Dr Sören Reinhard

Dr. Sören Reinhard

Dr. Sören Reinhard ist Diplom-Lebensmittel­chemiker mit Berufserfahrung in Industrie und Wissenschaft. Seiner Promotion im Fach Pharmazeutische Biologie in München schloss sich ein Forschungsaufenthalt in den USA im Bereich Bioingenieurwesen an. Seit 2019 arbeitet er als freiberuflicher Autor und behandelt Themen der Gesundheit, Ernährung und Medizin.

Die Weißfleckenkrankheit (Vitiligo) bezeichnet eine schubweise verlaufende, lokalisiert oder ausgebreitet auftretende, verminderte oder fehlende Färbung (Hypo- bzw. Depigmentierung) der Haut und Haare. Vitiligo ist eine der häufigsten erworbenen Hypopigmentierungen mit einer Häufigkeit in Europa von rund 1 %. Die Erkrankung tritt häufig im Kindesalter in Erscheinung. Die Weißfleckenkrankheit tritt familiär gehäuft auf, wobei der Mechanismus der Krankheitsentstehung weitgehend unklar ist. Es werden verschiedene Ursachen diskutiert. Vitiligoflecken können durch mechanische Reize und Traumata getriggert werden. Es handelt sich bei den Flecken um scharf begrenzte, rundliche bis ovale, vermindert gefärbte oder entfärbte Hautareale. Die klinische Ausprägung ist sehr variabel und kann von einzelnen, lokalisierten Flecken bis hin zu generalisierten Formen reichen. Der Verlauf ist meist schubweise und häufig kommt es zu einer spontanen Rückfärbung der Haut. Therapie der Wahl ist häufig die UV-Therapie, mit der sowohl eine Unterdrückung des Immunsystems als auch eine Stimulation der verbliebenen pigmentbildenden Zellen (Melanozyten) erreicht werden kann. Weitere Therapiemöglichkeiten bestehen oder sind Gegenstand aktueller Forschung1Kurzlehrbuch Dermatologie – https://www.doi.org/10.1055/b000000823.

Verbreitung der Weißfleckenkrankheit

Vitiligo ist die häufigste Pigmentierungsstörung weltweit. Die Häufigkeit der Weißfleckenkrankheit wird meist mit 0,5-1 % der Weltbevölkerung angegeben, obwohl die genaue Prävalenz schwer zu schätzen ist. Teilweise werden extrem hohe Raten von bis zu 8,8% in Indien berichtet. Erwachsene und Kinder sind geschlechtsunabhängig betroffen. Dennoch sind Frauen und Mädchen häufiger in Behandlung, was möglicherweise auf größere soziale Auswirkungen bei weiblichen Betroffenen zurückzuführen ist. Die nicht-segmentale Vitiligo, die 85-95% der Fälle ausmacht, entwickelt sich in jedem Alter, tritt jedoch in der Regel bei jungen Menschen im Alter zwischen 10 Jahren und 30 Jahren auf. Fast die Hälfte der Fälle tritt schätzungsweise vor dem Alter von 20 Jahren auf. Vitiligo im Kindesalter (vor dem Alter von 12 Jahren) ist ebenfalls häufig und betrifft 32-37 % der Patienten2Vitiligo – https://www.doi.org/10.1016/s0140-6736(14)60763-7.

Entstehung der Weißfleckenkrankheit

Es gibt eine Reihe von Hypothesen zur Krankheitsentstehung der Weißfleckenkrankheit. Diskutiert werden eine Rolle des Nervensystems, mikrovaskuläre Anomalien, Schädigungen von pigmentbildenden Zellen (Melanozyten) beispielsweise durch oxidativen Stress, Defekte in der Melanozytenanhaftung, autoimmune Prozesse und genetische Einflüsse. Für einige gibt es starke Belege, während andere relativ unbewiesen sind, aber weiterhin diskutiert werden. Einige der Hypothesen werden im Folgenden kurz beschrieben:

