Dr Sören Reinhard

Dr. Sören Reinhard

Dr. Sören Reinhard ist Diplom-Lebensmittel­chemiker mit Berufserfahrung in Industrie und Wissenschaft. Seiner Promotion im Fach Pharmazeutische Biologie in München schloss sich ein Forschungsaufenthalt in den USA im Bereich Bioingenieurwesen an. Seit 2019 arbeitet er als freiberuflicher Autor und behandelt Themen der Gesundheit, Ernährung und Medizin.

Diclofenac gehört zu den Schmerzmitteln (Analgetika) aus der Wirkstoffgruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika/Antiphlogistika (NSAR). Diclofenac wird gegen Schmerzen und Entzündungen, vor allem im Bereich der Muskeln und Gelenke, eingesetzt.

Typische Anwendungsgebiete sind Schmerzen im Rahmen einer Arthrose oder rheumatoider Arthritis, Zerrungen und Prellungen. Weitere Anwendungsgebiete sind Kopfschmerzen, Migräne, Regelschmerzen und Fieber. Diclofenac wird in verschiedenen Darreichungsformen als Salben, Tabletten, Pflaster und Zäpfchen angeboten und ist als Mono- und Kombinationspräparat erhältlich.

Die am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen von Diclofenac betreffen den Verdauungstrakt, wo Geschwüre, Perforationen oder Blutungen auftreten können. Unter anderem im letzten Drittel der Schwangerschaft, bei schweren Nieren- und Leberfunktionsstörungen, Koronarer Herzkrankheit (KHK) und bereits leichter Herzinsuffizienz ist Diclofenac kontraindiziert1Diclofenac – https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Diclofenac_277 – Abgerufen am 30.10.2022.

Anwendung von Diclofenac

Anwendungsgebiete von Diclofenac

Diclofenac ist in Deutschland für zahlreiche Anwendungsgebiete zugelassen. Die spezifischen Anwendungsgebiete sind von der Darreichungsform abhängig und der Packungsbeilage zu entnehmen oder von einem Arzt oder Apotheker zu erfragen. Im Allgemeinen wird Diclofenac für folgende Anwendungsgebiete eingesetzt:

  • Zur symptomatischen Behandlung von leichten bis mäßig starken Schmerzen und Fieber (beispielsweise in Form von Diclofenac-Filmtabletten mit 12,5 mg Wirkstoff pro Tablette)

Retardtabletten mit 100 mg Diclofenac sind zugelassen bei Erwachsenen über 18 Jahren zur symptomatischen Behandlung von Schmerzen und Entzündung bei:

  • Akute Arthritis (einschließlich Gichtanfall)
  • Chronische Arthritis, insbesondere bei rheumatoider Arthritis (chronische Polyarthritis)
  • Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew) und anderen entzündlich-rheumatischen Wirbelsäulenerkrankungen
  • Reizzuständen bei Arthrosen und Spondylarthrosen
  • Entzündlichen weichteilrheumatischen Erkrankungen
  • Schmerzhaften Schwellungen oder Entzündungen nach Verletzungen oder Operationen
  • Schmerzhafter Regelblutung (Dysmenorrhö ohne Organbefund)
  • Schmerzen bei akuter und subakuter Entzündung der Anhangsgebilde der Urogenitalregion oder der Hautanhangsgebilde (Adnexitis). Als Grundbehandlung ist im Allgemeinen eine antibiotische Therapie angezeigt.
  • Tumorschmerzen, insbesondere bei Skelettbefall oder entzündlichem Ödem im Tumorbereich.

Überzogene Filmtabletten mit 50 mg Diclofenac-Kalium (Voltaren® K Migräne)

werden angewendet bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 15 Jahren zur akuten Behandlung der Kopfschmerz-Phase bei Migräneanfällen mit und ohne Aura.

Salben und Gele mit Diclofenac werden angewendet bei Erwachsenen zur symptomatischen Behandlung von Schmerzen.

