Dr Sören Reinhard

Dr. Sören Reinhard

Dr. Sören Reinhard ist Diplom-Lebensmittel­chemiker mit Berufserfahrung in Industrie und Wissenschaft. Seiner Promotion im Fach Pharmazeutische Biologie in München schloss sich ein Forschungsaufenthalt in den USA im Bereich Bioingenieurwesen an. Seit 2019 arbeitet er als freiberuflicher Autor und behandelt Themen der Gesundheit, Ernährung und Medizin.

Eine Lungenentzündung (Pneumonie) ist eine akute Entzündung des Lungengewebes. Eingeteilt werden Lungenentzündungen üblicherweise anhand des Orts wo sie erworben wurden (beispielsweise im Krankenhaus oder während einer Beatmung). Meist lösen Bakterien eine Lungenentzündung aus, seltener ist eine Pneumonie auf Viren oder Pilze zurückzuführen. Die Symptome einer Pneumonie können sehr unterschiedlich sein.

Typische Lungenentzündungen verlaufen meist mit Fieber, Husten und Auswurf. Pneumonien können mit erheblichen Komplikationen, beispielsweise Blutvergiftungen oder Lungenversagen einhergehen. Die Therapie einer Pneumonie umfasst neben allgemeinen Maßnahmen wie Schonung, Atemtherapie, Flüssigkeitszufuhr, Fiebersenkung und schleimlösender Therapie auch eine frühzeitige kalkulierte Therapie mit Antibiotika, auch wenn der Nachweis der Erreger noch nicht vorliegt1Duale Reihe Medizinische Mikrobiologie – https://www.doi.org/10.1055/b000000575.

Einteilung, Ursachen und Verbreitung der Lungenentzündung

Eine Einteilung von Lungenentzündungen kann anhand des Orts, an dem die Infektion  erworben wurde, getroffen werden:

  • Ambulant erworbene Pneumonien (englisch: Community-acquired Pneumonia, CAP): Hierunter fallen auch Infektionen, die innerhalb von weniger als 48 Stunden nach stationärer Aufnahmen auftreten.
  • Im Krankenhaus erworbene Pneumonien (nosokomialen Pneumonien, englisch: Hospital-acquired Pneumonia, HAP): So werden Lungenentzündungen bezeichnet, die nach mehr als 48–72 Stunden nach Krankenhausaufnahme auftreten.
  • Beatmungsassoziierte Pneumonien (englisch: Ventilator-associated Pneumonia, VAP): Die VAP ist eine Sonderform der HAP, die im Rahmen einer maschinellen Beatmung im Krankenhaus erworben wurde. Hier wirkt begünstigend, dass im geschlossenen Beatmungssystem Bakterien gute Wachstumsbedingungen finden und durch Störungen des Abhustens Bakterien verstärkt in den Atemwegen verbleiben.

Diese Unterscheidung ist insofern sinnvoll, als es typische Erreger für die entsprechenden Orte des Erwerbs der Infektionen gibt. Dementsprechend kann die kalkulierte Antibiotikatherapie anhand dieser Einteilung an die wahrscheinlichsten Erreger angepasst werden. Ambulant erworbene Pneumonien (CAP) werden typischerweise durch Bakterien (Haemophilus influenzae, Pneumokokken, Staphylococcus aureus) ausgelöst, atypische Erreger sind Mykoplasmen und Viren wie RSV, Influenza- oder Adenoviren). Im Krankenhaus erworbene Lungenentzündungen (HAP) werden häufig durch sogenannte gramnegative Bakterien (Enterobacter spp., Klebsiella pneumoniae, E. coli, Serratia spp., Pseudomonas spp.) oder Staph. aureus ausgelöst.

Pilze und Viren sind bei im Krankenhaus erworbenen Lungenentzündungen eher selten, können aber bei immungeschwächten Patienten als potenzielle Auslöser in Frage kommen. In den letzten Jahren wurden besonders bei jungen, ansonsten gesunden Patienten vermehrt schwere Pneumonien nach Infektionen mit Influenzaviren beobachtet2Kurzlehrbuch Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie – https://www.doi.org/10.1055/b-006-149436.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO gehören Lungenentzündungen zu den häufigsten Todesursachen weltweit. Rund 14% aller Tode von Kindern unter 5 Jahren werden durch Lungenentzündungen verursacht. Besonders betroffen sind Südasien und Afrika südlich der Sahara. Zu den Risikofaktoren für den Erwerb einer Lungenentzündung gehören unter anderem:

  • Geschwächtes Immunsystem, beispielsweise durch Alter, Vorerkrankungen, immunsuppressive Therapien oder Mangelernährung
  • Luftverschmutzung im Freien oder in Innenräumen
  • Rauchen3Pneumonia – https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/pneumonia – Abgerufen am 12.07.2022

