Dr Sören Reinhard

Dr. Sören Reinhard

Dr. Sören Reinhard ist Diplom-Lebensmittel­chemiker mit Berufserfahrung in Industrie und Wissenschaft. Seiner Promotion im Fach Pharmazeutische Biologie in München schloss sich ein Forschungsaufenthalt in den USA im Bereich Bioingenieurwesen an. Seit 2019 arbeitet er als freiberuflicher Autor und behandelt Themen der Gesundheit, Ernährung und Medizin.

Keuchhusten (Pertussis) ist eine Infektionserkrankung der Atemwege. Der Krankheitserreger, meist das Bakterium Bordetella pertussis, wird durch Tröpfcheninfektion übertragen. Keuchhusten ist eine weltweit verbreitete Erkrankung und betrifft alle Altersgruppen, wobei Neugeborene und Säuglinge besonders gefährdet sind. Auch bei älteren Menschen wird eine Zunahme der Infektionen beobachtet, da Antikörper gegen die Erkrankung oft vermindert sind und daher leichter eine Ansteckung erfolgen kann. Nach einer Inkubationszeit von meist 1-2 Wochen können Symptome des Keuchhustens mehrere Wochen bis Monate andauern. In rund der Hälfte der Fälle verläuft die Erkrankung klassisch in drei Phasen ab. Während anfangs die Symptome noch einer leichten Erkältung ähneln, treten im weiteren Verlauf sehr heftige Hustenanfälle vorwiegend nachts auf, die mit Auswurf eines zähen, farblosen Schleims einhergehen. Eine Einweisung ins Krankenhaus sollte bei Kindern mit Komplikationen (beispielsweise Atemaussetzer auch ohne typische Hustenanfälle, Anzeichen eines Sauerstoffmangels oder Krämpfe) und bei Säuglingen immer erfolgen. Zur Vorbeugung der Erkrankung steht eine Impfung zur Verfügung1Checkliste Pädiatrie – https://www.doi.org/10.1055/b-003-128231.

Vorkommen und Verbreitung von Keuchhusten

Keuchhusten kommt ganzjährig vor, wobei die Erkrankung im Herbst und Winter etwas häufiger ist als im Rest des Jahres. In Deutschland und anderen westlichen Ländern werden regelmäßig größere Erkrankungswellen im Abstand von 4 bis 6 Jahren beobachtet. In Deutschland wurde im Jahr 2013 eine bundesweite Meldepflicht für Keuchhusten eingeführt. Seitdem wurden dem Robert-Koch-Institut (RKI) zwischen 11 und 20 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner jährlich übermittelt. Mit einer Häufigkeit von 100 Erkrankungen pro 100.000 sind Säuglinge in epidemischen Jahren am stärksten betroffen und benötigen häufig eine Kranken­haus­behandlung. Aufgrund des raschen Nachlassens des Immunschutzes nach der Keuchhusten-Impfung treten auch bei älteren Kindern und Jugendlichen häufig Erkrankungen auf. Auch wenn die relative Häufigkeit bei Erwachsenen niedriger liegt, treten inzwischen rund 60% aller Erkrankungen bei Personen über 18 Jahren auf. Dazu trägt auch die unzureichende Umsetzung der empfohlenen Auffrischimpfungen insbesondere bei Jugendlichen und Erwachsenen bei2RKI-Ratgeber Keuchhusten – https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Pertussis.html – Abgerufen am 24.11.2022.

Ursachen und Entstehung von Keuchhusten

Keuchhusten wird meist durch das Bakterium Bordetella pertussis übertragen. Das Bakterium bildet eine Vielzahl von Giftstoffen wie z.B. Pertussis-Toxin. Die Erreger vermehren sich auf dem Epithel der Atemwege und verursachen dort eine lokale Zerstörung der Schleimhäute. Einige der Giftstoffe verringern zudem lokal die Abwehrkräfte und verursachen Gewebe­schäden. Seltener werden Infektionen auch durch Bordetella parapertussis oder Bordetella holmesii verursacht, die zu einem ­ähnlichen Krankheitsbild führen. Eine Erkrankung, die durch diese Bakterien ausgelöst wird, verläuft aber meist leichter und kürzer als bei einer Erkrankung durch Bordetella pertussis. Pertussis ist hoch ansteckend. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfchen­infektion, die durch engen Kontakt mit einer infektiösen Person durch Husten, Niesen oder Sprechen erfolgen kann. Gelegentlich wurde bei Personen im Umfeld von Ausbrüchen, teilweise auch trotz Impfung, Bordetella pertussis im Nasenrachen­raum nachgewiesen. Jugendliche und Erwachsene spielen eine wichtige Rolle als Überträger auf Säuglinge. Die Inkubationszeit von Keuchhusten beträgt meist 9-10 Tage mit einer Spanne von 6-20 Tagen. Die Ansteckungs­fähigkeit beginnt am Ende der Inkubationszeit und erreicht ihren Höhepunkt während der ersten beiden Krankheitswochen. Wird eine antibiotische Therapie durchgeführt, verkürzt sich die Dauer der Ansteckungs­fähigkeit je nach angewendetem Antibiotikum auf etwa drei bis sieben Tage nach Beginn der Therapie. Generell sinkt die Menge der Bakterien nach Beginn einer erfolgreichen Behandlung schnell ab, weshalb meist eine Isolierung der Patienten für 5 Tage nach Beginn der Therapie empfohlen wird. Die Elimination der Krankheitserreger spielt insbesondere eine Rolle bei Personen, die näheren Kontakt zu Hochrisiko­patienten wie Säuglingen oder Schwangeren im letzten Monat vor der Geburt haben3RKI-Ratgeber Keuchhusten – https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Pertussis.html – Abgerufen am 24.11.2022.

