhung des Atemwegswiderstandes bei entsprechend veranlagten Patienten, z. B. bei Asthma bronchiale6Fachinformation Beloc-Zok®, Stand Oktober 2020 – https://www.fachinfo.de/suche/fi/003404 – Abgerufen am 14.10.2022.

Die unerwünschten Wirkungen von Betablockern gehen meist auf eine Blockade von β2-Rezeptoren zurück, die auch bei β1-selektiven β-Blockern aufgrund der unzureichenden Selektivität, insbesondere bei höherer Dosierung, nicht ausgeschlossen werden kann.

Durch Blockade der β2-Rezeptor-vermittelten Gefäßerweiterung können in seltenen Fällen auch Potenzstörungen auftreten. Eine länger anhaltende Therapie mit β-Blockern sollte nicht abrupt beendet werden, da die Gefahr eines Absetz-Effektes mit Blutdruckanstieg, schneller Herzfrequenz und Angina pectoris besteht. Als Ursachen gelten eine Zunahme der β-Rezeptoren und eine erhöhte Empfindlichkeit für Adrenalin unter β-Blocker-Therapie7Kurzlehrbuch Pharmakologie und Toxikologie – https://www.doi.org/10.1055/b-006-163246.

Wechselwirkungen und Kontraindikationen von Metoprolol

Die folgenden Aufzählungen sind nicht vollständig. Bei Einnahme von Metoprolol sollte stets die Packungsbeilage beachtet und ärztlicher Rat eingeholt werden. Die Wirkung von Betablockern wie Metoprolol kann durch andere Verbindungen entweder gesteigert oder abgeschwächt werden.

Eine Wirkverstärkung kann vor allem durch Substanzen verursacht werden, die ein Enzym hemmen, das für den Abbau von Fremdstoffen in der Leber verantwortlich ist. Das gilt insbesondere für Hemmstoffe des Cytochrom-P450-Isoenzyms 2D6 wie Fluoxetin, Paroxetin, Bupropion (Antidepressiva), Antimalariamittel wie Hydroxychloroquin oder Chinin oder Antihistaminika wie Diphenhydramin. Gleichermaßen können Induktoren, die zu vermehrter Aktivität des Cytochrom-P450-Isoenzyms 2D6 führen, beispielsweise das Antibiotikum Rifampicin, zu einer Abschwächung der Metoprolol-Wirkung führen. Zu den Gegenanzeigen von Metoprolol zählen:

  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder andere Betablocker
  • Dekompensierte oder manifeste Herzinsuffizienz
  • Kardiogener Schock
  • AV-Block 2. oder 3. Grades
  • Sinusknotensyndrom
  • Bradykardie
  • Hypotonie
  • Azidose
  • Asthma bronchiale
  • Periphere Durchblutungsstörungen
  • Unbehandeltes Phäochromozytom
  • Gleichzeitige Gabe von MAO-Hemmern, die zur Behandlung von Depressionen, Panikstörungen, sozialer Phobie, Parkinson und Alzheimer eingesetzt werden.

Metoprolol darf in der Schwangerschaft nur nach strenger Nutzen-Risiko-Abwägung angewendet werden. Die Therapie mit Metoprolol sollte 48 bis 72 Stunden vor dem errechneten Geburtstermin beendet werden. Im Allgemeinen reduzieren Betablocker die Plazentadurchblutung, was zu Wachstumsverzögerung, intrauterinem Tod, Fehlgeburt und frühzeitigen Wehen führen kann.

Metoprolol sollte nicht in der Stillzeit angewendet werden, es sei denn, die Einnahme wird als notwendig erachtet. Metoprolol geht in die Muttermilch über und erreicht etwa das Dreifache der bei der Mutter gemessenen Serumkonzentration. Gestillte Säuglinge sollten auf Anzeichen einer Betablockade überwacht werden.

Bei der Anwendung von Metoprolol, besonders nach Start der Therapie, kann es zu Schwindel, Müdigkeit oder Sehverschlechterung kommen, wodurch die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr, zum Bedienen von Maschinen oder zum Arbeiten ohne sicheren Halt beeinträchtigt sein kann8Metoprolol – https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Metoprolol_455 – Abgerufen am 14.10.2022.

Quellen & Verweise[+]

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