Dr Sören Reinhard

Dr. Sören Reinhard

Dr. Sören Reinhard ist Diplom-Lebensmittel­chemiker mit Berufserfahrung in Industrie und Wissenschaft. Seiner Promotion im Fach Pharmazeutische Biologie in München schloss sich ein Forschungsaufenthalt in den USA im Bereich Bioingenieurwesen an. Seit 2019 arbeitet er als freiberuflicher Autor und behandelt Themen der Gesundheit, Ernährung und Medizin.

Der Grauer Star (die Katarakt) liegt vor, wenn die Linse des Auges getrübt ist und so die Sicht des Betroffenen beeinträchtigt. Das deutsche Wort “Star“ wurde aufgrund des starren Blicks der Patienten, also dem Starren gewählt. Die Katarakt und ihre Symptome entwickeln sich meist schleichend. Symptome wie “Grausehen”, Verschlechterung der Sehleistung, unscharfes und verzerrtes Sehen, Blendung, Doppelbilder und veränderte Farbwahrnehmung können von Betroffenen sehr unterschiedlich wahrgenommen werden und hängen von Grad der Linsentrübung ab. Meist tritt die Erkrankung als Alterserscheinung auf und kann von einem Augenarzt operativ gut behandelt werden1Augenheilkunde – https://www.doi.org/10.1055/b-006-163269.

Einteilung, Ursachen und Verbreitung des Grauen Stars

Katarakte können nach dem Zeitpunkt des Auftretens (erworbene und angeborene Katarakte), dem Grad der Einschränkung der Sehleistung oder der Form eingeteilt werden. Für sich alleine ist keine der Einteilungen zufriedenstellend. 90% aller Fälle von Grauem Star sind Alterskatarakte (Cataracta senilis, Altersstar). Diese sich im Alter entwickelnden Linsentrübung liegt in operationswürdiger Form bei etwa 5% aller 70-Jährigen und 10% aller 80-Jährigen vor. Über 99% aller Katarakte sind erworbene Katarakte, die also im Laufe des Lebens aufgrund unterschiedlicher Ursachen auftreten können. Die folgende Aufzählung fasst die wichtigsten Formen und deren Ursachen zusammen:

  • Alterskatarakt (Altersstar, Cataracta senilis): Über 90 % aller Katarakte fallen in diese Kategorie. Die Krankheitsentstehung ist noch nicht vollständig geklärt. Eine familiäre Belastung ist nicht selten.
  • Katarakt bei Allgemeinerkrankung: Die am häufigsten zur Entwicklung eines Grauen Stars führende Erkrankung ist der Diabetes mellitus. Weitere potentiell auslösende Allgemeinerkrankungen sind Galaktosämie, Niereninsuffizienz, Mannosidose, Morbus Fabry, Lowe-Syndrom, Morbus Wilson, myotone Dystrophie, Tetanie oder Hautleiden (beispielsweise chronischer Neurodermitis)
  • Katarakt bei Augenerkrankungen (Cataracta complicata): Am häufigsten durch Heterochromie, also einer unterschiedlichen Färbung der Regenbogenhaut (Iris) beider Augen.
  • Katarakt nach Eingriffen am Auge: Am häufigsten nach Entfernung und Ersatz des Glaskörpers, beispielsweise durch Silikonöl.
  • Katarakt durch Verletzungen (Cataracta traumatica): Am häufigsten nach einer Prellung des Augapfels, aber auch nach Infrarot-, Blitz- oder Strahleneinwirkung.
  • Medikamentös bedingte Katarakt: Am häufigsten durch längere Kortisongabe (lokal oder systemisch) ausgelöst.

Nur unter 1% aller Katarakte sind bereits bei der Geburt vorhanden (kongenitale Katarakte). Hier unterscheidet man:

  • Vererbte kongenitale Katarakte
  • Katarakte als Folge einer Schädigung während der frühen Embryonalentwicklung, beispielsweise durch Röteln (40 – 60 %), Mumps (10 – 22 %), Hepatitis (16 %) oder Toxoplasmose (5 %).

