Autorin Cornelia Wilhelm

Cornelia Wilhelm

Conny Wilhelm hat einen Master im Bereich der Medizingeschichte. Sie interessiert sich für Themen rund um Gesundheit, Ernährung und Psyche.

Hypochonder: Das Krankheitsbild der Hypochondrie hat sich im Laufe der Zeit stark geändert. Verantwortlich hierfür ist nicht nur das gesteigerte Interesse der Menschen an ihrer Gesundheit, sondern auch die Tatsache, dass es so unglaublich viele Möglichkeiten gibt, sich über Krankheiten, Beschwerdebilder und Therapien im Internet zu informieren.

Mittlerweile gibt es sogar Statistiken, die sich eingehend mit dieser Thematik auseinandersetzen. Den Ergebnissen zufolge beschäftigen sich etwa 5% aller Online Nutzer in der Altersgruppe zwischen 18 und 69 Jahren eingehend mit Krankheits- und Gesundheitsthemen. Kein Wunder! Immerhin fällt es leicht, eine Suchmaschine aufzurufen, akute Beschwerden einzugeben und sich beziehungsweise den Computer zu fragen, welche Ursache dahinterstecken könnte1Statista – https://de.statista.com/infografik/3676/ehealth-nutzung-der-digitale-hypochonder/ – Abgerufen am 20.04.2023.

Was sich auf der einen Seite besonders praktisch anhört, kann auf der anderen Seite zu einer ernsthaften Gefahr werden. Viele Experten sprechen in diesem Zusammenhang von der sogenannten „Cyberchondrie“, die die Betroffenen zwingt, Beschwerden zu googeln.

Ein derartiges Verhalten kann nicht nur die eigene Psyche, sondern auch die Partnerschaft belasten. Dies gilt vor allem dann, wenn einer der beiden Partner hypochondrische Neigungen zeigt, der andere jedoch gesundheitlichen Themen beziehungsweise möglichen Krankheiten vergleichsweise entspannt gegenübersteht.

Wie kann Hypochondrie die Partnerschaft belasten?

Diese Frage lässt sich nicht standardisiert beantworten. Inwieweit eine vorherrschende Hypochondrie in einer Partnerschaft belastend sein kann, ist von unterschiedlichen Faktoren, unter anderem natürlich von der Ausgeprägtheit der Symptome, abhängig.

Eine leichte Hypochondrie könnte vom Partner beziehungsweise von der Partnerin noch als „Nachdenklichkeit“ bewertet werden. Spätestens jedoch dann, wenn der Betroffene seine Symptome am Handy googelt, während der andere dabei ist, einen gemütlichen TV Abend zu genießen, ist es an der Zeit, hellhörig zu werden.

Ob sich hieraus dann Diskussionspotential ergibt, ist natürlich unter anderem auch davon abhängig, wie „leidensfähig“ der nicht-hypochondrische Partner ist. Vor allem auf lange Sicht braucht es jedoch ein dickes Fell, um bei der ständigen Konfrontation mit den Ängsten des Partners möglichst ruhig und verständnisvoll zu bleiben. Denn: Auch die harmonischste Beziehung kann von einer ausgeprägten Hypochondrie auf die Probe gestellt werden.

5 Anzeichen dafür, dass Ihr Partner Hypochonder ist

Wer in seinem Leben noch nie mit Hypochondrie beziehungsweise mit Angsterkrankungen im Allgemeinen zu tun hatte, hat es möglicherweise schwer, die entsprechenden Anzeichen zu erkennen und als Symptome einer psychischen Krankheit zu werten. Folgende Gewohnheiten sprechen dafür, dass Ihr Partner/ Ihre Partnerin gegebenenfalls hypochondrische Neigungen vorweist. Selbstverständlich ersetzen diese Informationen keinen Besuch beim Arzt. Sie sollen lediglich als mögliche Hinweise dienen.

Ihr Partner/ Ihre Partnerin Google ihre Krankheitssymtome

Vorweg: Natürlich ist nicht jeder, der sich im Internet über Hausmittel, die bei Schnupfen oder Husten helfen können, informiert, gleichzeitig ein Hypochonder. Hier gibt es durchaus Unterschiede. Wer beispielsweise das Internet nutzt, um nach Suchbegriffen bzw. -kombinationen, wie zum Beispiel „Kopfschmerzen Hirntumor“ oder „Herzstolpern Herzinfarkt“ zu googeln, rechnet offensichtlich mit dem Schlimmsten. Experten sprechen in diesem Zusammenhang von „Doom Scrolling“, weil die Betroffenen alle realistischen Ursachen für ihre Symptome ausklammern und in eine regelrechte Panik verfallen, von einer schlimmen Krankheit betroffen zu sein.

