Chronisches Nierenversagen, auch bekannt als Niereninsuffizienz oder renale Insuffizienz, ist eine Erkrankung, die durch einen allmählichen Verlust der Nierenfunktion gekennzeichnet ist.
Nach Angaben der Deutschen Nierenstiftung1Aufgaben, Ziel & Wirkung – Deutsche Nierenstiftung – https://www.nierenstiftung.de/ueber-uns/ – abgerufen am 12.6.2023 leiden 5 Millionen Deutsche an einer chronischen Nierenerkrankung, doch nur die wenigsten wissen davon. Deshalb ist es wichtig, die Ursachen und Symptome des chronischen Nierenversagens zu kennen, damit die Diagnose und Behandlung nicht zu spät eintreten.
Was ist chronisches Nierenversagen und wie kommt es dazu?
Nieren erfüllen diverse Aufgaben im Körper. Sie ermöglichen es, das osmotische Gleichgewicht der Bestandteile der extrazellulären Flüssigkeit aufrechterhalten, was für das Überleben der Zellen entscheidend ist. Sie produzieren Urin, sie bilden und scheiden (gemeinsam mit der Leber) das Hormon Erythropoietin aus, das die Produktion von roten Blutkörperchen (Erythrozyten) anregt. Die roten Blutkörperchen wiederum sind für den Sauerstofftransport im Blut verantwortlich.
Die Hauptaufgabe der Nieren ist die Blutfiltration, wodurch diverse Stoffwechselprodukte, Ionen, Schadstoffe und Abfallstoffe aus dem Blut entfernt werden.
In einer internationalen Studie wurde herausgefunden2Helios Studie zeigt: Mehrzahl der chronischen Nierenerkrankungen bleibt lange unentdeckt – https://www.helios-gesundheit.de/unternehmen/aktuelles/pressemitteilungen/detail/news/helios-studie-zeigt-mehrzahl-der-chronischen-nierenerkrankungen-bleibt-lange-unentdeckt/ – abgerufen am 12.6.2023, dass etwa jeder zehnte Erwachsene an einer chronischen Nierenerkrankung leidet, wovon zwei Drittel der Betroffenen die Erkrankung zu spät erkennen.
Krankheiten, die zum chronischen Nierenversagen führen
Folgende Krankheiten können zum chronischen Nierenversagen führen:
- Diabetes: Zu Diabetes kommt es, wenn der Blutzucker langfristig zu hoch bleibt. Im Laufe der Zeit kann unkontrollierter Blutzucker diverse Organe im Körper schädigen, darunter die Nieren, das Herz und die Blutgefäße, Nerven und Augen. In einer SHARP-Studie wurde nachgewiesen3Chronisches Nierenversagen – https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/pdf/10.1055/s-0041-103753.pdf – abgerufen am 12.6.2023, dass eine Senkung des “schlechten Cholesterin” (LDL) auch zur Senkung der kardiovaskulären Ereignisrate bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung führt.
- Bluthochdruck: Zu Bluthochdruck kommt es, wenn der Blutdruck gegen die Wände der Blutgefäße ansteigt. Unkontrollierter Bluthochdruck gehört zu den Hauptursachen für Herzinfarkte, Schlaganfälle und chronische Nierenerkrankungen.
- Glomerulonephritis: Glomerulonephritis stellt eine Gruppe von Krankheiten dar, die Entzündungen verursachen und die Filtereinheiten der Niere schädigen. Diese Störungen gelten als die dritthäufigste Art von Nierenerkrankungen.
- Erbkrankheiten: Die polyzystische Nierenerkrankung (PKD) ist eine häufige Erbkrankheit, die dazu führt, dass sich große Zysten in den Nieren bilden und das umgebende Gewebe schädigen.
- Nieren- und Harnweganomalien vor der Geburt: Fehlbildungen, die das ungeborene Baby noch im Mutterleib entwickelt, können zum chronischen Nierenversagen führen. Beispielsweise kann eine Verengung den normalen Urinabfluss verhindern und dazu führen, dass der Urin zurück zur Niere fließt. Dies führt zur Entstehung von Infektionen und kann die Nieren permanent schädigen.
- Autoimmunerkrankungen: Wenn sich das körpereigene Abwehrsystem gegen den Körper wendet, sprechen Mediziner von einer Autoimmunerkrankung. Beispiel für eine solche Autoimmunerkrankung ist Lupus Nephritis, die zur Entzündung (Schwellung oder Vernarbung) der kleinen Blutgefäße führt, die Abfallstoffe in der Niere filtern.
Weitere Erkrankungen, die Nierenschäden verursachen können, sind Verstopfungen durch Nierensteine oder Tumore. Auch eine vergrößerte Prostata bei Männern oder wiederholte Harnwegsinfekte können zum chronischen Nierenversagen führen.