Diclofenac - Anwendung, Wirkung und Nebenwirkung
  • bei akuten Zerrungen, Verstauchungen oder Prellungen infolge stumpfer Traumen, z. B. Sport- und Unfallverletzungen;
  • der gelenknahen Weichteile (z. B. Schleimbeutel, Sehnen, Sehnenscheiden, Bänder, Muskelansätze und Gelenkkapseln) bei Arthrose der Knie- und Fingergelenke;
  • bei Epicondylitis, einem schmerzhaften Reizzustand des Ellenbogens;
  • bei akuten Muskelschmerzen, z.B. im Rückenbereich.

Bei Jugendlichen über 14 Jahren werden Salben und Gele zur Kurzzeitbehandlung von Schmerzen bei akuten Prellungen, Zerrungen oder Verstauchungen infolge eines stumpfen Traumas angewendet. Zäpfchen mit 25 mg Diclofenac werden bei Kindern und Jugendlichen zur symptomatischen Kurzzeitbehandlung von Schmerzen im Zusammenhang mit entzündlichen Infektionen des Ohrs, der Nase oder des Halses (Pharyngotonsillitis oder Otitis) eingesetzt.

Die zugrundeliegende Erkrankung sollte gemäß allgemeinen therapeutischen Prinzipien, soweit erforderlich, mittels anti-infektiver Basistherapie behandelt werden. Fieber ohne Entzündung stellt keine Indikation für Diclofenac dar2Fachinformationen Voltaren® Zäpfchen, Voltaren® K Migräne, Voltaren® Dolo 12,5 mg, Voltaren® 100 mg Retardtabletten, Voltaren® Schmerzgel – https://www.fachinfo.de/suche/fi/022339 – Abgerufen am 30.10.2022.

Dosierung und Einnahme von Diclofenac

Diclofenac ist im deutschsprachigen Raum unter anderem unter dem Handelsnamen Voltaren® bekannt und in zahlreichen Darreichungsformen als Monopräparate und Kombinationspräparate erhältlich. Es existieren zahlreiche Generika. Teilweise sind die Präparate verschreibungspflichtig.

Die Dosierungen und Arten der Anwendung oder Einnahme sind entsprechend der Darreichungsform und des Anwendungsgebietes sehr verschieden und den jeweiligen Packungsbeilagen zu entnehmen oder beim behandelnden Arzt oder Apotheker zu erfragen. Arzneimittel mit Diclofenac sind in Form von Filmtabletten, Salben, Gels, Pflastern und Zäpfchen erhältlich.

Nebenwirkungen können minimiert werden, indem die niedrigste wirksame Dosis über den kürzesten zur Symptomkontrolle erforderlichen Zeitraum angewendet wird.

Filmtabletten sollten unzerkaut mit ausreichend Flüssigkeit vor dem Essen eingenommen werden. Bei empfindlichem Magen empfiehlt es sich, Filmtabletten mit hohem Wirkstoffgehalt, beispielsweise 100 mg Retardtabletten, während der Mahlzeiten einzunehmen3Fachinformationen Voltaren® Zäpfchen, Voltaren® K Migräne, Voltaren® Dolo 12,5 mg, Voltaren® 100 mg Retardtabletten, Voltaren® Schmerzgel – https://www.fachinfo.de/suche/fi/022339 – Abgerufen am 30.10.2022.

Wirkung von Diclofenac

Wirkmechanismus von Diclofenac

Diclofenac gehört zur Wirkstoffklasse der nichtsteroidalen Antirheumatika/Antiphlogistika (NSAR). Seine Wirkung beruht auf einer unselektiven Hemmung der sogenannten Cyclooxygenasen (COX). Wie Ibuprofen ist Diclofenac ein anti-inflammatorischer (anti-entzündlicher) COX-Hemmer. Diclofenac ist ein saurer Wirkstoff, der gut in Entzündungsgebiete vordringen kann.

Hemmstoffe der Cyclooxygenasen sind weltweit die am häufigsten eingenommenen Arzneimittel. Sie verhindern durch Hemmung der COX-2 die Bildung von Prostaglandinen, einer Gruppe von Hormonen, die bei Schmerzübertragung, Entzündungsreaktionen und Fieber eine Rolle spielen. Die Hemmung der COX-1 ist nur für die Blockade der Thrombozytenaggregation therapeutisch relevant.

