Dr Sören Reinhard

Dr. Sören Reinhard

Dr. Sören Reinhard ist Diplom-Lebensmittel­chemiker mit Berufserfahrung in Industrie und Wissenschaft. Seiner Promotion im Fach Pharmazeutische Biologie in München schloss sich ein Forschungsaufenthalt in den USA im Bereich Bioingenieurwesen an. Seit 2019 arbeitet er als freiberuflicher Autor und behandelt Themen der Gesundheit, Ernährung und Medizin.

Grüner Star (Glaukom) ist die Bezeichnung für eine Reihe von Erkrankungen mit unterschiedlichen Ursachen, die sich jedoch alle in einer Schädigung des Sehnervs äußern. Eine Schädigung des Sehnervs kann zu charakteristischen Ausfällen des Gesichtsfeldes führen, die jedoch meist erst im Spätstadium der Erkrankung auftreten. Unter Gesichtsfeldausfällen versteht man beispielsweise Farbveränderungen, Lichtblitze oder dunkle Flecken in einem Bereich der visuellen Wahrnehmung. Bei einem Glaukom treten die Gesichtsfeldausfälle meist bogenförmig am äußeren Rand der Wahrnehmung auf.

Häufig, aber nicht immer, geht das Glaukom auch mit einem erhöhten Augeninnendruck einher. Die Erkrankung kann letztendlich zur Erblindung des Auges führen, eine Heilung existiert bis dato nicht. Dennoch gibt es eine Reihe von Therapiemöglichkeiten, die das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen können. Bereits entstandene Schäden können jedoch nicht rückgängig gemacht werden, weshalb eine Früherkennung des Glaukoms eine der wichtigsten Aufgaben des öffentlichen Gesundheitswesens ist1Augenheilkunde – https://www.doi.org/10.1055/b-006-163269.

Einteilung, Ursachen und Verbreitung des Glaukoms

Das Glaukom stellt in Industrieländern die zweithäufigste Erblindungsursache nach Diabetes mellitus dar. Geschätzt 15 – 20% aller Erblindungen gehen auf ein Glaukom zurück. In der deutschen Bevölkerung sind rund 800.000 Menschen an Glaukom erkrankt und 80.000, also rund 10% davon, müssen mit einer Erblindung rechnen, wenn das Glaukom nicht rechtzeitig diagnostiziert und therapiert wird.

Eine erste Einteilung der Krankheit erfolgt in ein primäres Glaukom, bei dem die Krankheit alleine und nicht als Folge einer weiteren Augenerkrankung auftritt, und ein sekundäres Glaukom, wenn es in Folge einer anderen Grunderkrankung oder als Nebenwirkung einer Therapie entsteht. Weiterhin werden folgende Glaukomformen unterschieden:

  • Offenwinkelglaukom: Die häufigste Form des Glaukoms, über 90% aller Glaukome sind primäre Offenwinkelglaukome (2-4% sekundär). Offenwinkelglaukome zeichnen sich durch offenen Kammerwinkel mit Abflussbehinderung im Trabekelwerk aus.
  • Winkelblockglaukom: Etwa 5% der Glaukome sind primäre Winkelblockglaukome, (2–4% sekundär). Der Kammerwinkel ist anatomisch blockiert.
  • Kindliches Glaukom: Rund 1% aller Glaukome sind kindliche Glaukome. Hier ist der noch nicht ausdifferenziert, eine Abflussbehinderung des Kammerwassers besteht im Trabekelwerk.

Für das Verständnis der Einteilung der Erkrankung in das Winkelblockglaukom oder das sehr viel häufigere Offenwinkelglaukom ist es zunächst hilfreich, sich die Anatomie und die Physiologie des Auges klarzumachen2Augenheilkunde – https://www.doi.org/10.1055/b-006-163269.

Die Iris (Regenbogenhaut) des Auges und die Linse trennen zusammen eine vordere und eine hintere Augenkammer voneinander ab3Prometheus LernAtlas – Kopf, Hals und Neuroanatomie – https://www.doi.org/1055/b-006-149644. Der Ziliarkörper produziert im Bereich der hinteren Augenkammer das Kammerwasser, das den Innendruck des Auges bestimmt und diesen aufrechterhält, damit unter anderem eine gleichmäßige Wölbung der Hornhautoberfläche sowie konstant bleibende Abstände innerhalb des optischen Systems gewährleistet sind. Der Augeninnendruck liegt beim Gesunden relativ konstant zwischen 10 und 20 mmHg4Duale Reihe Physiologie – https://www.doi.org/10.1055/b000000462.

