Ramipril ist ein verschreibungspflichtiger Arzneistoff, der zur Therapie der arteriellen Hypertonie (Bluthochdruck), der Herzinsuffizienz (Herzschwäche) und zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingesetzt wird.
Ramipril zählt zur Klasse der ACE-Hemmstoffe (ACE: Angiotensin-Converting-Enzym). ACE-Hemmstoffe gelten im Allgemeinen als gut verträglich, jedoch können unter anderem anhaltender trockener Reizhusten und Reaktionen aufgrund des Blutdruckabfalls als Nebenwirkungen auftreten. Ramipril wird im ersten Schwangerschaftstrimester nicht empfohlen und die Anwendung verbietet sich im zweiten und dritten Schwangerschaftstrimester1Ramipril – https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Ramipril_10240 – Abgerufen am 12.10.2022.
Anwendung von Ramipril
Ramipril ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz zugelassen und wird für folgende Anwendungsgebiete eingesetzt:
- Behandlung der arteriellen Hypertonie (Bluthochdruck)
- Vorbeugen von kardiovaskulären Erkrankungen (Herz-Kreislauf-Erkrankungen). Ramipril senkt die Krankheitslast und Sterblichkeit bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen (vorausgegangene koronare Herzerkrankung, Schlaganfall oder periphere arterielle Verschlusskrankheit) oder bei Diabetes und zusätzlich mindestens einem kardiovaskulären Risikofaktor (beispielsweise Bluthochdruck, erhöhter Gesamtcholesterinspiegel, niedriger HDL-Cholesterinspiegel oder Rauchen)
- Behandlung von Nierenerkrankungen: Beginnende Nierenerkrankungen aufgrund von Diabetes, manifeste Nierenerkrankung aufgrund von Diabetes mit mindestens einem kardiovaskulären Risikofaktor oder manifeste, nicht diabetische Nierenerkrankungen mit einer Ausscheidung von mehr als 3 Gramm Protein pro Tag.
- Behandlung der symptomatischen Herzinsuffizienz
- Nachsorge zur Vorbeugung weiterer Erkrankungen oder Schädigungen nach akutem Myokardinfarkt (Herzinfarkt). Ramipril vermindert die Sterblichkeit ab der Akutphase eines Myokardinfarkts bei Patienten mit klinischen Anzeichen einer Herzinsuffizienz, wobei die Therapie mehr als 48 Stunden nach dem akuten Myokardinfarkt begonnen wird2Fachinformation Delix®, Stand April 2021 – https://www.fachinfo.de/suche/stoff/200559/Ramipril – Abgerufen am 12.10.2022.
Dosierung und Einnahme von Ramipril
Bei Ramipril handelt es sich um ein verschreibungspflichtiges Medikament, dessen Dosierung nach ärztlicher Rücksprache erfolgen sollte. Da Ramipril in der Regel dauerhaft eingenommen wird, ist es generell sinnvoll, die Therapie zunächst mit kleinen Dosen zu beginnen und diese dann über mehrere Wochen bis zur gewünschten Erhaltungsdosis zu steigern. Dies ist für Patienten relativ einfach zu handhaben, da Tabletten in verschiedenen Konzentrationen erhältlich sind und Bruchkerben für eine leichte Halbierung der Dosis aufweisen. Ramipril kann unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen werden, da Nahrung die Aufnahme des Wirkstoffs nicht beeinträchtigt. Die Tabletten sollten jedoch immer zur selben Tageszeit eingenommen werden, damit im Körper auf Dauer ein konstanter Wirkstoffspiegel erreicht wird. Nach etwa vier Tagen der Einnahme stellt sich in der Regel ein stabiler Wirkstoffspiegel ein. Je nach Anwendungsgebiet sind unterschiedliche Dosierungen empfehlenswert. Der Arzt legt die erforderliche Dosis je nach Patientenprofil und den aktuellen Diagnoseparametern individuell fest3Ramipril – https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Ramipril_10240 – Abgerufen am 12.10.2022.
Wirkung von Ramipril
Ramipril gehört zur Wirkstoffklasse der ACE-Hemmstoffe (ACE: Angiotensin-Converting-Enzym). Wie bei allen Wirkstoffen aus dieser Gruppe basiert die Wirkung von Ramipril auf einer Hemmung des ACE an der Innenfläche der Blutgefäße der Lunge und anderer Organe.
ACE ist eine unspezifische Protease, also ein Enzym, das Eiweiße (Proteine) oder Peptide (Eiweißbausteine) spalten kann. ACE kann eine Vielzahl von Peptiden umsetzen. Neben dem Angiotensin I, das zu Angiotensin II abgebaut wird, spaltet ACE eine Reihe weiterer Peptide wie Bradykinin und Substanz P. Diese Wirkungen können zur therapeutischen Wirkung der ACE-Hemmer beitragen, aber auch für unerwünschte Arzneimittelwirkungen sorgen. ACE-Hemmer wirken auf das sogenannte Renin-Angiotensin-Aldosteron-System. Physiologisch wird in einer enzymatischen Kaskade aus Angiotensinogen das inaktive Angiotensin I und nachfolgend das aktive Angiotensin II gebildet.