Cyclooxygenasen werden physiologisch bei Entzündungsreaktionen nach Gewebeverletzungen aktiviert. COX-1 und COX-2 katalysieren sowohl die physiologischen als auch die pathologischen Funktionen der Prostaglandine. Neben Diclofenac gehören auch Acetylsalicylsäure, Metamizol, Etoricoxib, Ibuprofen und Paracetamol zu den COX-Hemmern. Für alle der genannten Medikamente ist die Hemmung der Cyclooxygenase 2 (COX-2) die wesentliche therapeutische Wirkung. Die Vielfalt der beiden Cyclooxygenasen COX-1 und COX-2 wird unter anderem durch den Zeitpunkt, die Dauer und den Zelltyp bzw. das Organ bestimmt, in dem die Enzyme wirken.

Sie unterscheiden sich weiterhin in der Lokalisation innerhalb der Zelle und der Zugänglichkeit für ihre Substrate. COX-1 wird in vielen Zellen dauerhaft exprimiert und hat überwiegend physiologische Funktionen im gesunden Gewebe. Dazu zählen der Schutz der Magenschleimhaut oder die Regulation der Nierenfunktion. COX-2 wird ebenfalls dauerhaft in Nieren, Gehirn oder an der Innenseite der Blutgefäße exprimiert. Im Unterschied zur COX-1 kann COX-2 aber schnell auf bestimmte Reize hin vermehrt aktiviert werden.

Dies ist beispielsweise unter pathologischen Bedingungen nach Gewebeverletzungen und bei Entzündungen der Fall. Daher zielt die Therapie mit COX-Hemmern auf die Funktion der COX-2 bei pathologischen Vorgängen ab. Diclofenac gehört zu den stärksten COX-Hemmern auf dem Markt4Kurzlehrbuch Pharmakologie und Toxikologie – https://www.doi.org/10.1055/b-006-163246.

Aufnahme und Verteilung von Diclofenac im Körper

Die Bioverfügbarkeit von Diclofenac ist variabel und die Wirkstoffspiegel im Blutplasma fallen schnell ab. Die Halbwertszeit von Diclofenac beträgt 2–3 Stunden, die Einnahme erfolgt daher dosisabhängig meist 1–3-mal pro Tag. Durch Kopplung an Colestyramin (beispielsweise im Präparat Voltaren Resinat®) werden die Aufnahme des Wirkstoffs und die Wirkstoffspiegel im Blut stabilisiert.

Hier erfolgt die Einnahme typischerweise zweimal pro Tag. Inzwischen sind auch Retard-Formulierungen für die einmal tägliche Gabe erhältlich. Durch seine Acidität reichert sich Diclofenac im sauren Gewebe, wie es beispielsweise bei entzündeten Gelenken der Fall ist, an. Daher ist seine Wirkdauer dort länger als es seine Halbwertszeit im Blut erwarten lässt5Kurzlehrbuch Pharmakologie und Toxikologie – https://www.doi.org/10.1055/b-006-163246.

Nebenwirkungen

Die am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen unter Therapie betreffen den Verdauungstrakt. Hier kann es zu Defekten und Geschwüren der Schleimhäute des Verdauungstraktes, Perforationen und Blutungen kommen, die teilweise tödlich verlaufen können und insbesondere bei älteren Patienten auftreten.