  • Neurogene Entstehung: Die Hypothese, dass die Innervation eines Hautareals die Pigmentierung beeinflusst, basiert auf einigen weitgehend unbewiesenen Beobachtungen. Womöglich soll die Freisetzung von Freisetzung von Mediatoren (beispielsweise Neuropeptiden) aus Nervenzellen die Pigmentierung in Melanozyten stören.
  • Autoimmune Entstehung: Die Theorie der Autoimmunität besagt, dass selbstreaktive Immunzellen Melanozyten angreifen, was zu deren Absterben in der Haut führt und eine Depigmentierung zur Folge hat. Obwohl Autoantikörper gegen Melanozyten identifiziert wurden und daher eine autoimmune Komponente bei der Krankheitsentwicklung wahrscheinlich ist, geht man heute davon aus, dass Autoantikörper wahrscheinlich nicht die Hauptursache der Krankheit sind, da die Antikörperspiegel nicht mit dem Schweregrad der Erkrankung korrelieren und die Antikörper im ganzen Körper verteilt und nicht in den betroffenen Hautarealen konzentriert sind.
  • Degenerative Entstehung: Diese Hypothese beruht auf der Vorstellung, dass ein intrinsischer Defekt in den Melanozyten zu deren Verlust in der Haut führt und damit die Depigmentierung verursacht wird. Obwohl es eindeutige Hinweise gibt, dass Melanozyten innerhalb der Flecken verändert sind und beispielsweise anfälliger für reaktive Sauerstoffspezies sind, ist die Vorstellung, dass Vitiligo ausschließlich aufgrund einer Schädigung der Melanozyten entsteht, unwahrscheinlich.
  • Gestörte Anhaftung von Melanozyten: Diese Hypothese besagt, dass Melanozyten ihre Fähigkeit zur Anhaftung an die Haut verlieren oder diese vermindert ist und daher Melanozyten leicht durch oxidativen Stress oder mechanischem Druck, wie Reibung durch Kleidung oder Traumata, aus den betroffenen Hautarealen entfernt werden. Die derzeit verfügbaren Daten unterstützen zumindest eine nicht unerhebliche Rolle der fehlenden Melanozytenanhaftung in der Entstehung der Weißfleckenkrankheit.
  • Genetische Einflüsse: Die Genetik beeinflusst eindeutig das Risiko, an Vitiligo zu erkranken. Dennoch sollte sie nicht als eigenständige Theorie bezeichnet werden. Genetische Variationen beeinflussen alle Signalwege im Körper, einschließlich der Immunologie, Stress und Anhaftung der Melanozyten. Neben genetischen Einflüssen spielen auch Umwelteinflüsse und zufällige Ereignisse bei der Krankheitsentwicklung eine Rolle. Darauf deutet die Tatsache hin, dass eineiige Zwillinge in nur 23 % bis 26 % der Fälle beide eine Weißfleckenkrankheit entwickeln. Würde die Krankheitsentstehung nur durch die Genetik beeinflusst, wäre dieser Wert deutlich höher.

Vermutlich spielen verschiedene Mechanismen zusammen eine Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung der Erkrankung3Translational Research in Vitiligo – https://www.doi.org/10.3389/fimmu.2021.624517.

Symptome der Weißfleckenkrankheit

Weißfleckenkrankheit - Ursachen, Symptome und Behandlung

Im Jahr 2011 wurde die segmentale Vitiligo (SV) in einem internationalen Konsens getrennt von allen anderen Formen der Vitiligo klassifiziert. Der Begriff Vitiligo bezeichnet nach dem Konsens alle Formen der nicht-segmentalen Vitiligo (NSV). Die Abgrenzung der SV von anderen Vitiligo-Typen war eine der wichtigsten Entscheidungen des Konsenses, vor allem wegen ihrer prognostischen Bedeutung.

  • Nicht-segmentale Vitiligo (NSV): Die NSV umfasst die akrofazialen, mukosalen, generalisierten, universellen, gemischten und seltenen Varianten. Generalisierte und akrofaziale Vitiligo sind die häufigsten Subtypen. Die generalisierte Vitiligo ist durch beidseitige, oft symmetrische, depigmentierte Flecken gekennzeichnet, die in zufälliger Verteilung auf der gesamten Körperoberfläche auftreten. Sie betrifft häufig Bereiche, die Druck, Reibung und/oder Traumata ausgesetzt sind oder waren. Die akrofaziale Vitiligo ist durch depigmentierte Flecken gekennzeichnet, die auf die distalen Extremitäten und/oder das Gesicht beschränkt sind. Ein charakteristisches Merkmal ist die Depigmentierung der distalen Finger und der Gesichtsöffnungen. Bei der Schleimhautvitiligo sind in der Regel die Mund- und/oder Genitalschleimhäute betroffen. Bei der Vitiligo universalis handelt es sich um eine vollständige oder nahezu vollständige Depigmentierung der Haut (80-90 % der Körperoberfläche). Häufig sind auch Haare von der Depigmentierung im Rahmen einer NSV betroffen.
  • Segmentale Vitiligo (SV): Bei dieser Form der Weißfleckenkrankheit treten depigmentierte Hautareale auf, die in einem segmentalen Muster verteilt sind. Es handelt sich um vollständig entfärbte, nicht schuppende, kreideweiße Herde mit deutlichen Rändern. Die depigmentierten Flecken sind in der Regel auf ein einziges Dermatom beschränkt, das teilweise oder vollständig betroffen ist. In mehr als 50 % der Fälle ist der Kopf betroffen. Bei SV breitet sich die Depigmentierung innerhalb des Segments über einen Zeitraum von 6-24 Monaten aus. Nach anfänglicher schneller Ausbreitung im betroffenen Dermatom bleibt das betroffene Hautareal meist stabil. Selten kann es nach einer mehrjährigen Ruhephase wieder zum Fortschreiten der Erkrankung kommen, wobei sich die weitere Ausbreitung meist auf dasselbe Dermatom beschränkt.