Reninhemmer, die ebenfalls zur Blutdrucksenkung eingesetzt werden, blockieren die Bildung von Angiotensin I aus Angiotensinogen. ACE-Hemmer wie Ramipril dagegen blockieren die Bildung von Angiotensin II. Damit steht weniger Angiotensin II für die Stimulation der Angiotensin-Rezeptoren zur Verfügung.
Zu den bekannten Effekten von Angiotensin II gehören Vasokonstriktion (Verengung von Blutgefäßen), Herz- und Gefäßhypertrophie (verstärktes Gewebewachstum) und die Freisetzung von Aldosteron aus der Nebennierenrinde. Aldosteron selbst wirkt vor allem auf die Nieren und hemmt dort die Ausscheidung von Natrium, steigert die Ausscheidung von Kalium und steigert dadurch letztendlich das Blutvolumen und den Blutdruck.
Somit unterdrückt die Hemmung von ACE auch die Ausschüttung von Aldosteron und vermindert dessen blutdrucksteigernde Wirkung. Weiterhin führt eine ACE-Hemmung zu einem verminderten Abbau von weiteren Substraten wie Bradykinin. Bradykinin ist ein Gewebshormon, das durch Bindung an Bradykinin-Rezeptoren zu einer Erweiterung von Blutgefäßen und damit zu einer Senkung des Blutdrucks führt. Zusammengefasst ergeben sich durch die ACE-Hemmung folgende Wirkungen:
- Aufhebung der Angiotensin-II-vermittelten Vasokonstriktion (Verengung von Blutgefäßen)
- Hemmung des Gewebewachstums am Herzen
- Hemmung der Angiotensin-II-vermittelten Freisetzung von Katecholaminen (Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin), die als Neurotransmitter im zentralen und peripheren Nervensystem unter anderem bei Aktivierung des Sympathikus (Kampf-oder-Flucht-Reaktion) des Körpers mitwirken.
- Verminderter Abbau von Bradykinin führt zur vermehrten Bildung von Substanzen wie Prostazyklin und Stickstoffmonoxid (NO), die zur Erweiterung von Blutgefäßen führen.
- Abnahme der Aldosteron- und ADH-Produktion (ADH: Antidiuretisches Hormon). Die Folge ist eine leicht gesteigerte Urinausscheidung, die mit einer Abnahme des Blutvolumens und des Blutdrucks einhergeht.
- Erhöhung der Reninaktivität durch Aufhebung der Angiotensin-II-vermittelten Hemmung der Reninfreisetzung.
Die durch ACE-Hemmer hervorgerufene lokale Erhöhung der Bradykinin-Konzentration ist wesentlich für die herzschützende Wirkung. Die durch Bradykinin gesteigerte Bildung von NO und Prostazyklin bewirkt nicht nur eine Blutgefäßerweiterung und damit eine Blutdrucksenkung, sondern trägt über die Hemmung der Thrombozytenaggregation (Zusammenlagerung von Blutplättchen bei der Blutgerinnung) und des Zellwachstums wesentlich zur herz- und gefäßschützenden Wirkung der ACE-Hemmer bei.
Ramipril ist eine sogenannte Prodrug, die zur Verbesserung der oralen Bioverfügbarkeit chemisch modifiziert ist und zur Entfaltung der Wirkung nach der Aufnahme aus dem Darm durch Enzyme im Blut und der Leber schnell aktiviert wird.
Ramipril gehört zu den ACE-Hemmern mit einer langen Halbwertszeit und einer starken Bindung an ACE und muss daher nur 1-mal täglich gegeben werden. Die Elimination aus dem Körper erfolgt über die Niere (mit dem Urin) und/oder über die Leber4Kurzlehrbuch Pharmakologie und Toxikologie – https://www.doi.org/10.1055/b-006-163246.
Nebenwirkungen von Ramipril
Bei bestimmungsgemäßer Anwendung und bei niedriger Dosierung gelten ACE-Hemmer wie Ramipril in der Regel als gut verträglich. Die meisten Nebenwirkungen gehen vermutlich auf den verlangsamten Abbau und die Anreicherung von Bradykinin zurück. So kann ein für ACE-Hemmer typischer trockener Reizhusten verursacht werden5Ramipril – https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Ramipril_10240 – Abgerufen am 12.10.2022.