Weitere Nebenwirkungen sind:

  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Durchfälle (Diarrhö)
  • Blähungen
  • Verstopfung
  • Verdauungsbeschwerden
  • Bauchschmerzen
  • Teerstuhl
  • Erbrechen von Blut oder Blutbestandteilen (Hämatemesis)
  • Entzündung der Mundschleimhaut
  • Verschlimmerung einer Colitis ulcerosa und Morbus Crohn

Seltener wird das Auftreten einer Entzündung der Magenschleimhaut (Gastritis) beobachtet. Das Risiko für das Auftreten von Magen-Darm-Blutungen ist abhängig vom Dosisbereich und der Anwendungsdauer. Im Zuge der Einnahme wurde bereits über das Auftreten von Ödemen, Bluthochdruck und Herzinsuffizienz berichtet. Klinische Studien und epidemiologische Daten weisen übereinstimmend, insbesondere bei einer hohen Dosis (150 mg täglich) und bei Langzeitanwendung, auf ein erhöhtes Risiko für arterielle thrombotische Ereignisse wie Herzinfarkt oder Schlaganfall hin6Diclofenac – https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Diclofenac_277 – Abgerufen am 30.10.2022.

Eine Erhöhung der Transaminasen im Blut (Aspartat-Aminotransferase, AST und Alanin-Aminotransferase, ALT) kann zum Therapieabbruch führen. Diclofenac ist bei der Koronaren Herzkrankheit (KHK) und bereits bei leichter Herzinsuffizienz kontraindiziert. Viele große Studien zeigen jedoch keine stärkere Kardiotoxizität verglichen mit anderen COX-Hemmern7Kurzlehrbuch Pharmakologie und Toxikologie – https://www.doi.org/10.1055/b-006-163246.

Wechselwirkungen und Kontraindikationen von Diclofenac

Es gehört zu den Schmerzmitteln der Wirkstoffgruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika/Antiphlogistika (NSAR). Da die gleichzeitige Gabe mehrerer NSAR das Risiko von Geschwüren und Blutungen des Verdauungstraktes aufgrund eines sich gegenseitig verstärkenden Effekts erhöhen kann, wird die gleichzeitige Anwendung von Diclofenac mit anderen NSAR nicht empfohlen. NSAR können die Wirkung von entwässernden Medikamenten (Diuretika) und Bluthochdruckmitteln abschwächen.

Diclofenac kann die Wirkung von Blutverdünnern (Antikoagulantien) wie Warfarin verstärken, weshalb besondere Vorsicht empfohlen wird, da eine gleichzeitige Verabreichung das Blutungsrisiko erhöhen könnte. Diclofenac wird über das Leberenzym CYP2C9 verstoffwechselt. Daher ist bei gleichzeitiger Verabreichung von Diclofenac und potenten CYP2C9-Hemmern wie Voriconazol Vorsicht geboten, da der Abbau von Diclofenac gehemmt wird und es zu einer deutlichen Erhöhung der Wirkstoffgehalte im Blut kommen kann. Weiterhin sollte Diclofenac nicht angewendet werden bei:

  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff;
  • Bekannten Reaktionen von Bronchospasmus, Asthma, Rhinitis oder Urtikaria nach der Einnahme von anderen NSAR in der Vergangenheit;
  • Ungeklärten Blutbildungsstörungen;
  • Bestehenden oder in der Vergangenheit wiederholt aufgetretenen Geschwüren oder Blutungen des Magen-Darm-Traktes ;
  • Blutungen oder Perforation des Magen-Darm-Traktes im Zusammenhang mit einer vorherigen Therapie mit NSAR;
  • Aktiven Blutungen;
  • Schweren Leberfunktionsstörungen;
  • Schweren Nierenfunktionsstörungen;
  • Bereits geringgradiger Herzinsuffizienz, ischämischer Herzkrankheit, peripherer arterieller Verschlusskrankheit und/oder zerebrovaskulärer Erkrankung.

Im letzten Drittel der Schwangerschaft ist die Einnahme des Schmerzmittels ebenfalls kontraindiziert. Während des 1. und 2. Schwangerschaftstrimesters sollte es nur gegeben werden, wenn dies unbedingt notwendig ist8Diclofenac – https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Diclofenac_277 – Abgerufen am 30.10.2022.

Quellen & Verweise[+]

Gesundheitsreport.com nutzt Cookies

Auch unsere Website verwendet Cookies, um den bestmöglichen Service zu gewährleisten. Wenn Sie auf der Seite weitersurfen, stimmen Sie der Cookie-Nutzung zu. Mehr erfahren