Die Meningitis (Hirnhautentzündung) ist eine Erkrankung der weichen Hirnhäute (Meningen). Es werden bakterielle Meningitiden von viralen (aseptischen) Meningitiden unterschieden.
Die Erkrankung kann akut oder chronisch verlaufen. Die akuten bakteriellen Hirnhautentzündungen werden durch eine Reihe verschiedener Erreger ausgelöst, welche die Hirnhäute über den Blutweg, im Rahmen einer fortgeleiteten Entzündung oder durch eine direkte Kontamination infizieren können. Je nach Alter der Betroffenen finden sich meist charakteristische Erreger. Typische akut auftretende Symptome sind starke Kopfschmerzen, Fieber und Nackensteifigkeit (Meningismus), jedoch können sich eine Reihe weiterer Symptome entwickeln.
Ein sofortiger Therapiebeginn mit einer antibiotischen Medikation ist von größter Wichtigkeit und bestimmt maßgeblich die Prognose der Erkrankung. Die Prognose unterscheidet sich zudem in Abhängigkeit vom Erreger. Die Sterblichkeitsraten liegen zum Teil über einem Drittel und in manchen Fällen bleiben neurologische Schäden zurück.
Akute virale Meningitiden werden ebenfalls durch verschiedene Erreger verursacht und setzen meist akut mit grippalen Symptomen, Magen-Darm-Beschwerden, Kopfschmerz, Fieber und einem oft nur leichten Meningismus ein. Auch treten unspezifische Symptome wie Müdigkeit und Muskelschmerzen auf. Der Spontanverlauf ist fast immer günstig, sofern das Gehirn nicht ebenfalls betroffen ist1Kurzlehrbuch Neurologie – https://www.doi.org/10.1055/b000000093.
Verbreitung der Meningitis
Die Häufigkeit der bakteriellen Meningitis wird in Deutschland mit jährlich 1 bis 10 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner angegeben. Die virale Meningitis liegt bei etwa 20 Fällen pro 100.000 Einwohner pro Jahr. Weltweit sind keine genauen Zahlen bekannt. Die Häufigkeit der am besten untersuchten Meningokokken-Meningitis wird pro Jahr weltweit auf 0,5 Fälle pro 100.000 Personen geschätzt.
Meningitiden treten häufig im Rahmen von Epidemien auf, die es in den vergangenen Jahrzehnten im sogenannten Meningitisgürtel der Subsaharazone und in Asien gab. Während der Trockenzeit wurden hier Erkrankungsraten von 800/100.000 Einwohner pro Jahr berichtet. In Europa und Nordamerika treten die meisten Meningokokken-Meningitiden von Januar bis März auf (30 bis 40% der Erkrankungen).
Eine Meningitis kann in jedem Lebensalter auftreten, jedoch mit zwei Häufigkeitsgipfeln. Die höchsten Inzidenzen werden im ersten und zweiten Lebensjahr mit rund 5-7 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner beobachtet. Weiterhin erkranken Jugendliche zwischen 15 und 19 Jahren vermehrt an Meningitis. In diesem Altersabschnitt liegt die Häufigkeit etwa 3-fach höher als die Gesamtinzidenz2Meningitis – https://www.gelbe-liste.de/krankheiten/meningitis – Abgerufen am 09.10.2022.
Ursachen der Meningitis
Die Erreger und Infektionswege sind abhängig von der Form der Meningitis
Erreger und Infektionswege der akuten bakteriellen Meningitiden
Die akuten bakteriellen Hirnhautentzündungen werden durch eine Reihe von Erregern ausgelöst, welche die Hirnhäute auf unterschiedlichen Wegen infizieren können:
- Hämatogen, also durch Erreger im Blut verursacht. Solche Infektionen können beispielsweise im Rahmen einer Entzündung der Herzinnenhaut (Endokarditis) auftreten.
- Durch eine fortgeleitete Infektion, zumeist aus dem Mittelohr oder den Nasennebenhöhlen.
- Durch direkte Kontamination, beispielsweise bei offener Hirnverletzung, neurochirurgischem Eingriff oder über eine Liquorfistel.
Folgende Erreger sind für die akuten eitrigen Meningitiden am häufigsten verantwortlich:
- Bei Neugeborenen: Escherichia coli, Streptokokken und Listeria monocytogenes
- Bei Kindern: Haemophilus influenzae, Pneumokokken und Meningokokken (Neisseria meningitidis)
- Bei Erwachsenen: Pneumokokken und Meningokokken, Haemophilus influenzae, seltener Staphylokokken und gramnegative Bakterien (z.B. Enterobacteriaceae). Bei über 60-jährigen Patienten zusätzlich Listeria monocytogenes.