Auch bestimmte Risiko-Gene5Nierenversagen: Studie entdeckt vielzahl neuer Risiko-Gene – https://www.eurac.edu/de/magazine/nierenversagen-studie-entdeckt-vielzahl-neuer-risiko-gene – abgerufen am 12.6.2023 sollen die Nierenfunktion negativ beeinflussen. Wer seine erbliche Veranlagung kennt, kann sich regelmäßigen Kontrolluntersuchungen unterziehen und seinen Lebensstil entsprechend anpassen.
Symptome einer chronischen Nierenerkrankung
Anzeichen und Symptome einer chronischen Nierenerkrankung entwickeln sich erst im Laufe der Zeit, wenn die Nierenschädigung bereits fortgeschritten ist. Dazu gehören am häufigsten: Übelkeit, Erbrechen, Appetitverlust, Müdigkeit, Schwäche oder Schlafstörungen.
Zu weiteren Symptomen gehören Veränderungen der Urinfarbe, Muskelzuckungen und Krämpfe, Schwellung der Beine und Knöchel sowie anhaltender Juckreiz. Wenn sich Flüssigkeit um die Herzschleimhaut ansammelt, verspüren die Betroffenen oft Brustschmerz. Zur Kurzatmigkeit kommt es, wenn sich Flüssigkeit in der Lunge ansammelt. Auch Bluthochdruck (Hypertonie) setzt in vielen Fällen ein.
Die chronische Nierenkrankheit gilt laut der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie als eine der tückischsten6Weltnierentag 2019 – Nierengesundheit geht alle an. Überall. – https://www.dgfn.eu/pressemeldung/weltnierentag-2019-nierengesundheit-geht-alle-an-ueberall.html – abgerufen am 12.6.2023. Die Hälfte aller über 75-Jährigen hat ein chronisches Nierenleiden, obwohl eine Nierenkrankheit prinzipiell in jedem Alter eintreten kann. Deshalb rät die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie, die Nieren ab dem 35. Lebensjahr regelmäßig überprüfen zu lassen.
Diagnose und Behandlung
Zur Stellung der endgültigen Diagnose einer chronischen Nierenerkrankung führt der Arzt Blut- und Urintests durch:
- Beim Urintest wird das Verhältnis von Albumin zu Kreatin überprüft. Albumin ist ein Protein, das im Urin eigentlich nicht vorkommen sollte und auf Probleme mit der Nierenfunktion hinweist.
- Beim Bluttest wird das Blut auf das Abfallprodukt Kreatinin untersucht, um festzustellen, ob eventuell zu viel davon im Blut vorhanden ist.
Der Arzt berechnet anschließend die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) anhand der Testergebnisse und anderer Faktoren wie Alter und Geschlecht. Das Ergebnis der GFR ist der beste Weg, um die Nierenfunktion zu messen und das Stadium der Nierenerkrankung zu bestimmen.
Abhängig von der jeweiligen Ursache können einige Arten von Nierenerkrankungen erfolgreich behandelt werden. Chronisches Nierenversagen ist jedoch nicht heilbar. Die Behandlung ist also vielmehr darauf ausgerichtet, die Symptome zu kontrollieren und das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen.
Bei der Behandlung kommen in der Regel Arzneimittel zur Senkung des Blutdrucks, zur Senkung des Cholesterinspiegels und zur Behandlung von Anämie zum Einsatz. Die Letzteren können zur Bildung roter Blutkörperchen beitragen, die Müdigkeit und Schwäche lindern können. Auch Diuretika werden verwendet, um überschüssige Flüssigkeit aus dem Körper zu entfernen.
Die bisherigen Therapieoptionen bei der chronischen Niereninsuffizienz bestanden im Wesentlichen aus ACE-Hemmern oder AT1-Antagonisten. Doch nun ist eine neue Therapie bei Niereninsuffizienz verfügbar: Der SGLT-2-Inhibitor Dapagliflozin7Neue Therapie bei Niereninsuffizienz verfügbar – https://link.springer.com/article/10.1007/s15006-021-0302-0 – abgerufen am 12.6.2023 soll die Risiken für renale und kardiovaskuläre Komplikationen beim chronischen Nierenversagen senken und die Lebenserwartung dadurch erheblich steigern.
Im Endstadium der Nierenerkrankung, d. h. bei vollständigem Nierenversagen, können nur noch Dialyse oder eine Nierentransplantation helfen. Bei der Dialyse werden einige Funktionen, die normalerweise von den Nieren ausgeführt werden (Abfallstoffe und Flüssigkeiten aus dem Blut entfernen), von einem speziellen Gerät übernommen.