Symptome von Keuchhusten

Keuchhusten - Ursachen, Symptome und Behandlung

Die Symptomatik des Keuchhustens tritt meistens innerhalb von 6-10 Tagen nach Ansteckung auf, kann sich aber auch erst nach bis zu 3 Wochen entwickeln. Der typische Krankheitsverlauf tritt bei rund der Hälfte der Betroffenen auf und lässt sich in drei Stadien einteilen:

  • Stadium eins, das Stadium catarrhale (katarrhalische Stadium): Dieses Stadium umfasst meist die ersten 1-2 Wochen der Infektion. Typische Symptome sind, wie bei leichten Erkältungen, Schnupfen, leichtes Fieber und leichter Husten. Die Infizierten sind in diesem Stadium hoch ansteckend.
  • Stadium zwei, das Stadium convulsivum (paroxysmales Stadium): Dieses Stadium dauert die nächsten 1-6 Wochen und kann bis zu 10 Wochen dauern. Es ist durch die typischen heftigen Hustenanfälle, vor allem nachts, gekennzeichnet. Auf den schnellen Husten kann das typische Keuchen in Form eines “Whoop”-Geräusches folgen, woher auch der englische Name “whooping cough” stammt. Der Husten kann mit Auswurf von zähem, farblosem Schleim einhergehen. Ein Sauerstoffmangel aufgrund der Hustenattacken kann zu einer Blaufärbung der Haut und Schleimhäute (Zyanose) führen. Blutungen im Bereich der Bindehäute und Gesicht können auftreten. Bei Neugeborenen und kleinen Säuglingen können bedrohliche Atemaussetzer auftreten und das Risiko für einen plötzlichen Tod erhöhen.
  • Stadium drei, das Stadium decrementi (Rekonvaleszenzstadium): Dieses Stadium dauert meist 2 bis 3 Wochen und ist durch eine allmähliche Erholung gekennzeichnet, wobei sich der Husten bessert und weniger Hustenanfälle auftreten. Rückfälle in Form einer wiederkehrenden Infektion können die Genesung jedoch lange verzögern.

Zu den Bevölkerungsgruppen mit erhöhtem Risiko für schwere Komplikationen und Tod durch schweren Keuchhusten gehören:

  • Säuglinge im Alter von unter 12 Monaten
  • Frauen im dritten Trimester der Schwangerschaft
  • Personen mit vorbestehenden Gesundheitsproblemen, die durch eine Keuchhusteninfektion verschlimmert werden können (z. B. immungeschwächte Menschen oder Personen mit mittelschwerem bis schwerem Asthma).

Der Zeitraum der Ansteckungsfähigkeit beginnt mit dem Stadium catarrhale und erstreckt sich bis zu drei Wochen in das Stadium convulsivum. Eine Vorbeugung der Übertragung von Keuchhusten ist in den frühen Stadien der Krankheit besonders schwierig, da Keuchhusten im ersten Stadium, wenn die Symptome unspezifisch sind und die Diagnose unsicher ist, in hohem Maße übertragbar ist. Außerdem können die klinischen Symptome bei Erwachsenen und Jugendlichen weniger schwerwiegend sein als bei Kindern und Kleinkindern und werden möglicherweise nicht als Pertussis erkannt4Pertussis – https://www.cdc.gov/infectioncontrol/guidelines/healthcare-personnel/selected-infections/pertussis.html – Abgerufen am 24.11.2022.

