Autor Robert Klatt

Robert Klatt

Robert Klatt hat während seines Studiums an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU Düsseldorf) in der Stabsstelle Kommunikation erste journalistische Erfahrungen gesammelt. Durch seine langjährige Mitarbeit am wissenschaftlichen Nachrichtenportal Forschung-und-Wissen.de konnte er seine Expertise in den Bereichen Gesundheit, Medizin und Ernährung vertiefen.

In Deutschland leiden etwa 12 Millionen Menschen1Funk­tio­nelle Magen-Darm-Erkran­kungen – Reiz­darm­syn­drom – https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/behandlungen-und-medizin/verdauungstrakt/funktionelle-magen-darm-erkrankungen-reizdarmsyndrom-2021864 – Abgerufen am 25.05.2022an einer funktionellen Darmerkrankung, dem Reizdarmsyndrom. Frauen sind etwa doppelt so oft betroffen wie Männer. Ein Reizdarmsyndrom (RDS; Irritable Bowel Syndrome/IBS) liegt vor, wenn die folgenden Punkte zutreffen2Irritable bowel syndrome: German consensus guidelines on definition, pathophysiology and management – https://www.doi.org/10.1055/s-0029-1245976:

  • Es bestehen seit mindestens drei Monaten chronische Beschwerden wie z.B. Blähungen und Bauchschmerzen, die durch den Darm ausgelöst werden. Häufig treten in diesem Zusammenhang Veränderungen im Stuhlgang auf.
  • Die Beschwerden sind so stark, dass die Lebensqualität des Patienten sinkt und diese ärztliche Hilfe aufsucht
  • Es bestehen keine weiteren Krankheiten wie z.B. Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn, die die Symptome wahrscheinlich auslösen.

Eine kausale Behandlung für das Reizdarmsyndrom gibt es bisher nicht, sodass vorhandene Therapien deshalb auf die Linderung der Symptome abzielen. Dies kann unter anderem durch eine spezielle Ernährungsweise erreicht werden, da besonders Nahrungsmittelunverträglichkeiten eine häufige Ursache des Reizdarmsyndroms sind. Eine effektive Vorgehensweise ist in diesem Zusammenhang die sogenannten FODMAP- Diät3S3 guideline of the German Society for Digestive and Metabolic Diseases (DGVS) and the German Society for Neurogastroenterology and Motility (DGNM) to the definition, pathophysiology, diagnosis and treatment of intestinal motility – https://www.doi.org/10.1055/s-0029-1245993.

Was ist die FODMAP-Diät?

Die FODMAP-Diät ist eine sogenannte Eliminationsdiät, bei der Patienten mit Reizdarmsyndrom zeitweise auf bestimmte Lebensmittel verzichten4Malabsorption of fermentable oligo-, di-, or monosaccharides and polyols (FODMAP) as a common cause of unclear abdominal discomfort – https://www.doi.org/10.1055/s-0034-1370108. Die Abkürzung FODMAP setzt sich aus den Anfangsbuchstaben von fermentierbaren Oligosacchariden (z.B. Stärke), Disacchariden (z.B. Laktose), Monosacchariden (z.B. Fruchtzucker) und (And) Polyole (z.B. Süßstoffe) zusammen, umfasst also Lebensmittel mit bestimmten Zuckerverbindungen und -alkoholen

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Die Symptome des Reizdarmsyndroms werden häufig durch Nahrungsmittelunverträglichkeiten verstärkt. Eine Eliminationsdiät kann vielen Patienten deshalb helfen.

Wieso sind FODMAPs beim Reizdarmsyndrom problematisch?

FODMAPs sind Bestandteile, die das Reizdarmsyndrom auf unterschiedliche Weise fördern und somit Durchfälle, Blähungen und Schmerzen verstärken. Gründe hierfür sind unter anderem:

  • FODMAPs ziehen Wasser aus dem Körper in den Darm und begünstigen damit Durchfälle. Zudem verursacht der Dehnungsreiz Schmerzen5FODMAPs alter symptoms and the metabolome of patients with IBS: a randomised controlled trial – https://www.doi.org/10.1136/gutjnl-2015-311339. Diese Dehnung tritt im gesunden Darm ebenfalls auf, wird dort aber nicht als schmerzhaft empfunden, weil keine viszerale Hypersensitivität vorliegt.
  • Die Enzyme der Darmbakterien verarbeiten FODMAPs und bilden daraus Gase. Bei einem Menschen mit Reizdarmsyndrom löst die daraus resultierende Dehnung Schmerzen aus.
  • Die erhöhte Permeabilität eines Reizdarms wird durch die Dehnung der Darmwand verstärkt und kann so Entzündungen im Darm fördern.
  •  Die Dehnung der Darmwand erhöht die Freisetzung von Mastzell-Proteasen und Entzündungsmediatoren. Dies verschlimmert die Reizdarmsymptome weiter.

Bei Menschen mit Reizdarmsyndrom kann eine FODMAP-arme Diät die weitere Reizung des hypersensiblen Darms reduzieren und somit Schmerzen lindern. Zudem lassen auch Blähungen und Durchfälle nach. Auch bei Reizdarm-Typen mit Verstopfungen (Obstipation) kann eine FODMAP-arme Ernährung oft helfen.

Kurztest – Könnte die FODMAP-Diät Ihnen helfen?

Wenn Sie mindestens eine der folgenden Fragen mit JA beantworten können, ist es sehr wahrscheinlich, dass die FODMAP-Diät Ihre Symptome reduzieren kann:

  • Wurde bei Ihnen das Reizdarmsyndrom durch einen Facharzt diagnostiziert?
  • Verstärken Gemüse, Obst und Ballaststoffe ihre Symptome?
  • Haben Sie Lebensmittelunverträglichkeiten?
  • Treten bei Ihnen häufig Blähungen, Bauchschmerzen oder Durchfall auf?

