Dr Sören Reinhard

Dr. Sören Reinhard

Dr. Sören Reinhard ist Diplom-Lebensmittel­chemiker mit Berufserfahrung in Industrie und Wissenschaft. Seiner Promotion im Fach Pharmazeutische Biologie in München schloss sich ein Forschungsaufenthalt in den USA im Bereich Bioingenieurwesen an. Seit 2019 arbeitet er als freiberuflicher Autor und behandelt Themen der Gesundheit, Ernährung und Medizin.

Leberzirrhose bezeichnet das irreversible Endstadium verschiedener chronisch-fortschreitend verlaufender Lebererkrankungen. Gesundes Gewebe der Leber wird dabei in funktionsloses Bindegewebe umgebaut. Die Läppchen- und Gefäßstruktur der Leber wird zerstört und es bilden sich typische Knoten.

Die häufigsten Ursachen sind alkoholische und nichtalkoholische Fettlebererkrankungen und chronische Entzündungen, die durch Viren ausgelöst werden (Virushepatitiden). Typische Anzeichen für eine Leberzirrhose sind Allgemeinsymptome wie Müdigkeit und Oberbauchbeschwerden, Leberhautzeichen und hormonelle Störungen.

Mit fortschreitender Erkrankung treten Symptome einer Leberinsuffizienz und eines Bluthochdrucks in der Pfortader hinzu. Weitere Komplikationen wie Ösophagusvarizen und Blutungen von diesen, Bauchwassersucht (Aszites) und allgemeine Blutungsneigung können einhergehen.

Eine Leberzirrhose kann häufig mittels Laborwerten in Kombination mit nicht-invasiven Methoden wie einer Ultraschalluntersuchung diagnostiziert werden. Die Therapie der Leberzirrhose besteht aus dem Vermeiden von leberschädigenden Substanzen, einer ausreichenden Zufuhr von Kalorien und Eiweiß und der Behandlung von möglicherweise vorliegenden Grunderkrankung und Komplikationen. Die Lebertransplantation stellt eine Behandlungsmöglichkeit für Endstadien dar1Duale Reihe Innere Medizin – https://www.doi.org/10.1055/b-005-145255.

Ursachen, Auftreten und Einteilung der Leberzirrhose

Leberzirrhose - Ursachen, Symptome und Behandlung

In westlichen Ländern liegt bei rund zwei Dritteln aller Patienten mit Leberzirrhose ein Alkoholmissbrauch vor. Es besteht zudem ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Höhe des Alkoholkonsums und dem Auftreten einer Zirrhose. Die zweithäufigste Ursache der Erkrankung ist mit 15–30 % die Virushepatitis, die besonders im Mittelmeerraum, Afrika und Asien verbreitet ist. Bei Virushepatitiden kann die Entwicklung zur Leberzirrhose schnell im Rahmen einer akuten nekrotisierenden Hepatitis oder eher schleichend über eine chronische Hepatitis (Hepatitis B, C oder D) erfolgen. In rund 10–15 % der Fälle ist die Ursache nicht festzustellen, diese werden dann als kryptogene Leberzirrhosen bezeichnet.

Ein Großteil der kryptogenen Leberzirrhosen konnte auf eine nichtalkoholische Fettleberhepatitis oder eine Autoimmunerkrankung zurückgeführt werden. Ursachen für eine Leberzirrhose sind im Allgemeinen:

  • Giftstoffe und Medikamente: Am häufigsten Alkohol, aber auch Arzneimittel
  • Infektionen: Virushepatitis B, C und D, Infektion mit Blutegeln der Gattung Schistosoma (Schistosomiasis)
  • Autoimmunerkrankungen: autoimmune chronische Leberentzündung (Hepatitis), Gallengangsentzündungen (primär biliäre Cholangitis, primär sklerosierende Cholangitis)
  • Gallenwegserkrankungen: Verengung oder Verschluss der Gallengänge
  • Stoffwechselerkrankungen: Morbus Wilson, Hämochromatose, α1-Antitrypsinmangel, Glykogenose, nicht alkoholische Fettleberhepatitis
  • Kardiovaskuläre Erkrankungen: Budd-Chiari-Syndrom, Pericarditis constrictiva, chronische Rechtsherzinsuffizienz
  • Kryptogene Zirrhose ohne erkennbare Ursache