Angeborene Katarakte sind meistens durch Trübung der gesamten Linse mit vollständiger Blindheit des betroffenen Auges gekennzeichnet. Besonders eine Virusinfektion der Mutter in der Frühzeit der Schwangerschaft (innerhalb der ersten drei Monate) ist kritisch2Augenheilkunde – https://www.doi.org/10.1055/b-006-163269.

Symptome des Grauen Stars

Grauer Star (Katarakt) - Ursachen, Symptome und Behandlung

Bei der mit über 90% häufigsten Form des Grauen Stars, der Alterskatarakt, können folgende Symptome auftreten:

  • Grau-in-Grau-Sehen, wie durch eine Milchglasscheibe
  • Verschwommenes oder verzerrtes Sehen
  • Doppelt- oder Dreifachsehen
  • Starkes Blendungsgefühl bei hellem Licht
  • Verminderte Wahrnehmung von Kontrasten
  • Veränderungen in der Farbwahrnehmung (selten)
  • Kein Erkennen von Gegenständen (im Endstadium)
  • Blindheit (im Falle einer beidseitigen Katarakt im Endstadium)

Je nach Ort des Auftretens und der Form der Linsentrübung schreitet die Erkrankung schneller oder langsamer fort und kann in unterschiedlicher Weise die Nah- oder Fernsicht beeinträchtigen3Augenheilkunde – https://www.doi.org/10.1055/b-006-163269.

Symptome des Grauen Stars bei Kindern

Kinder mit angeborener oder aufgrund von Verletzungen oder Allgemeinerkrankungen entstandener Katarakt können die Sehbehinderung nicht verbal mitteilen, sodass es wichtig ist, mögliche Symptome bei Kindern zu kennen und darauf zu achten:

  • Leukokorie: weißliches Aufleuchten der Pupille bei Gegenlicht
  • Das Kind drückt womöglich mit den Fingern gegen die oder das betroffene Auge, da es auf diese Weise Lichteindrücke auslösen kann, die es als interessant empfindet (okulodigitales Phänomen).
  • Schielen (Strabismus)
  • Weinen beim Abdecken des gesunden Auges
  • Unsicherheiten beim Laufen und Greifen
  • Umherschweifende Augenbewegungen
  • Unkontrolliertes Zittern oder Zucken der Augen (Nystagmus)

Da sich die Fähigkeit zum Sehen und Fixieren besonders in den ersten 6 Lebensmonaten entwickelt, muss die kindliche Katarakt so früh wie möglich operiert werden4Augenheilkunde – https://www.doi.org/10.1055/b-006-163269.

Grauer Star: Therapie

Trotz Forschungsansätzen in Tierversuchen gibt es bis dato keine konservativen oder medikamentösen Maßnahmen, die geeignet sind, eine Entwicklung des Grauen Stars zu verhindern, verzögern oder umzukehren.

Die einzige Ausnahme ist die frühkindliche Katarakt bei Galaktosämie, einer Stoffwechselstörung, bei der die Linsentrübung in den ersten Wochen rückgängig gemacht werden kann wenn die Krankheit rechtzeitig diagnostiziert und das Kind mit galaktosefreier Diät (vor allem durch Verzicht auf Milch und Milchprodukte in jeglicher Form) ernährt wird5Augenheilkunde – https://www.doi.org/10.1055/b-006-163269.

Die Operation des Grauen Stars ist der weltweit am häufigsten durchgeführte Eingriff in der Augenheilkunde. Alleine in Deutschland wird die Zahl der jährlich durchgeführten Kataraktoperationen auf insgesamt 700.000 bis 800.000 geschätzt, wovon ca. 100.000 stationär erfolgen6Grauer Star (die Katarakt) – http://cms.augeninfo.de/nc/hauptmenu/presse/statistiken/statsitik-katerakt.html – Abgerufen am 29.06.2022.

Der häufigste Grund für eine Operation ist die Verbesserung der Sehleistung. Sind beide Augen erkrankt und der Betroffene fühlt sich durch die Erkrankung stark eingeschränkt, sollte zunächst das Auge mit dem schlechten Sehvermögen operiert werden. Auch wenn beide Augen operiert werden sollen, erfolgen die Operationen meist in einem Abstand von etwa vier Wochen. Ist nur ein Auge betroffen und das Sehvermögen des gesunden Auges ist für den Betroffenen ausreichend, kann mit der Operation oft abgewartet werden.