Die “gemischte Vitiligo”, bei der SV und NSV bei einem Patienten zusammen auftreten, wird als eine Untergruppe der NSV eingestuft4Vitiligo: A Review – https://www.doi.org/10.1159/000506103.

Therapie der Weißfleckenkrankheit

Die Behandlung der Weißfleckenkrankheit ist noch immer eine der schwierigsten dermatologischen Herausforderungen. Ein wichtiger Schritt bei der Behandlung von Vitiligo ist die Erkenntnis, dass es sich nicht nur um eine kosmetische Erkrankung handelt und dass es wirksame und nebenwirkungsarme Behandlungsmöglichkeiten gibt. Zu diesen Behandlungen gehören die Phototherapie mit UV-Licht, topische und systemische Immunsuppressiva und chirurgische Techniken, die zusammen dazu beitragen können, das Fortschreiten der Krankheit zu stoppen, entfärbte Stellen zu stabilisieren und die Repigmentierung anzuregen. Die Wahl der Behandlung hängt von mehreren Faktoren ab: dem Subtyp der Krankheit, dem Ausmaß, der Verteilung und der Aktivität der Krankheit sowie dem Alter des Patienten, dem Hauttyp, den Auswirkungen auf die Lebensqualität und der Motivation für die Behandlung. Gesicht, Hals, Rumpf und mittlere Extremitäten sprechen am besten auf die Therapien an, während die Lippen und entfernten Extremitäten resistenter sind. Die Repigmentierung erfolgt meistens im äußeren Bereich der betroffenen Areale. Eine Therapie sollte mindestens über 2-3 Monate erfolgen, um die Wirksamkeit der Behandlung zu bestimmen. Die Behandlung erfordert einen personalisierten therapeutischen Ansatz, da die meisten therapeutischen Optionen zeitaufwendig sind und eine langfristige Nachsorge erfordern. Eine Beratung zur kosmetischen Abdeckung durch sollte angeboten werden und kann für Patienten mit Vitiligo an leicht sichtbaren Stellen von Vorteil sein. Zum Einsatz kommen Kosmetika wie Grundierungen und Selbstbräunungsprodukte. Auch eine psychologische Betreuung der Betroffenen kann oft hilfreich sein, um den Umgang mit der Weißfleckenkrankheit zu erleichtern5Vitiligo: A Review – https://www.doi.org/10.1159/000506103.

Im folgenden werden einige Therapieoptionen vorgestellt:

  • UV-Therapie: Auch Phototherapie genannt. Die UV-Therapie ist häufig die erste Therapie der Wahl. Durch die Bestrahlung mit UV-Licht kann sowohl eine Immunsuppression als auch eine Stimulation der verbliebenen Melanozyten (z. B. in den Haarfollikeln) erreicht werden. Je nach Laser und Wellenlänge des eingesetzten Lichts kann eine Ganzkörpertherapie oder eine lokalisierte UV-Therapie unter Aussparung der nicht betroffenen Haut erfolgen. Eine PUVA-Therapie (eine Kombination von einem Licht-Sensibilisator wie Psoralen und nachfolgender Bestrahlung mit langwelligem UV-Licht) kann zwar zu einer stärkeren Rückfärbung und Immunsuppression führen, erhöht aber auch das Risiko für UV-Schäden, die letztendlich zur Entwicklung von Hauttumoren beitragen können. Eine Kombination der Phototherapie mit anderen Therapien (beispielsweise Steroide) kann den therapeutischen Effekt verstärken.
  • Immunmodulatoren: Zu den neueren Therapeutika gehören immunsupprimierende Wirkstoffe, die lokal in Form von Salben aufgetragen oder systemisch eingenommen werden können und ebenfalls eine lokalisierte Repigmentierung erzeugen können.
  • Autologe Melanozytentransplantation: Eine alternative, invasivere Methode, bei der Melanozyten aus nicht betroffenen Arealen entnommen und in die betroffenen Bereiche verpflanzt werden. Diese Methode eignet sich aber nur für kleine Hautareale.

Alle aufgeführten Methoden führen zunächst zu einer unregelmäßigen Repigmentierung, gefolgt von einer langsamen und gleichmäßiger verlaufenden Rückfärbung. Neue Therapien zur Weißfleckenkrankheit sind Gegenstand aktueller Forschung6Kurzlehrbuch Dermatologie – https://www.doi.org/10.1055/b000000823.

Quellen & Verweise[+]

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