Das Kammerwasser gelangt von der hinteren Augenkammer über die Pupille in die vordere Augenkammer. Von dort fließt es über Spalten eines feinmaschigen Trabekelwerks im Winkel der vorderen Augenkammer (Kammerwinkel) über einen Kanal in die abführenden Venen5Prometheus LernAtlas – Kopf, Hals und Neuroanatomie – https://www.doi.org/1055/b-006-149644.

Ein Glaukom ist praktisch immer auf einen erhöhten Abflusswiderstand des Kammerwassers und nicht auf eine vermehrte Produktion zurückzuführen. Durch den Weg des Kammerwassers von der hinteren Augenkammer über die Pupille in die vordere Augenkammer und schließlich den Kammerwinkel ergeben sich zwei wichtige Widerstände für den Fluss. Der erste Widerstand ist der Pupillarwiderstand. Da die Iris der Linsenvorderfläche aufliegt, fließt das Kammerwasser erst in die Vorderkammer des Auges, wenn ein genügend hoher Druck aufgebaut ist, der die Iris von der Linse abheben kann.

Somit führt eine Erhöhung des Pupillendurchflusswiderstandes zu einer Drucksteigerung in der Hinterkammer, wobei sich die Iris vor den Kammerwinkel schieben kann. So entsteht ein sogenanntes Pupillar- oder Winkelblockglaukom, das jedoch nur für weniger als 10% der Glaukomerkrankungen ursächlich ist. Die mit über 90% häufigste Form des Glaukoms ist die des Offenwinkelglaukoms.

Hier ist der zweite physiologische Widerstand für den Abfluss des Kammerwassers entscheidend, nämlich der Abflusswiderstand im Trabekelwerk. Das Trabekelwerk ist ein schwammartig aufgebautes Bindegewebe im Kammerwinkel, durch das der Großteil des Kammerwassers abfließt. Ein erhöhter Widerstand im Trabekelwerk kann zu einem Offenwinkelglaukomen führen. Die Häufigkeit von primären Offenwinkelglaukomen nimmt nach dem 40. Lebensjahr stark zu. Da mehr als ein Drittel der Patienten Verwandte mit der gleichen Erkrankung haben, scheint es eine genetische Veranlagung zu geben6Augenheilkunde – https://www.doi.org/10.1055/b-006-163269.

Symptome des Glaukoms

Bei mehr als 90% aller Fälle von Glaukom handelt es sich um ein primär chronisches Offenwinkelglaukom (PCOG). Bei der Mehrzahl der Patienten mit PCOG können Symptome jahrelang fehlen.

Nur bei einer geringen Zahl von Patienten treten unspezifische Beschwerden wie Kopfschmerzen, Augenbrennen, Augenrötung oder verschwommenes und verschleiertes Sehen auf. Diese Symptome führt der Patient oft auf eine zu schwache oder fehlende Brille zurück. Im Dunkeln kann es zur Wahrnehmung von Farbringen um Lichtquellen kommen. Da beim PCOG typische Symptome oft jahrelang fehlen und bereits entstandene Schäden nicht rückgängig zu machen sind, sind regelmäßige Kontrollen durch einen Augenarzt für die Frühdiagnostik entscheidend.

Das eigentliche Symptom eines Glaukoms, nämlich ausgedehnte Gesichtsfeldverluste an einem oder beiden Augen, kann erst dann auftreten, wenn das PCOG kann bereits weit fortgeschritten ist. Ein Gesichtsfeldausfall ist also nicht der Anfang eines Glaukoms, sondern stellt ein nicht mehr rückgängig zu machendes Spätsymptom mit schlechter Prognose dar, das unbedingt vermieden werden sollte. Eine frühe Diagnose ist daher entscheidend um so schnell wie möglich eine Therapie einzuleiten.

Ein primäres akutes Winkelblockglaukom geht mit einer anfallsweisen Erhöhung des Augendrucks durch eine plötzliche Abflussblockade des Kammerwassers zurück. Für diese Erkrankung wird auch die Bezeichnung “akuter Glaukomanfall” gebraucht. Die Symptome hierbei sind häufig:

  • Akutes Einsetzen von starken Schmerzen
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Herabsetzung der Sehkraft
  • Prodrome: Teilweise in größeren Zeitabständen vorübergehendes Nebelsehen oder das Auftreten von Farbringen um Lichtquellen

Nicht immer ist die volle Symptomatik eines Glaukomanfalles ausgeprägt. Eine herabgesetzte Sehkraft kann unbemerkt bleiben, wenn das andere Auge gut sieht. Auch die Schmerzen können von Patienten sehr unterschiedlich beurteilt werden7Augenheilkunde – https://www.doi.org/10.1055/b-006-163269.

