Autorin Cornelia Wilhelm

Cornelia Wilhelm

Conny Wilhelm hat einen Master im Bereich der Medizingeschichte. Sie interessiert sich für Themen rund um Gesundheit, Ernährung und Psyche.

Co-Alkoholismus: Viele Menschen, die sich ein wenig genauer mit dem Thema auseinandersetzen, sind besorgt. Laut Bundesministerium für Gesundheit konsumieren circa 7,9 Millionen Menschen zwischen 18 und 64 Jahren in Deutschland Alkohol in einer “gesundheitlich riskanten” Form. Bei circa 9 Millionen Menschen ist der Alkoholkonsum sogar als “problematisch” anzusehen. Die Folgen werden leider nur allzu oft unterschätzt. So kann der Konsum von Alkohol, vor allem dann, wenn eine kritische Grenze überschritten wird, viele Erkrankungen, wie zum Beispiel Krebs oder Lebererkrankungen, begünstigen1Bundesministerium für Gesundheit, https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/a/alkohol.html, abgerufen am 01.05.2023.

Ein Detail, das viele in diesem Zusammenhang vergessen: Viele Alkoholiker und Alkoholikerinnen leben nicht allein, sondern in einer Beziehung und/ oder in einer Familie. Dementsprechend spüren auch die engen Angehörigen oft die Auswirkungen, die der Alkohol auf den Alltag der Betroffenen haben kann.

Ein Wort, das auch von vielen Experten immer wieder genutzt wird, um die entsprechenden Situationen zu beschreiben, ist “Co-Alkoholismus”. Aber was verbirgt sich eigentlich genau hierhinter? Wie gefährdet sind Co-Alkoholiker? Und gibt es vielleicht eine Möglichkeit, den Weg aus der Sucht zu finden?

Die folgenden Abschnitte helfen weiter.

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Sollten Sie sich aktuell in einer Beziehung befinden, in der Alkoholismus bzw. Co-Alkoholismus eine Rolle spielt, zögern Sie nicht, sich Hilfe zu holen! Dieser Artikel ersetzt natürlich keine psychotherapeutische Beratung.

Was ist Co-Alkoholismus?

Co-Alkoholismus wird oft auch als “Co-Abhängigkeit” bezeichnet. Hierunter versteht man den Effekt, dass nicht nur die süchtige Person selbst, sondern beispielsweise auch deren Partner in die Sucht “integriert” wird. Eine einheitliche Definition gibt es hier nicht. Denn: Co-Alkoholismus kann sich auf unterschiedlichen Ebenen zeigen und dementsprechend auch unterschiedliche Ausmaße annehmen.

Vereinfacht ausgedrückt versteht man hierunter ein Verhalten, dass dabei unterstützt, die Symptome, die durch eine Suchterkrankung hervorgerufen werden, zu minimieren. Typische Beispiele sind:

  • Die Frau eines Alkoholikers hilft ihm dabei, seine Bierflaschen zu verstecken, bevor Besuch kommt.
  • Der Mann einer Alkoholikerin kauft ihr immer wieder Alkohol, weil sie sich schämt, Wein oder ähnliches im Supermarkt einzukaufen.
  • Die Frau eines betrunkenen Mannes übernimmt immer wieder den “Fahrdienst”, weil sie ihm zutraut, dass er sich auch noch mit etlichen Promille im Blut hinters Lenkrad setzen würde.
  • Der Mann einer Frau, die immer wieder zuviel trinkt, leugnet die Erkrankung vor Freunden und beteuert immer wieder, seine Liebste würde “nie einen Tropfen Alkohol anrühren”.

Es braucht sicherlich keine tiefenpsychologischen Kenntnisse, um zu bemerken, dass es sich bei all diesen Szenarien um eine Art von Unterstützung handelt, die den Betroffenen auf keinen Fall dabei helfen wird, den Weg aus ihrer Sucht zu finden.

Zudem kann Co-Alkoholismus für die Partner der Suchtkranken zu einer extremen Belastung werden. Viele von ihnen fangen irgendwann auch selbst an, zu trinken oder entwickeln Krankheiten, weil ihr Körper mit all dem Stress und dem Druck, mit dem sie sich jeden Tag auseinandersetzen müssen, nicht mehr zurechtkommt.

Woran erkennt man, dass man eventuell co-abhängig ist?