Es gibt zwei Arten der Dialyse und beide sind schmerzlos:
- Peritonealdialyse
Diese Art von Dialyse wird normalerweise in einem Krankenhaus von einem Chirurgen durchgeführt. Es wird ein kleiner Einschnitt in den Bauch gemacht und ein dünner Plastikschlauch in die Bauchhöhle eingeführt. Eine spezielle Flüssigkeit fließt langsam durch den Schlauch und füllt den Peritonealraum (den Raum zwischen der äußeren und der inneren Schicht des Überzugs, der die Organe in der Bauchhöhle umgibt). Abfallstoffe aus der Bauchhöhle werden in die Flüssigkeit abgeleitet, die ständig mit überschüssigem Wasser abgesaugt wird. Der Vorgang kann mehrere Stunden dauern.
- Hämodialyse
Die Hämodialyse wird mithilfe eines Geräts durchgeführt, das als „künstliche Niere“ bezeichnet wird und Abfallprodukte aus dem Blut des Patienten filtert. Dazu wird das Blut aus der Arm- oder Beinarterie durch einen dünnen Schlauch in das Gerät geleitet, wo es einen Filter passiert und dann über einen weiteren Schlauch zurück in die angrenzende Vene gelangt.
Der langsame Blutfluss durch das Gerät dauert durchschnittlich 6-8 Stunden und wird dreimal pro Woche durchgeführt. Drei Wiederholungen pro Woche reichen aus, um Abfallstoffe und Wasseransammlungen im Körper in normalen Grenzen zu halten. Diese Geräte sind auch für den häuslichen Gebrauch erhältlich.
Natürlich fürchten sich die Patienten zunächst vor dem Gedanken, dass ihr Leben von einer Maschine abhängen wird, aber sie gewöhnen sich schnell an diesen Lebensrhythmus und lernen sowohl mit dem Gerät als auch mit dem Einführen der Nadel umzugehen. Diese Art der Dialyse reduziert langfristig die Symptome des chronischen Nierenversagens.
Spezielle Diät für Menschen mit chronischer Nierenerkrankung
Für Patienten mit einer chronischen Nierenerkrankung ist eine spezielle Ernährung von großer Bedeutung, um den Zustand der Nieren zu unterstützen und Komplikationen zu vermeiden. Die Niere ist schließlich ein Organ, das Schadstoffe aus dem Körper filtert und dieser Prozess kann durch die richtige Ernährung unterstützt bzw. durch falsche Ernährung erschwert werden.
Lebensmittel, die Patienten mit chronischer Nierenerkrankung essen dürfen:
- Proteine:
- Mageres Fleisch wie Huhn, Truthahn oder Fisch
- Eier (in begrenzten Mengen)
- Hülsenfrüchte wie Bohnen, Linsen und Kichererbsen (in begrenzten Mengen)
- Tofu (in begrenzten Mengen)
- Getreide und stärkehaltige Lebensmittel:
- Reis
- Nudeln (in begrenzten Mengen)
- Brot und Brötchen aus Weißmehl (in begrenzten Mengen)
- Haferflocken
- Obst und Gemüse:
- Äpfel
- Beeren (Erdbeeren, Heidelbeeren, Himbeeren)
- Pfirsiche
- Pflaumen
- Brokkoli
- Paprika
- Spinat
- Zucchini
- Milchprodukte:
- Milch in begrenzten Mengen
- Joghurt (vorzugsweise fettarm oder fettfrei)
- Käse in begrenzten Mengen
- Flüssigkeiten:
- Wasser
- Kräutertee (ohne Koffein)
- Fruchtsaft in begrenzten Mengen (aufgrund des hohen Kaliumgehalts)
Nahrungsmittel, die Patienten mit chronischer Nierenerkrankung meiden sollten:
Proteine:
- Rotes Fleisch (Rind, Schwein, Lamm)
- Wurstwaren
- Geräuchertes Fleisch
Getreide und stärkehaltige Lebensmittel:
- Vollkornprodukte (Vollkornbrot, Vollkornnudeln, brauner Reis)
- Kartoffeln
Obst und Gemüse:
- Bananen
- Orangen
- Tomaten
- Avocados
Milchprodukte:
- Sahne
- Vollmilch
- Käse mit hohem Natriumgehalt
Flüssigkeiten:
- Alkohol
- Softdrinks
- Energy-Drinks
- Sportgetränke
Um sich den Alltag zu erleichtern und den eigenen Körper an die Veränderungen zu gewöhnen, sollten Patienten ihre Krankheit möglichst gut kennenlernen und verstehen. So ist es sogar möglich, Mahlzeiten in Restaurants weiterhin zu genießen8Essen gehen mit Zuversicht – Ein Leitfaden für Patienten mit Nierenerkrankung – https://www.kidney.org/sites/default/files/docs/11-10-1407_dai_patbro_diningout_pharmanet_german_apr08.pdf – abgerufen am 12.6.2023.
Quellen & Verweise