Weitere Formen der Lungenentzündung

Zu den weiteren Formen von Lungenentzündungen gehören beispielsweise die durch Einatmen von (flüssigem oder festem) Fremdmaterial entstehende Aspirationspneumonie oder die auch in Deutschland gehäuft auftretende Legionellen-Pneumonie, die durch kontaminierte Warmwasseranlagen übertragen wird. Coronavirus-Infektionen, in der Vergangenheit ausgelöst durch SARS-CoV-1 (ab 2002), MERS-CoV (ab 2012) und SARS-CoV-2 (ab 2019) können bei schweren Verläufen zu den Krankheitsbildern SARS (schweres akutes respiratorisches Syndrom) oder MERS (Middle East Respiratory Syndrome) mit Lungenentzündungen bis hin zu einem beatmungspflichtigen akuten Lungenversagen (Acute Respiratory Distress Syndrome, ARDS) führen4Kurzlehrbuch Innere Medizin – https://www.doi.org/10.1055/b000000422)). Obgleich eine Covid-19-Erkrankung nach Infektion mit SARS-CoV-2 zu einer Pneumonie führen kann, wird zumindest mancherorts von sinkenden Fallzahlen von ambulant oder im Krankenhaus erworbenen Pneumonien berichtet.

Diese Beobachtung wurde auf die vielerorts eingesetzten Schutzmaßnahmen im Rahmen der COVID-19-Pandemie wie Abstandsgebote oder Maskenpflicht zurückgeführt, die auch für das Infektionsgeschehen von anderen Erregern eine Rolle spielen können((The COVID-19 Pandemic and the Incidence of the Non-COVID-19 Pneumonia in Adults – https://www.doi.org/10.3389/fmed.2021.737999
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Symptome und Diagnostik der Lungenentzündung

Die typische Pneumonie, meist durch Bakterien wie Pneumokokken ausgelöst, äußert sich durch:

  • Fieber mit Schüttelfrost
  • Atembeschwerden (Dyspnoe)
  • Starker Husten mit reichlich eitrigem Auswurf
  • Schweres Krankheitsgefühl

Bei einer typischen Lungenentzündung handelt es sich meist um eine Lobärpneumonie, also eine akute Lungenentzündung die einen kompletter Lungenlappen oder Lungensegment betrifft. Eine begleitend auftretende Brustfellentzündung (Pleuritis) kann zu Schmerzen beim Atmen führen.

Die atypische Pneumonie, die vor allem durch Mykoplasmen, Chlamydien oder Legionellen ausgelöst wird, beginnt langsam und äußert sich mit milderen Symptomen wie:

  • Kopf- und Gliederschmerzen
  • Leichtes Fieber
  • Trockener Husten mit wenig Auswurf
  • Nur mäßig beeinträchtigtes Allgemeinbefinden

Bei einer atypischen Lungenentzündung handelt es sich meist um eine interstitielle Pneumonie, also eine Entzündung die das Bindegewebe der Lunge betrifft.

Zunächst erfolgt eine allgemeine Diagnostik, bei der neben der Abfrage von typischen Symptomen eine Analyse der Atmung erfolgt. Als bildgebende Verfahren kommen Röntgen oder besser computertomographische Verfahren (CT) zum Einsatz. Hier können auch typische von atypischen Pneumonien unterschieden werden. Im Rahmen einer Blutuntersuchung wird auf Entzündungsparameter geachtet, die je nach Schwere der Erkrankung deutlich erhöht sein können.

Zur Bestimmung der Krankheitserreger eignet sich Sputum oder Sekret aus der Luftröhre. Der Nachweis eines Erregers heißt jedoch nicht zwangsläufig, dass dieser auch an der Infektion beteiligt ist. Neben klassischen Nachweisen über das Anzüchten von Bakterienkulturen aus Probenmaterial kommen auch molekularbiologische Verfahren oder Antikörpernachweise für bestimmte Erreger zum Einsatz. Auch eine Blutkultur, also eine mikrobiologische Untersuchung des Blutes sollte zur Abklärung einer Pneumonie durchgeführt werden5Duale Reihe Medizinische Mikrobiologie – https://www.doi.org/10.1055/b000000575.

Behandlung der Lungenentzündung

Lungenentzündung - Ursachen, Symptome und Behandlung

Zu Beginn der Therapie einer Lungenentzündung sollte vom behandelnden Arzt beurteilt werden, ob eine stationäre Behandlung im Krankenhaus erforderlich ist. Die Schwere der Erkrankung kann mit dem CRB-65-Score bewertet werden, wobei Bewusstseinseintrübungen, Blutdruck, Atemfrequenz und Alter eine Rolle spielen. Eine Behandlung der Lungenentzündung kann unter anderem aus folgenden Allgemeinmaßnahmen bestehen:

  • Körperliche Schonung
  • Ausreichende Flüssigkeitszufuhr, gegebenenfalls mittels Infusionen
  • Fiebersenkung (z. B. mit Paracetamol und/oder Wadenwickel)
  • Inhalationsbehandlung (z. B. mit Kochsalzlösung)
  • Atemgymnastik
  • Bei vermindertem Sauerstoffgehalt des Blutes kann eine Sauerstoffgabe erfolgen. Bei fehlender Besserung frühzeitige Beatmung.
  • Gegebenenfalls Behandlung einer Verengung oder Blockade der Atemwege6Checkliste Innere Medizin – https://www.doi.org/10.1055/b-003-104359.