Diagnose von Keuchhusten

Eine Diagnose kann anhand der oben genannten Symptomatik des Keuchhustens im Zusammenspiel mit folgenden Untersuchungen erfolgen:

  • Blutbild: Leukozyten (weiße Blutkörperchen) bis > 30 000/μl mit Erhöhung der Lymphozytenzahl im Blut (Lymphozytose) > 60 %.
  • Erregernachweis: Nachweis des auslösenden Bakteriums Bordetella pertussis, in Kultur oder mittels PCR (Polymerase-Kettenreaktion), später auch Antikörpernachweis5Checkliste Pädiatrie – https://www.doi.org/10.1055/b-003-128231.

Therapie des Keuchhustens

Kinder sollten während der Phase der Infektiosität, die mit dem Stadium catarrhale beginnt und sich bis zu drei Wochen in das Stadium convulsivum erstrecken kann, wenn möglich isoliert werden. Bei Komplikationen sollte eine Einweisung in ein Krankenhaus erfolgen. Säuglinge sollten immer in einer Klinik behandelt werden, insbesondere kleine Säuglinge können eine Überwachung mit Monitor benötigen. Dem behandelnden Arzt stehen verschiedene Antibiotika zur Therapie zur Verfügung. Sie sollte, wenn nötig, so früh wie möglich erfolgen. Wird die Antibiotika-Therapie erst im zweiten Stadium (Stadium convulsivum) begonnen, ist der Krankheitsverlauf weniger beeinflussbar.

Bei schweren Hustenattacken können Beta-2-Sympathomimetika oder hochdosierte Kortikosteroide für mindestens 5 Tage zusätzlich zum Antibiotikum gegeben werden. Eine Luftbefeuchtung kann hilfreich sein. Bei Atemaussetzern (Apnoe) und Sauerstoffmangel, der sich durch Zyanose äußert, kann eine Gabe von Sauerstoff und evtl. eine Intensivbehandlung mit Beatmung notwendig sein6Checkliste Pädiatrie – https://www.doi.org/10.1055/b-003-128231.

Vorbeugung von Keuchhusten

Aus heutiger Sicht ist ein Auslöschen der Erkrankung Keuchhusten trotz Impfung nicht möglich. Wegen der begrenzten Dauer der Immunität sowohl nach natür­licher Erkrankung als auch nach vollständiger Impfung kann sich eine Person mehrmals im Leben neu infizieren und an Keuchhusten erkranken. Daher ist das Ziel der gegen­wärtigen Impf­strategie in Deutschland ein möglichst früh­zeitiger und voll­ständiger Impf­schutz in Form einer Grund­immu­nisierung für die durch Bordetella pertussis besonders gefähr­deten Säuglinge und Klein­kinder. Im Vorschul-, Jugend- und Erwachsenen­alter sollten Auf­frischungen der Immunität erfolgen, um sowohl die klinische Wirk­samkeit des Impfschutzes der Geimpften aufrechtzuerhalten als auch die Übertragung auf Ungeimpfte und Menschen ohne Immunität zu minimieren. In Deutschland stehen Impfstoffe gegen Bordetella pertussis in Kombination mit anderen Antigenen zur Verfügung. Infektionen durch Bordetella pertussis und Bordetella pertussis holmesii sind durch Pertussis-Impfstoffe nicht zu verhindern. In Anbetracht der epide­miolo­gischen Keuchhusten-Situation in Deutschland und der Schwere des klinischen Verlaufs bei Säuglingen sollten die aktuellen Empfehlungen der STIKO zur Pertussis-Impfung alters­gerecht umgesetzt werden:

  • Die Grund­immunisierung von Säuglingen und Kleinkindern sollte zum frühestmöglichen Zeit­punkt, also unmittelbar nach Vollendung des 2. Lebens­monats, begonnen und zeitgerecht fortgeführt werden. Empfohlen werden je eine Impfung im Alter von 2, 3 und 4 Monaten sowie eine weitere Impfung im Alter zwischen 11 und 14 Monaten.
  • Auffrisch­impfungen erfolgen mit den dafür zugelassenen Impfstoffen in Kombination mit Tetanus und Diphtherie erstmals mit 5 bis 6 Jahren.
  • Eine weitere Dosis wird zwischen 9 und 17 Jahren verabreicht, kombiniert mit Tetanus, Diphtherie und Poliomyelitis.
  • Für alle Erwachsenen empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) die nächste fällige Tetanus- und Diphtherie-Impfung einmalig in Kombination mit einem Pertussis-Impfstoff zu verabreichen.

Seit März 2020 empfiehlt die STIKO eine Pertussis-Impfung für schwangere Frauen zu Beginn des 3. Trimenons. Bei erhöhter Wahrscheinlichkeit für eine Frühgeburt sollte die Impfung ins 2. Trimenon vorgezogen werden7RKI-Ratgeber Keuchhusten – https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Pertussis.html – Abgerufen am 24.11.2022.

Quellen & Verweise[+]