Therapie des Glaukoms

Grüner Star (Glaukom) – Ursachen, Symptome und Behandlung

Bei einem primär chronischen Offenwinkelglaukom ist das Therapieziel meist die Absenkung des Augeninnendrucks. Der Zieldruck sollte für jeden Patienten so festgelegt werden, dass es nicht zu einem Fortschreiten des Gesichtsfeldverlusts und des Schadens am Sehnerv kommt. Für eine medikamentöse Therapie stehen eine Reihe von Wirkstoffen aus unterschiedlichen Wirkstoffgruppen zur Verfügung, die oft auch zusammen verschrieben und verabreicht werden. Eine medikamentöse Therapie kann eine Hemmung der Kammerwasserproduktion oder eine Erhöhung des Abflusses von Kammerwasser zum Ziel haben.

Die meisten Medikamente werden lokal durch Augentropfen verabreicht, es stehen jedoch auch systemische Wirkstoffe zur Verfügung, die sich mit dem Blut im ganzen Körper verteilen. Eine operative Therapie des primär chronischen Offenwinkelglaukoms kann erfolgen, wenn die medikamentöse Therapie nicht ausreichend ist, nicht vertragen wird oder vom Patienten nicht angewendet wird oder angewendet werden kann. Es stehen folgende Verfahren zur Verfügung:

  • Laser-Trabekuloplastik: Mittels Laserbehandlung wird eine Aufdehnung des Trabekelwerks bewirkt, die den Abfluss des Kammerwassers verbessert.
  • Stentimplantation: Es stehen verschiedene Stents zur Verfügung, die das Kammerwasser über ein mikroskopisch kleines “Abflussrohr“ von der Vorderkammer des Auges in unterschiedliche Bereiche ableiten.
  • Filtrierende Eingriffe: Durch operative Öffnung der Sklera, der Lederhaut des Auges, kann das Kammerwasser von der Vorderkammer am Trabekelwerk vorbei unter die Bindehaut abfließen. 80 – 85 % dieser Operationen senken dauerhaft erfolgreich den Augeninnendruck. Zu den filtrierenden Eingriffen zählt beispielsweise die Trabekulektomie.
  • Zyklodestruktive Eingriffe: Teile des Ziliarkörpers, der das Kammerwasser produziert,  werden operativ zerstört, sodass die Kammerwasserproduktion sinkt. Der Eingriff ist irreversibel und kann zu einem dauerhaft zu niedrigen Augendruck führen.

Das primär akute Winkelblockglaukom (akuter Glaukomanfall) ist ein Notfall, der einer sofortigen augenärztlichen Versorgung bedarf. Um die Ursache des akuten Winkelblockglaukoms zu behandeln, ist eine operative Therapie notwendig, die jedoch konservativ mit Medikamenten eingeleitet wird. Als operative Therapie wird eine Verbindung (Shunt) zwischen Vorderkammer und Hinterkammer angelegt werden. Durch die neu geschaffene Öffnung kann das in der Hinterkammer gestaute Kammerwasser in die Vorderkammer abfließen, der Pupillarblock wird aufgehoben, die Iris flacht ab und gibt das Trabekelwerk frei. Schließlich kann das Kammerwasser wieder ungehindert abfließen und der Augendruck sollte sich normalisieren8Augenheilkunde – https://www.doi.org/10.1055/b-006-163269.

Prognose

Beim primär chronischen Offenwinkelglaukom ist entscheidend, die Diagnose so früh wie möglich zu stellen, da die Prognose im Frühstadium deutlich besser ist als im Spätstadium. Bleibt die Drucksteigerung über Jahre hinweg unerkannt und wird nicht therapiert, nimmt die Schädigung des Sehnervs zu und es kann zu nicht mehr rückgängig zu machenden Gesichtsfeldausfällen bis hin zur Erblindung kommen.

Es gibt zudem keine vorbeugenden Maßnahmen zur Verhinderung eines primär chronischen Offenwinkelglaukoms. Beim primär akute Winkelblockglaukom (akuter Glaukomanfall) können der Pupillarblock in der Regel beim ersten Anfall medikamentös behandelt, der Augeninnendruck gesenkt und operativ dauerhaft weitere Anfälle verhindert werden.

Bei wiederholten akuten Winkelblockglaukomen oder bei länger als 48 Stunden dauernden Blockaden des Kammerwinkels verschlechtert sich jedoch die Prognose9Augenheilkunde – https://www.doi.org/10.1055/b-006-163269.

Quellen & Verweise[+]

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