Natürlich ist es, bis zu einem gewissen Grad, absolut normal und auch richtig, seinen Partner oder seine Partnerin verteidigen zu wollen. Spätestens dann, wenn jedoch klar ist, dass ein Mensch seinem Körper mit Alkohol schadet und erwartet, dass der Partner/ die Partnerin genau das deckt, ist es an der Zeit, hellhörig zu werden.

Die folgenden Anzeichen können auf eine Co-Alkoholismus hindeuten:

  1. Vielen Co-Abhängigen ist es besonders wichtig, es allen recht zu machen. Gibt es Streit, werden sie extrem nervös und geben “des lieben Friedens willen” nach.
  2. Betroffene haben oft ein geringes Selbstbewusstsein und stellen gleichzeitig hohe Ansprüche an sich.
  3. Sollten es die Co-Abhängigen dann doch einmal schaffen, sich durchzusetzen, kommen sie sich schnell egoistisch vor.
  4. Wird der Partner/ die Partnerin eines Co-Abhängigen angegriffen, gestaltet sich die Situation schon etwas anders. Hier fällt es den Co-Abhängigen absolut nicht schwer, ihren Standpunkt zu vertreten und ihren Partner/ ihre Partnerin zu verteidigen.
  5. Zahlreiche Co-Abhängige werden nicht müde, zu versuchen, auch andere davon zu überzeugen, dass “eigentlich alles gar nicht so schlimm” ist.

Wer sich selbst gegenüber den Verdacht hegt, in eine Co-Abhängigkeit gerutscht zu sein, sollte sich beraten lassen. Mittlerweile gibt es viele Psychotherapeuten, die sich auf dieses Themenfeld spezialisiert haben.

Co-Abhängige tun ihren Partnern keinen Gefallen!

… auch dann nicht, wenn es sich im ersten Moment so anfühlen mag. Denn: Jede Aktion, die die Sucht des Betroffenen unterstützt, fördert auch dessen gesundheitsschädliches Verhalten. Auch wenn die Stimmung innerhalb der Beziehung harmonisch sein mag, weil ER IHR mal wieder eine Flasche Wein mitgebracht hat oder SIE IHN jedes Wochenende aus der Kneipe abholt und stützt, weil er nicht mehr allein laufen kann, bedeutet dies auf keinen Fall, dass alles in Ordnung wäre.

Daher (und auch, wenn es schwerfällt): Wer für sich erkannt hat, dass der Partner bzw. die Partnerin Alkoholiker/-in ist, sollte definitiv versuchen, ihm/ ihr auf andere Weise zu helfen.

Vor allem dann, wenn die Sucht vergleichsweise stark ausgeprägt ist, braucht es in der Regel einen Arzt/ einen Psychologen, der beim Entzug hilft. Liebe und Verständnis können viel, aber eben nicht alles.

Wichtig ist es, im ersten Schritt zu erkennen, dass das Verhalten, das die betreffende Sucht fördert, unterlassen werden muss.

Eine Beziehung mit einem Alkoholiker/ einer Alkoholikerin: Diese Hilfs-Möglichkeiten gibt es

Menschen, die mit einem Alkoholiker bzw. einer Alkoholikerin zusammen sind, sind der Situation nicht schutzlos ausgeliefert, sondern können den Betroffenen bis zu einem gewissen Grad, sogar helfen, ihre Sucht zu überwinden.

Oftmals hilft es im ersten Schritt, wenn jemand da ist. In einem gemeinsamen Gespräch kann die Situation analysiert werden. Hin und wieder ergeben sich hieraus hitzige Diskussionen, weil der Alkoholiker/ die Alkoholikerin vielleicht nicht einsieht, dass er/ sie ein ernsthaftes Problem hat. Der Partner/ die Partnerin sollte daher auf ein gewisses Maß an Gegenwind vorbereitet sein.

Einer der wichtigsten, aber auch einer der schwersten, Schritte steht jedoch noch bevor: Damit einem Alkoholiker/ einer Alkoholikerin geholfen werden kann, muss diese/r dazu bereit sein, auch Hilfe anzunehmen. Und genau hieran scheitern “Rettungsaktionen” dieser Art leider nur allzu oft. Ziel ist es im ersten Schritt, dass die Betroffenen erkennen müssen, dass sie ein Problem haben. Das fällt jedoch nur in wenigen Fällen leicht. Erst dann, wenn die eigene Suchterkrankung weitere Konsequenzen, wie zum Beispiel den Verlust des Arbeitsplatzes oder das Aufkündigen von Freundschaften, zur Folge hatte, beginnen viele (, aber immer noch nicht alle), nachzudenken.