Säuglinge werden hierzulande in der Regel gegen Haemophilus influenzae und Pneumokokken geimpft. Für Kleinkinder und Erwachsene mit erhöhtem Risiko einer Hirnhautentzündung sind Impfungen gegen Pneumokokken und Meningokokken empfohlen. Dafür steht seit 2019 ein quadrivalenter Impfstoff gegen vier Serogruppen zur Verfügung.
Impfempfehlungen werde in Deutschland von der STIKO (Ständige Impfkommission), in der Schweiz vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) und in Österreich vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) veröffentlicht3Kurzlehrbuch Neurologie – https://www.doi.org/10.1055/b000000093.
Virale Meningitiden können von verschiedenen Viren verursacht sein und führen zum Bild der lymphozytären Meningitis, die auch aseptische Meningitis genannt wird. Die häufigsten Erreger sind Enteroviren (Polio- und Coxsackieviren), Arboviren und HIV. Seltener sind das lymphozytäre Choriomeningitisvirus (LCMV), das Mumps-, Zytomegalie-, Epstein-Barr-, Herpes-Typ-II- oder das Influenza-Virus4Kurzlehrbuch Neurologie – https://www.doi.org/10.1055/b000000093.
Erreger und Infektionswege der chronischen Meningitiden
Chronische Meningen entstehen meist im Rahmen einer Besiedlung des Bluts durch das Mycobacterium tuberculosis entweder direkt aus einer Erstinfektion (frühe Generalisation) oder aus einem bereits an Tuberkulose erkrankten inneren Organ (späte Generalisation). Bei der späten Generalisation können die ursprünglich betroffenen Organe klinisch unauffällig sein5Kurzlehrbuch Neurologie – https://www.doi.org/10.1055/b000000093.
Symptome der Meningitis
Wie auch bei den Ursachen der Meningitiden unterscheiden sich die Symptome je nach Form der Erkrankung.
Symptome der akuten bakteriellen Meningitiden
Der Beginn einer bakteriellen Meningitis ist meist akut und führt innerhalb kürzester Zeit zu einem schweren Krankheitsbild, meist mit hohem Fieber und Erbrechen. Für die Prognose ist ein schnellstmöglicher Beginn der antibiotischen Therapie entscheidend. Charakteristische Symptome werden unter dem meningitischen Syndrom zusammengefasst. Zu ihnen gehören:
- Kopfschmerzen
- Fieber, das jedoch bei alten und immungeschwächten Patienten weitgehend fehlen kann
- Übelkeit und Erbrechen als Folge des Druckanstiegs innerhalb des Schädels
- Nackensteifigkeit (Meningismus), in schweren Fällen spontane, zurückgebogene Haltung des Kopfes bis hin zur krampfhaften Überstreckung.
Ein ärztlicher Untersucher kann mit bestimmten Manövern die folgenden Dehnungszeichen des Nackens erkennen, die auf eine Meningitis hindeuten:
- Lasègue-Zeichen: In Rückenlage wird das gestreckte Bein im Hüftgelenk passiv gebeugt. Der Test deutet auf die Erkrankung hin, wenn bei Beugung um bis zu 45° Schmerzen in das Bein einschießen.
- Brudzinski-Zeichen: In Rückenlage wird der Kopf passiv vorgebeugt. Der Test deutet auf die Erkrankung hin, wenn reflektorisch die Beine angewinkelt werden.
- Kernig-Zeichen: In Rückenlage werden die gestreckten Beine angehoben. Der Test deutet auf die Erkrankung hin, wenn die Beine reflektorisch im Kniegelenk gebeugt werden.
- Head Jolt-Test: Der Arzt rotiert den Kopf des liegenden Patienten ruckartig 2- bis 3-mal pro Sekunde. Der Test deutet auf die Erkrankung hin, wenn sich die Kopfschmerzen dabei verstärken.
Zusätzlich zum meningitischen Syndrom können sich im Verlauf einer eitrigen Meningitis je nach Erreger folgende Symptome finden:
- Muskelschmerzen (Myalgien) und Rückenschmerzen
- Lichtscheu (Photophobie)
- Epileptische Anfälle
- Hirnnervenausfälle: In 10–20% der Fälle, gelegentlich dauerhafte Taubheit, insbesondere nach Pneumokokkeninfektion
- Unterschiedlich ausgeprägte Bewusstseinsstörungen
- Bei einer Infektion mit Neisseria meningitidis evtl. stecknadelkopfgroße Hautblutungen (Petechien) oder blutende Gewebeschädigungen der Nebennierenrinde (Waterhouse-Friderichsen-Syndrom) infolge eines Schocks durch von Bakterien beim Absterben und Zerfall freigesetzten Giftstoffen, sogenannten Endotoxinen6Kurzlehrbuch Neurologie – https://www.doi.org/10.1055/b000000093.