Es gibt jedoch auch medizinische Gründe die für eine Operation sprechen können, beispielsweise wenn bei fortgeschrittenem Grauen Star das Risiko für ein Glaukom (Grüner Star) besteht oder bei Erkrankungen des Augenhintergrunds (z. B. diabetische Retinopathie) eine klare Sicht geschaffen werden muss, um die Überwachung der Augen zu erleichtern. Die Operationsmethode der Wahl ist heutzutage meist die extrakapsuläre Kataraktextraktion (ECCE), bei der die getrübte Linse entfernt und durch eine Kunstlinse ersetzt wird. Zunächst wird die vordere Kapsel des Auges eröffnet (Kapsulorhexis).

Die Rinde der getrübten Linse wird anschließend abgesaugt (extrakapsuläre Extraktion), die hintere Kapsel und die Aufhängung der Linse bleiben dabei erhalten damit sie die Kunstlinse tragen können. Der Kern der alten Linse wird mit Hochfrequenzultraschall zertrümmert und durch Absaugen entfernt (Phakoemulsifikation).

Alternativ zur Phakoemulsifikation wird bei der Femto-Laser-assistierten Kataraktoperation (FLACS) der Linsenkern durch einen Femto-Laser vorzerkleinert und die Eröffnung der Kapsel (Kapsulorhexis) und die Zugänge über die Hornhaut erfolgen mittels Laser. Der operierende Augenarzt ist verpflichtet, den Patienten vor der Kataraktoperation über alle möglichen Kunstlinsenoptionen aufzuklären. Auch über einen möglichen Ausgleich von Refraktionsfehlern sollte aufgeklärt werden. Jede Kunstlinse besteht aus einem zentralen, optischen Teil und 2 Bügeln zur Verankerung. Bei nahezu allen Kataraktextraktionen wird heute eine Intraokularlinse in die Hinterkammer des Auges implantiert, wo sich sonst die natürliche Linse befindet. Unterschieden werden:

  • Monofokale Linsen: Bilden immer nur in einer Entfernung (Ferne oder Nähe) scharf ab.
  • Multifokale Linsen: Objekte in Ferne und Nähe können scharf eingestellt werden. Multifokale Linsen erreichen womöglich nicht die optische Abbildungsqualität einer monofokalen Linse und können beim Kontrastsehen und bei der Blendung ein schlechteres Ergebnis erzielen.
  • Torische Linsen: Können zusätzlich bis zu 3 Dioptrien Astigmatismus korrigieren.
  • Multifokal-torische Linsen: Verbinden die multifokale Abbildung und Astigmatismuskorrektur miteinander.

Die Entscheidung für die Art der Kunstlinse sollte in Absprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen7Augenheilkunde – https://www.doi.org/10.1055/b-006-163269.

Grauer Star: Prognose

Moderne standardisierte Operationstechniken, speziell geschulte Operateure und die Häufigkeit der durchgeführten Operationen führen dazu, dass bei 99% der Patienten die Operation des Grauen Stars ohne ernste Komplikationen gelingt. Der Eingriff dauert alles in allem zwischen 20 und 30 Minuten und ist wie auch die Phase nach dem Eingriff weitgehend schmerzlos.

Das Risiko bei einer Staroperation ein Auge zu verlieren liegt bei etwa 0,05 %, also bei 1 von 2000 operierten Augen. Aufgrund der hohen Sicherheit der Operation des Grauen Stars wird der Eingriff heute immer früher durchgeführt. In Bezug auf das nach der Operation maximal mögliche Sehvermögen kann der Augenarzt beraten und eine Prognose abgeben.

In der Regel wird dem Patienten zu einer Kunstlinsenstärke geraten, die zur Normalsichtigkeit oder einer geringen Kurzsichtigkeit (-0,25 bis -0,5 Dioptrien) führt. Eine Brille wird dann nur für die Naharbeit benötigt8Augenheilkunde – https://www.doi.org/10.1055/b-006-163269.

Quellen & Verweise[+]

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