Die gute Nachricht ist jedoch, dass es eigentlich nie zu spät ist, sich Hilfe zu holen. Es gibt mittlerweile, vor allem in den größeren Städten, aber auch im Internet, zahlreiche Anlaufstellen, die darauf spezialisiert sind, Menschen aus der Sucht zu führen.

Worauf sollten Menschen, die mit einem Alkoholiker/ mit einer Alkoholikerin zusammen sind, achten?

Ein ernstes Thema: Co-Alkoholismus

Besonders wichtig ist es, dass Menschen, die mit einem Alkoholiker/ mit einer Alkoholikerin zusammen sind, sich nicht selbst vergessen. Genau das geschieht in der Realität nämlich leider viel zu oft. Die folgenden Tipps können dabei helfen, nicht den Kontakt zu sich selbst zu verlieren.

  1. Die eigene Gesundheit ist natürlich ebenfalls wichtig! Daher ist es ab und an wichtig, sich ausklinken, eigenen Hobbys nachzugehen und auf den eigenen Körper zu hören. Ansonsten droht über lange Sicht sogar ein Burnout.
  2. Auch, wenn es vielen Co-Alkoholikern extrem schwerfällt: Es ist sehr wichtig, seine eigenen Grenzen zu setzen… und diese auch zu wahren.
  3. Liebe und Verständnis reichen oft, aber eben nicht immer. Kein Partner/ keine Partnerin ist dazu in der Lage, eine psychotherapeutische Behandlung zu ersetzen. Dies liegt unter anderem daran, dass die Ursachen, die letztendlich zum Alkoholmissbrauch geführt haben, ihre Wurzeln oft in der Kindheit haben. Die entsprechenden Erlebnisse müssen dann nach und nach aufgearbeitet werden. Viele Betroffene werden hierzu stationär aufgenommen.
  4. Natürlich ist es auch den Partnern und den Partnerinnen von Alkoholikern “erlaubt”, sich bei Bedarf Hilfe zu suchen.
  5. Der letzte Tipp klingt logisch, lässt sich jedoch oft nur schwer umsetzen: Es ist nicht möglich, einen Alkoholiker/ eine Alkoholikerin zu therapieren, wenn er/ sie nicht erkennt, dass er/ sie ein Problem hat.

Das Zusammensein mit einem Menschen, der Alkoholiker/-in ist, kann sich zu einer echten Herausforderung entwickeln – in jeglicher Hinsicht. Um hier nicht in den Co-Alkoholismus abzurutschen, braucht es klare Grenzen. Einen Menschen nicht in seiner Sucht zu unterstützen, bedeutet keineswegs, ihn nicht zu lieben. Vielmehr stellt es einen absoluten Liebesbeweis dar, mit ihm gemeinsam nach einem Ausweg aus der schwierigen Situation zu suchen.

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Fazit

Viele Menschen zeigen sich immer wieder überrascht davon, dass es oft nicht möglich ist, einer Person ihren Alkoholmissbrauch anzusehen. Auch Co-Alkoholiker sorgen dafür, dass das Bild nach außen möglichst lange gewahrt werden kann.

So kann es im Laufe der Zeit sein, dass der Freundeskreis rund um einen alkoholkranken Menschen immer kleiner wird, weil sich Bekannte immer mehr ausklinken. Häufig bekommen sie mit, dass “irgendetwas nicht stimmt” oder ärgern sich darüber, von dem Partner oder der Partnerin des Alkoholikers/ der Alkoholikerin “wieder einmal angegangen worden zu sein”.

All das kann dazu führen, dass beide sich immer weiter isolieren und der Sucht noch mehr Raum gegeben wird.

Die Folgen eines jahrelangen und übertriebenen Alkoholkonsums werden in der heutigen Zeit leider immer noch allzu oft unterschätzt. Daher ist es umso wichtiger, als Partner/ Partnerin wachsam zu bleiben und einen eventuellen Verdacht offen auszusprechen. Mit ein wenig Glück gestaltet sich der Weg aus der Sucht dann vielleicht sogar etwas einfacher als gedacht, weil der/ die Betroffene ohnehin bereits für sich erkannt hat, dass ein Problem vorliegt. Hin und wieder fehlt dann eben doch nur ein “Anstupser” von außen, der dabei hilft, aktiv zu werden und letztendlich auch sein eigenes Leben (und seine Beziehung) zu retten.

Quellen & Verweise[+]