Die wichtigste therapeutische Maßnahme bei bakteriellen Lungenentzündungen ist eine Antibiotikatherapie. Diese kalkulierte Behandlung mit Antibiotika richtet sich nach dem wahrscheinlichsten Erregerspektrum und sollte durch diagnostische Maßnahmen nicht verzögert werden. Folgende Faktoren beeinflussen die Wahl des Antibiotikums durch den behandelnden Arzt:

  • Evtl. vorausgegangene Antibiotikatherapien
  • Begleit- oder Grunderkrankungen
  • Schwere der Erkrankung
  • Ort der Infektion, da ambulant, im Krankenhaus oder während einer Beatmung erworbene Pneumonien oft durch spezifische Erreger verursacht werden.
  • Lokale Erreger- bzw. Resistenzsituation, beispielsweise örtlich oder zeitlich gehäuftes Auftreten einer bestimmten Infektion.

Beispielsweise kann eine frühe im Krankenhaus erworbene Pneumonie (innerhalb der ersten drei bis fünf stationären Tage) theoretisch auch ambulant erworben sein und erst im Krankenhaus ausbrechen. In dem Fall muss eine Antibiotikatherapie beide Erregerspektren abdecken7Kurzlehrbuch Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie – https://www.doi.org/10.1055/b-006-149436.

Prognose und Prävention der Lungenentzündung

Die Prognose von Patienten mit ambulant erworbenen Pneumonien ist relativ gut. Nur 15 % dieser Patienten benötigen eine stationäre Behandlung, die Wahrscheinlichkeit an der Lungenentzündung zu sterben liegt bei ca. 1 %. Bei im Krankenhaus oder während einer Beatmung erworbenen Lungenentzündungen sind die Prognosen deutlich schlechter.

Bis zu 20% aller Patienten auf Intensivstationen sterben an einer dort erworbenen Lungenentzündung, was sie zu einer der häufigsten Todesursachen bei diesen Patienten macht8Kurzlehrbuch Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie – https://www.doi.org/10.1055/b-006-149436. Bestimmte Arten von Pneumonien weisen weitere Besonderheiten in den Verläufen auf. So steigt die Sterblichkeit bei einer Pneumokokkenpneumonie von ca. 5 % auf über 20% wenn eine Blutvergiftung (Sepsis) vorliegt. Durch Viren ausgelöste Lungenentzündung können auch bei sonst gesunden Patienten schwere Verläufe auslösen, besonders wenn sie mit zusätzlicher bakterieller Infektion (Superinfektion) einhergehen.

Lösen Legionellen die Lungenentzündungen aus, sind diese besonders für immunschwache Menschen sehr gefährlich mit Sterblichkeitsraten von bis zu 80% statt ca. 5% in der Allgemeinbevölkerung9Checkliste Innere Medizin – https://www.doi.org/10.1055/b-003-104359. Die Prävention von im Krankenhaus erworbenen Pneumonien sollte Teil des Hygienekonzepts des Krankenhauses sein. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt zudem eine Pneumokokkenimpfung als Prävention der häufigsten Ursache einer Lungenentzündung. Die Grundimmunisierung wird bereits im ersten Lebensjahr empfohlen. Bei bisher Nicht-Geimpften wird eine Pneumokokkenimpfung empfohlen bei:

  • Alter über 60 Jahre
  • Nach operativer  Entfernung der Milz (Splenektomie)
  • Allen Patienten über 2 Jahren, die unter einer chronischen Herz-, Lungen-, Leber- oder Nierenerkrankung leiden oder eine Erkrankung des Blutes, einen Immundefekt oder HIV aufweisen.
  • Knochenmarks- und Organtransplantationsempfängern
  • Patienten mit Langzeitimmunsuppression
  • Patienten in Langzeitpflegeeinrichtungen

Wiederholungsimpfungen alle 5 Jahre werden für Personen empfohlen, die ein hohes Risiko für eine durch Pneumokokken ausgelöste Blutvergiftung oder Hirnhautentzündung aufweisen,  beispielsweise bei angeborenen oder erworbenen Immundefekten oder chronischen Nierenerkrankungen10Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut 2022 – https://www.doi.org/10.25646/9285.2.

Quellen & Verweise[+]

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