Wenn man alle Nervenfasern des menschlichen Körpers aneinanderreihen würde, würde sich eine Strecke von 780.000 Kilometern ergeben. Das entspricht der Entfernung von der Erde zum Mond und zurück. Klingt vielleicht unglaublich, doch unser Nervensystem kann noch viel mehr leisten.
Wie funktioniert das menschliche Nervensystem?
Das Nervensystem umfasst alle Nervenzellen des menschlichen Körpers1Wie funktioniert das Nervensystem? – https://www.gesundheitsinformation.de/wie-funktioniert-das-nervensystem.html – abgerufen am 30.11.2022. Über das Nervensystem kommuniziert der menschliche Körper mit der Umwelt und steuert gleichzeitig seine inneren Funktionen. Berührt ein Mensch beispielsweise eine heiße Herdplatte, zieht er reflexartig seine Hand zurück, während gleichzeitig die Nervenbahnen ein Schmerzsignal an das Gehirn senden.
Das Gehirn gilt als die zentrale Sammelstelle des Nervensystems, denn es sammelt und verarbeitet alle ein- und ausgehenden Informationen. Mittels Nervensystems reagiert das Gehirn auf äußere Reize und steuert diverse Organe, Körperteile und -funktionen. Auch Stoffwechselvorgänge werden vom Nervensystem gesteuert.
Das menschliche Gehirn besteht aus zwei Teilen, die spiegelverkehrt zusammenarbeiten: Die linke Gehirnhälfte ist für die rechte Körperhälfte zuständig und die rechte Hemisphäre steuert die linke Körperhälfte. Diese beiden Teile des Gehirns sind durch eine Brücke namens „Corpus callosum“ miteinander verbunden und tauschen darüber Informationen aus. Dies ist von entscheidender Bedeutung, da die beiden Gehirnhälften voneinander abhängig sind und nur so funktionieren können.
Aufbau von Nervenzellen
Das menschliche Nervensystem enthält Milliarden von Nervenzellen, die als Neuronen bezeichnet werden. Allein im Gehirn gibt es 100 Milliarden solcher Zellen. Jede einzelne Zelle besteht aus einem Körper und verschiedenen Fortsätzen. Dabei ist jeder einzelne Nervenzellkörper maximal 150 Mikrometer groß. Im Laufe des Lebens verbinden sich die einzelnen Nervenzellen.
Der Kontaktpunkt zwischen Neuronen wird als Synapse bezeichnet. Sie übertragen Informationen von einer Zelle zur anderen, z. B. zwischen Gehirn- oder Muskelzellen. So befehlen beispielsweise Nervenimpulse dem Bizeps, sich zusammenzuziehen, damit die Hand das Glas zum Mund führen kann.
Die kurzen Fortsätze sind als Dendriten bekannt und können als kleine Antennen betrachtet werden. Dank ihnen erhält der Zellkörper Signale von anderen Nervenzellen. Durch lange Fortsätze, sogenannte Axone, die über einen Meter lang sein können, werden Signale weitergesendet2Der Aufbau einer Nervenzelle – https://www.ratgeber-nerven.de/nervenschaedigung/aufbau-nervensystem/aufbau-nervenzelle/ – abgerufen am 30.11.2022.
Damit die Signalübertragung nicht zu langsam erfolgt, ist das Axon abschnittsweise von den sogenannten Myelinscheiden umgeben. Das sind spezielle Zellen, die das Axon mehrfach umwickeln und dadurch elektrisch isolieren. Das Axon und die Hülle bilden zusammen eine Nervenfaser.
Willkürliches und unwillkürliches Nervensystem
Unabhängig von der Lage der Nervenbahnen werden das willkürliche und das unwillkürliche Nervensystem unterschieden. Das willkürliche oder somatische Nervensystem steuert alle Vorgänge, die der Mensch wahrnimmt und selbstständig beeinflussen kann. Dazu gehören unter anderem Bewegungen der Arme, Beine und anderer Körperteile.