Eine Leberzirrhose zeichnet sich durch den bindegewebigen Umbau des gesunden Lebergewebes, des sogenannten Parenchyms, aus. Dabei entstehen knotige Gewebeveränderungen, sogenannte Regeneratknoten, auch Pseudolobuli genannt.

Nach makroskopischen Gesichtspunkten wird eine mikronoduläre (Regeneratknoten bis 3 mm Durchmesser), eine makronoduläre (Durchmesser > 3 mm bis 3 cm) und eine gemischtknotige Form der Leberzirrhose unterschieden. Pro Jahr sterben in der Bundesrepublik Deutschland etwa 25–30 Patienten pro 100.000 Einwohner an den Folgen einer Leberzirrhose. Bei Männern tritt die alkoholinduzierte Zirrhose etwa doppelt so häufig auf wie bei Frauen2Duale Reihe Innere Medizin – https://www.doi.org/10.1055/b-005-145255.

Symptome

Der bindegewebige (zirrhotische) Umbau des Leberparenchyms kann zunächst ohne Symptome verlaufen. Auch uncharakteristische Symptome wie leichte Ermüdbarkeit, Leistungsschwäche, Appetitlosigkeit und Gewichtsabnahme, die den Symptomen einer chronischen Hepatitis oder Fettleber ähneln, können auftreten.

Schreitet der Umbau des Parenchyms weiter voran, treten schließlich Zeichen der Leberinsuffizienz und der portalen Hypertension, also eines Bluthochdrucks der Pfortader, die nährstoffreiches Blut in die Leber transportiert, auf. Auch typische Hautveränderungen, sogenannte Leberhautzeichen, können auf eine Leberzirrhose hindeuten. Dazu zählen:

  • Spider naevi: Sichtbare Erweiterungen von Hautgefäßen mit einem zentralen Blutgefäß, von dem aus kleine Blutgefäße ähnlich wie Spinnenbeine abgehen. Durch leichten Druck verblassen Spider naevi bis sie wieder durchblutet werden.
  • Palmar- und Plantarerytheme: Gerötete Hand- und Fußinnenflächen
  • Caput medusae: Sichtbare, geschlängelte Varizen rund um den Bauchnabel
  • Geldscheinhaut: Zahlreiche flächige Erweiterungen von Blutgefäßen
  • Weißnägel
  • Dupuytren-Kontraktur: Eine Erkrankung der Sehnen der Hand, bei der Patienten die Fähigkeit verlieren, ihre Finger zu strecken.
  • Zungenatrophie: Untergang der Zungenmuskulatur
  • Lacklippen: Auffallend glänzende und gerötete Lippen

Eine Leberzirrhose kann auch mit hormonellen Störungen einhergehen. Beim Mann können sich Hormonstörungen durch Haarausfall am Bauch (Bauchglatze) und eine Vergrößerung der Brustdrüsen (Gynäkomastie) bemerkbar machen. Grund ist ein gestörter Östrogenabbau in der Leber. Potenz und Libido können beeinträchtigt.

Bei Frauen kann der Menstruationszyklus gestört sein. Meist findet sich nur eine gering bis mittelgradig ausgeprägte Gelbsucht (Ikterus). Eine Ausnahme ist die primär biliäre Gallengangsentzündung: Hier findet sich häufig eine stärkere Gelbsucht, ein Juckreiz der Haut und gelbliche, fetthaltige Ablagerungen auf der Haut der Ober- oder Unterlider (Xanthelasmen) und der Haut im Allgemeinen (Xanthome).