Die virale akute Meningitis setzt meist akut, seltener subakut oder nach einem unspezifischen Vorstadium mit grippalen Symptomen und Magen-Darm-Beschwerden ein. Kopfschmerz und Fieber stehen als Symptome im Vordergrund, die Nackensteifigkeit ist oft nur leicht ausgeprägt. Weiterhin können unspezifische Allgemeinsymptome wie Müdigkeit und Muskelschmerzen auftreten7Kurzlehrbuch Neurologie – https://www.doi.org/10.1055/b000000093.
Symptome der chronischen Meningitiden
Die Symptome der chronischen Meningitis setzen meist schleichend ein. Häufig sind Fieberschübe und unspezifische Allgemeinsymptome, die jedoch nicht immer vorhanden sind. Der Entzündungsprozess spielt sich in der Regel an der Hirnbasis ab und wird daher auch als basale Meningitis bezeichnet.
Daher sind Ausfälle der Hirnnerven häufig. Insbesondere sind die Augenmuskelnerven und der Nervus facialis, der unter anderem die mimische Gesichtsmuskulatur innerviert, betroffen.
Weiterhin kann eine begleitende Entzündung der Hirnarterien (Arteriitis) zu ischämischen fokalen Infarkten führen, die begrenzte Bereiche betreffen und durch eine Verminderung der Durchblutung bestimmter Hirnareale verursacht werden. Typisch ist auch eine starke Eiweißvermehrung im Liquor (“Gehirnwasser”) zu beobachten. Eine Folge dieser Eiweißvermehrung ist die Verklebung der Hirnhäute und ein dadurch bedingter Hydrocephalus malresorptivus, der mit einer Erhöhung des Schädelinnendrucks einhergeht8Kurzlehrbuch Neurologie – https://www.doi.org/10.1055/b000000093.
Therapie und Prognose der Meningitis
Auch die Therapie von Meningitiden hängt von deren Form ab.
Therapie und Prognose der akuten bakteriellen Meningitiden
Die Therapie beginnt mit einer entsprechend der Erreger-Wahrscheinlichkeit gewählten Antibiotikagabe. Dabei kommen einzelne oder kombinierte Wirkstoffe zur Anwendung. Zusätzlich können Kortikosteroide wie Dexamethason zum Einsatz kommen, die den Krankheitsverlauf verbessern. Ist der Erreger im Blut oder Liquor identifiziert, können spezifisch wirksame Antibiotika eingesetzt werden.
Der Zeitraum bis zum Einsetzen der antibiotischen Therapie ist der entscheidendste Faktor für die Prognose einer bakteriellen Meningitis. Die Antibiotikatherapie wird daher bei klinischem Verdacht auf eine bakterielle Meningitis bereits vor Liquor- und Blutentnahme und vor CT oder MRT begonnen.
Die Prognose hängt vom Erreger ab. Bei Streptococcus pneumoniae kann die Sterblichkeitsrate ein Drittel übersteigen. Zum Teil bleiben neurologische Schäden oder Schwerhörigkeit zurück. Säuglinge werden in der Regel gegen Haemophilus influenzae und Pneumokokken geimpft. Auch für Kleinkinder und Erwachsene mit erhöhtem Risiko sind Impfungen gegen Pneumokokken und Meningokokken empfohlen9Kurzlehrbuch Neurologie – https://www.doi.org/10.1055/b000000093.
Der Spontanverlauf einer akuten viralen Meningitis ist, sofern das Gehirn nicht betroffen ist, fast immer günstig. Zurückbleibende Störungen wie eine dauerhafte Taubheit sind selten. Sofern die Identifikation des verursachenden Virus gelingt und eine Therapie sinnvoll oder möglich ist, wird entsprechend dem Erreger therapiert. Hier kommen Virustatika, z.B. Aciclovir bei Herpes-simplex-Viren und Varizella-Zoster-Viren, zum Einsatz10Kurzlehrbuch Neurologie – https://www.doi.org/10.1055/b000000093.
Therapie und Prognose der chronischen Meningitiden
Man beginnt in der Regel mit einer Viererkombination an Antibiotika, die gegen das Mycobacterium tuberculosis wirksam ist, gefolgt von einer Dreier- und später einer Zweierkombination. Die Therapiedauer beträgt insgesamt meist mindestens ein Jahr. Ohne die Therapie ist der Verlauf tödlich. Eine Tuberkulose ist bereits bei Verdacht meldepflichtig11Kurzlehrbuch Neurologie – https://www.doi.org/10.1055/b000000093.
Quellen & Verweise