Das unwillkürliche oder vegetative Nervensystem kümmert sich um jene Prozesse im Körper, die der Mensch nicht selbst beeinflussen kann. Es ist ständig aktiv und reguliert Aktivitäten wie Atmung, Herzschlag oder Stoffwechsel. Außerdem empfängt es Signale, die vom Gehirn kommen und sendet sie an den Körper – und umgekehrt. Es enthüllt unter anderem, wie voll die Blase ist oder wie schnell das Herz schlägt.
Sowohl das zentrale als auch das periphere Nervensystem enthalten willkürliche und unwillkürliche Anteile. Im Zentralnervensystem sind sie stark miteinander verflochten, während sie in anderen Körperteilen getrennt sind.
Das vegetative unwillkürliche System besteht aus drei Teilen: Sympathikus, Parasympathikus und dem viszeralen Nervensystem (enterisches Nervensystem), die jeweils für unterschiedliche Körperfunktionen zuständig sind.
- Sympathikus und Parasympathikus agieren oft als Gegenspieler im Körper. Das sympathische Nervensystem bereitet den Organismus auf körperliche und seelische Wirkungen vor. Er sorgt dafür, dass das Herz schneller schlägt, erweitert die Atemwege, damit der Mensch besser atmen kann und hemmt die Darmtätigkeit.
- Der Parasympathikus kümmert sich hingegen um die Körperfunktionen im Ruhezustand. Es aktiviert die Verdauung, verbessert den Stoffwechsel und sorgt für Entspannung. Diese beiden Nervensysteme arbeiten nicht immer in entgegengesetzte Richtungen, sondern unterstützen sich bei bestimmten Funktionen auch gegenseitig.
- Enterisches Nervensystem ist ein separates Nervensystem des Darms, das die Bewegungen des Darms während der Verdauung unabhängig reguliert.
Fehlfunktionen und Schäden des Nervensystems
Damit die Funktionen des Stoffwechsels korrekt ausgeführt werden können, ist es notwendig, dass die komplexe Struktur des Gehirns und des Nervensystems intakt ist. Dies ist in der Praxis jedoch nicht immer der Fall.
Mögliche Ungleichgewichte und Einschränkungen, die in der Arbeit des Nervensystems auftreten, können zwar teilweise ausgeglichen werden3Fehlfunktionen und Schäden von Gehirn und Nervensystem – https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/gehirn-nervensystem/fehlfunktionen/schaeden – abgerufen am 30.11.2022. Wenn jedoch die Gehirnstruktur beschädigt ist oder biochemische und elektrische Prozesse gestört sind, treten neurologische und psychische Krankheiten auf.
Welche Folgen der Schaden auf das Nervensystem haben wird, hängt von Ort und Art der Nerven ab, die den Schaden erlitten haben. Ist beispielsweise das Hörzentrum in der Großhirnrinde betroffen, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Problem mit dem Hörsinn vor. Leider ist diese Klassifizierung von Schäden nicht immer so einfach, da viele Strukturen von Nervenzellen an einer ganzen Reihe von Funktionen beteiligt sind.
Neuropathie – die häufigste Krankheit des Nervensystems
Die häufigste Erkrankung des Nervensystems ist die Neuropathie (auch bekannt als Polyneuropathie, falls mehrere Nervenzellen beschädigt sind). Dieser Begriff steht eigentlich für eine Reihe von Erkrankungen des peripheren Nervensystems. Die Ursachen für die Entwicklung einer Neuropathie können unterschiedlich sein, aber die häufigste Ursache ist Diabetes. Untersuchungen zeigen, dass 30 % aller Diabetiker an Neuropathie leiden.
Auch Giftstoffe wie Alkohol können zu einer Neuropathie führen, ebenso wie einige Infektionskrankheiten wie HIV oder Borreliose. Die Ergebnisse einer Forschung4Polyneuropathien: Ursachen, Diagnostik und Therapieoptionen – https://www.aerzteblatt.de/archiv/196135/Polyneuropathien – abgerufen am 30.11.2022 aus dem Jahr 2018 zeigten, dass die Polyneuropathie altersabhängig die häufigste Erkrankung des peripheren Nervensystems ist, mit einer Prävalenz von etwa 5 bis 8 % in der erwachsenen und älteren Bevölkerung.