Die Haut von Patienten mit Leberzirrhose fühlt sich häufig warm an. Vor allem bei Betroffenen mit alkoholischer Zirrhose und der Hämochromatose, einer Eisenspeicherkrankheit, kann es zu einem Untergang der Herzmuskulatur (Kardiomyopathien) mit Rhythmusstörungen kommen.

Kann der Körper den Ausfall des funktionalen Lebergewebes nicht mehr kompensieren, kann es zu folgenden Symptomen kommen:

  • Pfortaderhochdruck
  • Ösophagusvarizen, die zu lebensbedrohlichen Blutungen führen können.
  • Hepatorenales Syndrom: Akutes Nierenversagen als Folge der Leberzirrhose
  • Bauchwassersucht (Aszites)
  • Störungen der Entgiftungsfunktion der Leber, die mit Funktionsstörungen des Gehirns einhergehen können.
  • Störung der Biosynthese oder der Ausscheidung von Stoffen wie Bilirubin
  • Thrombozytopenie: Zu geringe Anzahl von Thrombozyten, die für die Blutgerinnung notwendig sind. Gründe sind verstärkter Abbau in der Milz und erniedrigtes Thrombopoetin. Gerinnungsstörungen können auch durch verminderte Produktion von Gerinnungsfaktoren bedingt sein. Beides kann zu allgemeiner Blutungsneigung und stecknadelkopfgroßen Einblutungen der Haut (Petechien) führen.
  • Unterschenkelödeme: Meist durch fehlende Biosynthese von Albumin in der Leber bedingt. Albumin ist das häufigste Protein im Blut und sorgt für einen ausreichend hohen kolloidosmotischen Druck in Blutgefäßen. Ist dieser Druck erniedrigt, kann vermehrt Flüssigkeit aus den Blutgefäßen in das umliegende Gewebe strömen und zu Ödemen führen.

Weitere nennenswerte Begleiterkrankungen einer Leberzirrhose sind Geschwüre (hepatogener Ulkus), eine chronische, ebenfalls durch Alkoholmissbrauch entstandene Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis) und ein durch die Leberzirrhose verursachter Diabetes mellitus3Duale Reihe Innere Medizin – https://www.doi.org/10.1055/b-005-145255.

Diagnostik der Leberzirrhose

Folgende Diagnoseverfahren können zum Einsatz kommen:

  • Laboruntersuchung des Blutes: Blutwerte können Auskunft über die Aktivität und den Schweregrad der Zirrhose geben. Wichtige Parameter sind beispielsweise Störungen der Eiweißsynthese (Albumin, Cholinesterase und Gerinnungsfaktoren erniedrigt, abfallender Quick-Wert, erhöhte Werte für Gammaglobuline), der exkretorischen Funktion (direktes Bilirubin erhöht), der entzündlichen Aktivität (Transaminasen erhöht) und Störung der Entgiftungsfunktion (erhöhte Ammoniumwerte)
  • Beurteilung der Lebergröße und Konsistenz der Oberfläche durch Palpation und Ultraschalluntersuchung (Sonografie). Die Sonografie erlaubt eine sehr gute Beurteilung der Umbauvorgänge der Leber, den Nachweis von Bauchwasser (Aszites) und indirekten Zeichen einer portalen Hypertension (Vergrößerung der Milz, weite Pfortader).
  • Fibroscans (transiente Elastografie): Nicht-invasives Ultraschallverfahren um den Grad der Fibrose einschätzen. Es kann zwischen leichter und schwerer Fibrose unterschieden werden.
  • Laparoskopische Leberbiopsie mit anschließender Histologie: Stellt in unklaren Fällen oder bei Gerinnungsstörungen das diagnostische Verfahren der Wahl dar4Duale Reihe Innere Medizin – https://www.doi.org/10.1055/b-005-145255.