Arztbesuche bei Spezialisten, um alle Krankheiten bestmöglich auszuschließen

Für Menschen, die nicht unter einer Hypochondrie leiden, ist die Reihenfolge bei Arztbesuchen relativ klar. Sie wenden sich mit ihren Beschwerden im ersten Schritt an ihren Hausarzt. Dieser verweist dann an einen Spezialisten, wenn er der Meinung ist, dass dieser besser weiterhelfen kann. Hypochonder überspringen diesen Schritt in der Regel und kümmern sich selbst um ihre Termine beim Facharzt. Unabhängig davon, ob genau das sinnvoll ist oder nicht

Ihr Partner fühlt sich immer missverstanden

… und genau das führt zum Streit. Hierbei handelt es sich um ein weiteres Charakteristikum, durch das sich eine Beziehung mit einem Hypochonder auszeichnen kann. Diejenigen, die der Meinung sind, unter einer schweren Krankheit zu leiden, fühlen sich von ihrem Umfeld, insbesondere von ihrem Partner, häufig missverstanden. Sätze wie „Du nimmst mich nicht ernst!“ gehören hier schon fast zur Tagesordnung. Hieraus kann sich eine gefährliche Streitspirale entwickeln, die letztendlich die Harmonie innerhalb der Beziehung gefährdet.

Ihr Partner sagt immer wieder Termine ab, weil er zum Arzt muss

Auch das Sozial- und Arbeitsleben kann stark unter einer bestehenden Hypochondrie leiden. Aufgrund der Tatsache, dass es den Erkrankten extrem wichtig ist, möglichst alle bestehenden Risiken abklären zu lassen, vernachlässigen sie häufig ihre Arbeit um ihren Freundeskreis und letztendlich auch ihre Partnerschaft.

Sie finden keinen Zugang mehr zueinander

Wenn der Partner Hypochonder ist…

Die Abläufe in einer gesunden Partnerschaft lassen sich mit Hinblick auf Unsicherheiten oft leicht zusammenfassen. Macht sich ein Partner Gedanken über ein bestimmtes Thema, schafft es der andere meist, ihn aufzuheitern beziehungsweise auf andere Gedanken zu bringen. Da es sich bei einer bestehenden Hypochondrie jedoch um ein ernsthaftes Krankheitsbild handelt, ist dies hier meistens nicht mehr möglich. Die gemeinsame Kommunikationsbasis geht in diesem Fall schleichend verloren.

Sollten Sie den Verdacht haben, dass Sie selbst oder Ihr Partner unter einer Hypochondrie leiden, ist der Hausarzt im ersten Schritt der richtige Ansprechpartner. Dieser kann – falls nötig – weitere Schritte, wie zum Beispiel einen ersten Termin bei einem Psychotherapeuten, in die Wege leiten und natürlich gleichzeitig auch checken, ob nicht doch körperliche Ursachen für die entsprechenden Beschwerden sorgen.

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Eine Hypochondrie kann den Alltag der Betroffenen und ihres Umfeldes stark beeinflussen. Je früher Hilfe in Anspruch genommen wird, desto besser sind in der Regel auch die Heilungschancen.

Wie sollte man sich bei einem hypochondrischen Partner verhalten?

Im ersten Schritt ist es natürlich wichtig, sich immer wieder in Erinnerung zu rufen, dass auch der Hypochonder unter seiner Neigung, sich immer wieder zu kontrollieren, leidet. Er verhält sich nicht so, weil er beispielsweise sein Umfeld tyrannisieren oder drangsalieren möchte. Dennoch steht außer Frage, dass ein Hypochonder auch die Nerven seines Partners strapazieren kann.

Daher ist es als Nicht-Betroffener besonders wichtig, auch auf die eigenen Reaktionen zu achten. Sätze wie „Was hast du denn jetzt schon wieder?“ oder „Du fährst doch ohnehin nur wieder umsonst zum Arzt!“ sind hier wenig förderlich. Auf der anderen Seite wäre es selbstverständlich falsch, einen Hypochonder immer wieder in seinen Ängsten zu bestätigen und zu ermutigen, jedes kleine Zipperlein abklären zu lassen.