Weitere häufige Nebenwirkungen (Häufigkeit 1-10%) sind:
- Stoffwechsel-und Ernährungsstörungen: Anstieg des Kaliumspiegels im Blutserum
- Erkrankungen des Nervensystems: Kopfschmerzen, Schwindel
- Gefäßerkrankungen: Niedriger Blutdruck (Hypotonie), Blutdruckabfall in aufrechter Körperlage und Ohnmachtsanfälle (Synkopen)
- Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts: Entzündungen, Verdauungsstörungen, Bauchschmerzen, Dyspepsie (Oberbauchbeschwerden), Durchfall, Übelkeit, Erbrechen
- Erkrankungen der Atemwege und des Brustraums: Bronchitis, Sinusitis, Atemnot (Dyspnoe)
- Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes: Hautausschlag (Exanthem), insbesondere makulopapulöses Exanthem
- Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen: Muskelkrämpfe, Muskelschmerzen (Myalgie)
- Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort: Brustschmerzen, Müdigkeit
Eine seltene, aber schwerwiegende Nebenwirkung ist das Angioödem, das mit Schwellungen der Atemwege oder der Zunge, mit oder ohne Beeinträchtigung der Atemwege, einhergehen kann. Bei Auftreten eines Angioödems ist sofort eine Notfallbehandlung einzuleiten und die Behandlung mit Ramipril abzubrechen6Fachinformation Delix®, Stand April 2021 – https://www.fachinfo.de/suche/stoff/200559/Ramipril – Abgerufen am 12.10.2022.
Wechselwirkungen von Ramipril
Folgende Wechselwirkungen von Ramipril mit anderen Medikamenten sind bekannt:
- Ramipril sollte nicht mit Angiotensin-I-Rezeptor-Antagonisten oder dem direkten Renin-Inhibitor Aliskiren kombiniert werden, da es zu Kaliummangel, Blutdruckabfall und einer Abnahme der Nierenfunktion kommen kann.
- Die blutdrucksenkende Wirkung von Ramipril kann durch nicht-steroidale Antirheumatika wie Ibuprofen, Diclofenac, Acetylsalicylsäure und Naproxen vermindert werden. Eine Blutdruckkontrolle sollte deshalb bei gleichzeitiger Einnahme regelmäßig stattfinden.
- Spironolacton, Amilorid und Triamteren können in Kombination mit Ramipril zu einer Erhöhung des Kaliumspiegels im Blut führen.
- Da Ramipril das Auftreten allergischer Reaktionen begünstigen kann, sollte während der Einnahme keine Hyposensibilisierung (Immuntherapie) durchgeführt werden.
- Ramipril kann die Ausscheidung von Lithium, ein als Antipsychotikum und Stimmungsstabilisierer eingesetztes Medikament, verzögern. Daher kann es bei gleichzeitiger Anwendung zu starken Nebenwirkungen durch erhöhte Plasmaspiegel kommen.
- Bei gleichzeitiger Anwendung von Ramipril mit oralen Antidiabetika oder Insulin sollten aufgrund einer verstärkten blutzuckersenkenden Wirkung regelmäßig Blutzucker-Kontrollen durchgeführt werden7Ramipril – https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Ramipril_10240 – Abgerufen am 12.10.2022.
Kontraindikationen von Ramipril
Unter anderem Schwangerschaft und ein bestehendes oder in der Vergangenheit aufgetretenes Angioödem stellen eine Kontraindikation für die Anwendung von Ramipril dar. Ramipril darf in diesen Fällen nicht eingenommen werden. Im ersten Schwangerschaftstrimester wird Ramipril nicht empfohlen.
Im zweiten und dritten Schwangerschaftstrimester verbietet sich die Einnahme, da bekannt ist, dass eine Therapie mit ACE-Hemmern sowohl toxische Effekte auf den Fötus (verminderte Nierenfunktion, Mangel an Fruchtwasservolumen, verzögerte Verknöcherung des Schädels) als auch neonatal-toxische Effekte (Nierenversagen, Hypotonie, Hyperkaliämie) hat. Sollte dennoch eine Einnahme von ACE-Hemmern ab dem zweiten Schwangerschaftstrimester erfolgt sein, werden Ultraschalluntersuchungen der Nierenfunktion und des Schädels empfohlen.
Neugeborene, deren Mütter ACE-Hemmer eingenommen haben, sollten häufig wiederholt auf Blutdruck, Nierenfunktion und Kaliumwerte untersucht werden. Zwar liegen für das erste Schwangerschaftstrimester keine endgültigen epidemiologischen Daten zur fruchtschädigenden Wirkung von ACE-Hemmern vor. Da ein geringfügig erhöhtes Risiko jedoch nicht ausgeschlossen werden kann, sollten Patientinnen, die planen, schwanger zu werden, alternative blutdrucksenkende Präparate einnehmen.
Wird eine Schwangerschaft festgestellt, ist eine Behandlung mit ACE-Hemmern unverzüglich zu beenden und, falls erforderlich, eine alternative Therapie zu beginnen. Auch in der Stillzeit wird die Anwendung von Ramipril und anderen ACE-Hemmern nicht empfohlen.
Zudem können Symptome eines niedrigen Blutdrucks wie Schwindel die Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit einschränken und insbesondere zu Beginn der Behandlung das Führen eines Fahrzeugs oder das Bedienen von Maschinen nicht ratsam machen8Ramipril – https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Ramipril_10240 – Abgerufen am 12.10.2022.
Quellen & Verweise