Die Studie besagt ebenfalls, dass Diabetes mellitus die häufigste Ursache für Polyneuropathie in Europa und Nordamerika ist. Alkoholbedingte Polyneuropathie hat eine Prävalenz von 22 bis 66 % in der Gruppe der chronisch Alkoholkranken.
Aufrechterhaltung eines gesunden Nervensystems
Der Mensch sollte auf seine innere Gesundheit genauso wie auf sein äußeres Erscheinungsbild achten. Auch bei der Gesundheit des Nervensystems gilt: Vorbeugen ist die halbe Gesundheit. Da die häufigsten Ursachen für Neuropathie Diabetes, Alkoholismus oder HIV sind, können wir schlussfolgern, dass ungesunde Lebensgewohnheiten zur Entwicklung von Neuropathie beitragen können.
Gesunde und ausgewogene Ernährung
Wenn die Myelinscheide (Isolator der Nerven) beschädigt ist, können Krankheiten wie Alzheimer auftreten. Deshalb ist eine ausreichende Zufuhr von Vitamin B12 notwendig, um eine uneingeschränkte Funktion der Nerven zu gewährleisten. Insbesondere Veganer und Vegetarier sind jedoch häufig von einem Vitamin-B12-Mangel betroffen, da die größten Quellen dieses Vitamins in Lebensmitteln wie Rindfleisch, Geflügel, Eier und Meeresfrüchten enthalten sind. Vitamin B12 schützt die Nerven vor Chemikalien, die zu Schäden an der Myelinscheide führen können.
Damit die Nerven Impulse weiterleiten können, ist neben Vitamin B12 auch eine ausreichende Menge an Proteinen und Mineralstoffen notwendig. Tryptophan ist eine Aminosäure, die als Neurotransmitter wirkt und u. a. in dunkler Schokolade enthalten ist. Diese Aminosäure wirkt sich auf eine bessere Stimmung und einen gesünderen Schlaf aus.
Ausreichend Bewegung
Wenn sich eine Person bewegt, baut der Körper Stress ab. Das Bundesgesundheitsministerium empfiehlt 90 Minuten Bewegung pro Tag als Voraussetzung für die Gesunderhaltung des Nervensystems5Nationale Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung – https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Praevention/Broschueren/Bewegungsempfehlungen_BZgA-Fachheft_3.pdf – abgerufen am 30.11.2022. Sportliche Aktivitäten dreimal pro Woche können einen großen Unterschied für die menschliche Gesundheit ausmachen und dazu beitragen, Stress abzubauen.
Insbesondere Bewegung im Freien ist mit weiteren Vorteilen verbunden, denn auch das Sonnenlicht spielt eine wichtige Rolle bei der Gesunderhaltung des Nervensystems und der psychischen Gesundheit. Obwohl eine langfristige Sonneneinstrahlung nicht zu empfehlen ist, ist eine gewisse Menge an Sonnenlicht notwendig, da es das Glückshormon Serotonin produziert, das unsere Stimmung positiv beeinflusst. Sonnenlicht trägt auch zur Entwicklung eines gesunden Immunsystems bei, welches das zentrale Nervensystem schützt und unterstützt.
Genug Schlaf
Experten empfehlen täglich mindestens 6 bis 8 Stunden Schlaf. Bei Menschen, die ständig weniger als 6 Stunden am Tag schlafen, können sich körperliche und psychische Störungen und Krankheiten entwickeln. Sie haben ein überaktives Stresszentrum im Nervensystem, welches kurzfristig zu Bluthochdruck und langfristig zu einer Herz-Kreislauf-Erkrankung führen kann.
Schlafmangel wirkt sich zudem negativ auf die Gedächtnisleistung aus. Im Schlaf verarbeitet das Gehirn Erlebtes und Gelerntes, daher sind REM-Phasen notwendig, die nur bei ausreichendem Schlaf auftreten. Finden diese nicht statt, leidet das Gehirn langfristig darunter.
Quellen & Verweise