Eine Vorgehensweise, die vergleichsweise sinnvoll, aber auch schwer sein kann: Sich eingestehen, dass es „nur“ möglich ist, für den anderen da zu sein, ihn in den Arm zu nehmen und gegebenenfalls zu trösten. Viele Angsterkrankungen, unter anderem auch die Hypochondrie, haben ihre Wurzeln in der Kindheit.

Je tiefer die Verletzungen damals waren, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die betreffenden Erkrankungen ausschließlich mit psychologischer Hilfe behandeln lassen. Zudem besteht selbstverständlich auch das Risiko, dass die Betroffenen nicht zu 100% geheilt werden, sondern dass sich ihr Zustand lediglich verbessert. Vor allem im Falle einer ausgeprägten Hypochondrie handelt es sich hierbei dennoch um eine enorme Erleichterung für alle Beteiligten. Die folgenden drei Tipps helfen vielen Menschen, die mit einem Hypochonder zusammen sind, weiter.

  1. Vergessen Sie sich selbst nicht. Sollten Sie wirklich bemerken, dass es sie extrem stresst, wenn Ihr Partner wieder einmal von seinen Ängsten berichtet und sich im Kreis dreht, nehmen Sie sich aus der Situation heraus, gehen Sie eine Runde spazieren und gönnen Sie sich eine Auszeit.
  2. Sprechen Sie Ihren Partner auf sein Problem an. Vielen Hypochondern ist es nicht bewusst, dass ihr Verhalten unnatürlich und ungesund ist. Möglicherweise schaffen sie es, als eine Person, die ihm besonders nahe steht, ihn mit Hinblick auf dieses Thema zu sensibilisieren.
  3. Achten Sie darauf, ob es sich bei der Hypochondrie Ihres Partners um dessen einzige Sucht handelt oder ob dieser noch weitere Süchte, zum Beispiel im Zusammenhang mit Nikotin und Alkohol, entwickelt. Mittlerweile gibt es zahlreiche Studien darüber, dass Menschen, die unter einer Angsterkrankung leiden, deutlich empfänglicher gegenüber anderen Süchten sind2https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/pdf/10.1055/s-2004-818808.pdf – Abgerufen am 20.04.2023.

Ist es überhaupt möglich, mit einem hypochondrischen Partner zusammen zu sein?

Auf diese Frage gibt es eine klare Antwort: Ja. Selbstverständlich ist es auch möglich, mit einem Hypochonder eine glückliche, harmonische Beziehung zu führen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Partnerschaft komplett ohne Herausforderungen auskommen würde.

Die gute Nachricht ist jedoch: Wer es als Paar gemeinsam geschafft hat, eine Angsterkrankung, wie zum Beispiel die Hypochondrie, zu bewältigen, geht hieraus oft deutlich gestärkt hervor. Oft handelt es sich dann um genau die Beziehungen, von denen beide Partner sagen, dass sie nichts erschüttern könnte.

Vielleicht wäre es jedoch übertrieben, zu behaupten, dass wirklich jeder Mensch charakterlich dazu in der Lage wäre, mit einem Hypochonder über einen langen Zeitraum hinweg zusammen zu sein. Im Idealfall zeichnen sich die Partner der Menschen, die unter einer Angsterkrankung leiden, durch einen gefestigten Charakter, viel Ruhe und ein hohes Maß an Stressresistenz aus. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Ängste untereinander sogar noch weiter hochgeschaukelt werden.

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Beziehungen mit Menschen mit Angsterkrankungen können zu einer kleinen Herausforderung werden. Aber: Welche Partnerschaft ist wirklich vollkommen problem- und reibungsfrei?

Fazit

Während das Thema „Krankheitsängste“ früher noch belächelt wurde, ist man sich innerhalb der Gesellschaft heutzutage weitestgehend einig, dass es sich hierbei um eine ernsthafte, psychologische Erkrankung handelt. Und auch, wenn es viele Hypochonder schaffen, ihre Ängste vor der allgemeinen Außenwelt zu verbergen, wird der Partner oft involviert.

Besonders wichtig ist es, sich auch in den besten Beziehungen nicht zu viel zuzutrauen. Das bedeutet: Liebe kann viel, aber eben nicht alles. Die Grundlage für eine bestehende Hypochondrie findet sich meist in der Vergangenheit, oft in der Kindheit, wieder. Daher braucht es in der Regel einen entsprechend spezialisierten Psychologen, um den Beschwerden auf den Grund zu gehen und der Seele Raum zur Heilung zu geben.

Quellen & Verweise[+]