Therapie

Die Therapie einer Leberzirrhose besteht zunächst aus Allgemeinmaßnahmen wie dem Verzicht auf leberschädigende Stoffe wie Alkohol oder lebertoxische Medikamente, einer ausgewogenen Diät mit einem Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag und einer Kalorienzufuhr von 2.000–3.000 kcal pro Tag. Je nach Ursache der Leberzirrhose oder Vorliegen einer Grunderkrankung sollten diese wie folgt ärztlich behandelt werden:

  • Alkoholische Leberzirrhose: Alkoholabstinenz
  • Virushepatitis (B, C und D): Antivirale Therapie
  • Autoimmunhepatitis: Gabe von Immunsuppressiva
  • Durch Giftstoffe oder Medikamente ausgelöste Leberzirrhose: Exposition gegenüber den Giftstoffen oder Einnahme der Medikamente vermeiden
  • Eisenüberlastung (Hämochromatose), Kupferüberlastung (Morbus Wilson) oder nichtalkoholische Fettlebererkrankung: Aderlass, Gabe von Penicillamin, Gewichtsabnahme oder Therapie eines Diabetes mellitus
  • Leberzirrhose durch Gallenstauung: Beseitigung des Gallenstaus

Auch Komplikationen wie Bluthochdruck in der Pfortader, Bauchwassersucht (Aszites), das hepatorenale Syndrom und Funktionsstörungen des Gehirns (hepatische Enzephalopathien) sollten wenn möglich behandelt werden. Es sollten halbjährlich Ultraschalluntersuchungen zur Kontrolle durchgeführt werden, um Leberkarzinome frühzeitig zu erkennen und möglicherweise durch Entfernen des betroffenen Lebergewebes zu behandeln. Die Lebertransplantation stellt eine Behandlungsmöglichkeit für Endstadien der Leberzirrhose dar, die mit anderen Methoden nicht mehr effektiv behandelbar sind. Zirrhosen, die für eine Lebertransplantation infrage kommen, sind kryptogene, autoimmun oder alkoholisch bedingte, und durch Hepatitis-B- und Hepatitis-C-Viren ausgelöste Leberzirrhosen. Bei Patienten mit Hepatitis B darf jedoch vor einer Transplantation keine Virus-DNA im Blut nachweisbar sein. Die Selektion der Patienten für eine Lebertransplantation richtet sich nach dem MELD-Score, der eine gewisse Einschätzung der Prognose für das kurzfristige Überleben der Patienten zulässt5Duale Reihe Innere Medizin – https://www.doi.org/10.1055/b-005-145255.

Zudem gibt es Ausschlusskriterien für bestimmte Arten der Leberzirrhose. So wird bei alkoholbedingter Leberzirrhose eine sechsmonatige Abstinenz vor Aufnahme auf die Warteliste gefordert6Alkoholabstinenz vor Lebertransplantation – https://www.aerzteblatt.de/archiv/173192/Alkoholabstinenz-vor-Lebertransplantation – Abgerufen am 18.08.2022.

Prognose der Leberzirrhose

Die 5-Jahres-Überlebensrate bei Leberzirrhose beträgt rund 50 %. Der Verlauf wird durch die auftretenden Komplikationen bestimmt. Häufigste Todesursachen sind die Leberinsuffizienz, das Leberzellkarzinom oder ein Karzinom der Gallengänge, gefolgt von Varizenblutungen, beispielsweise von Ösophagusvarizen. Bei alkoholbedingter Leberzirrhose ist die Alkoholabstinenz entscheidend.

Trinken Betroffene weiter, insbesondere wenn bereits Komplikationen eingetreten sind, ist deren Prognose deutlich schlechter als bei abstinenten Patienten. Neue antivirale Therapien haben die Prognose von Patienten mit einer Leberzirrhose aufgrund einer Virushepatitis deutlich verbessert. Kann die Ursache der Leberzirrhose kausal therapiert oder geheilt werden, kann sich eine Leberzirrhose grundsätzlich auch wieder zurückbilden.

Beispielsweise wurden Besserungen des Grades des bindegewebigen Umbaus der Leber unter erfolgreicher Therapie von viral ausgelösten Zirrhosen beobachtet7Duale Reihe Innere Medizin – https://www.doi.org/10.1055/b-005-145255.

Quellen & Verweise[+]

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