Wie funktioniert die FODMAP-Diät?

FODMAP-Diät zur Behandlung des Reizdarmsyndroms
FODMAP-Diät zur Behandlung des Reizdarmsyndroms

Die FODMAP-Diät lässt sich in zwei Phasen unterteilen.

  1. Restriktionsphase – In der sechs- bis achtwöchigen Restriktionsphase reduziert der Patient den Konsum FODMAP-reicher Lebensmittel möglichst stark. Der Darm kann sich in dieser Phase beruhigen und es kommt meist zu einer deutlichen Reduzierung der Beschwerden. Sinnvoll ist in dieser Phase die Ergänzung mit resistenter Stärke, deren langkettige Ballaststoffe kaum blähen und nicht osmotisch wirken. Dies erhöht die Anzahl gesundheitsfördernder Darmbakterien, ohne dabei Symptome des Reizdarmsyndroms auszulösen6Role of Resistant Starch in Improving Gut Health, Adiposity, and Insulin Resistance – https://www.doi.org/10.3945%2Fan.114.007419.
  2.  Wiedereinführungs-Phase – Danach folgt die Re-Expositionsphase, in der einzelne FODMAP-reiche Lebensmittel wieder allmählich in die Ernährung aufgenommen werden. Diese Phase soll dazu führen, individuelle Toleranzgrenzen auszutesten und Lebensmittel zu ermitteln, die die Symptome verstärken.  

Das Ziel der zwei Phasen ist es, langfristig einen abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährungsplan zu finden, der das Reizdarmsyndrom nicht verstärkt. Vollständig verzichten auf FODMAPs sollten nur Menschen, die diese nachweislich nicht gut vertragen können. In der FODMAP-armen Ernährung geht es also darum, die Menge der FODMAPs bewusst zu kontrollieren und nicht darum, diese vollständig zu vermeiden.

Im Optimalfall wird dieser komplexe Prozess durch eine Ernährungsberatung begleitet. Hilfreich ist zudem ein Ernährungstagebuch, in dem alle konsumierten Lebensmittel und ihre Auswirkungen dokumentiert werden. Auch wenn das FODMAP-Konzept das Reizdarmsyndrom nicht heilen kann, ist es eine effektive Möglichkeit, die Lebensqualität deutlich zu erhöhen

Sind FODMAPs gesundheitsschädlich?

Obwohl eine FODMAP-arme Diät die Symptome beim Reizdarmsyndrom reduzieren kann, sind FODMAPS nicht gesundheitsschädlich. Viele gesundheitsfördernde Darmbakterien benötigen FODMAPS. Dazu gehören etwa gehören Bifidobakterien, die Laktose7Catabolism of Glucose and Lactose in Bifidobacterium animalis subsp. lactis, Studied by 13C Nuclear Magnetic Resonance – https://www.doi.org/10.1128%2FAEM.02529-13 und Oligosaccharide 8Fructooligosaccharide (FOS) and Galactooligosaccharide (GOS) Increase Bifidobacterium but Reduce Butyrate Producing Bacteria with Adverse Glycemic Metabolism in healthy young population – https://www.doi.org/10.1038/s41598-017-10722-2 für ihren Stoffwechsel benötigen. Eine Studie9 Everad A. et al. Cross-talk between Akkermansia muciniphila and intestinal epithelium controls diet-induced obesity – https://www.doi.org/10.1073/pnas.1219451110 zeigt zudem, dass Oligosaccharide die Anzahl des Darmbakteriums Akkermansia muciniphila erhöhen.

Eine FODMAP-arme Ernährung führt deshalb langfristig dazu, dass die Anzahl von Milchsäurebakterien und anderen gesundheitsfördernden Bestandteilen des Darmmikrobioms sinkt. Menschen mit Reizdarmsyndrom sollten deshalb nicht langfristig vollständig auf FODMAP-haltige Lebensmittel verzichten.

Lebensmittel mit niedrigem FOPMAP-Anteil

Menschen mit Reizdarmsyndrom können die folgenden Lebensmittel meist gut vertragen:

LOW-FODMAP Obst

  • Ananas
  •  Bananen
  • Clementinen / Orangen/ Zitronen / Limetten
  • Erdbeeren
  • Kiwis
  • Weintrauben
  • Heidelbeeren
  • Melonen (Ausnahme Wassermelone)
  • Papaya
  • Himbeeren

LOW-FODMAP Gemüse

  • Brokkoli
  • Erbsen
  • Chinakohl
  • Frühlingszwiebel (grüner Teil)
  • Gurken
  • Karotten
  • Kartoffeln
  • Salat
  • Spinat
  • Tomaten

LOW-FODMAP Getreide

  • Brot aus Kartoffeln, Hafer, Reis, Mais
  •  Dinkel
  • glutenfreie Produkte
  • Hafer
  • Maismehl
  • Polenta
  • Quinoa
  • Reis (weiß und braun)
  • Hirse
  • Tortilla-Chips

LOW-FODMAP Milchprodukte

  • Butter
  • Hartkäse
  • Mozzarella
  • laktosefreie Produkte
  • Parmesan
  • Reismilch
  • Soja-Protein (Tofu)
  • Cheddar
  • Brie
  • Camembert

LOW-FODMAP Fleisch und Fisch

  • Fisch
  • Eier
  • Geflügel
  •  Lammfleisch
  • Rindfleisch
  •  Schweinefleisch

Lebensmittel mit hohem FOPMAP-Anteil

Menschen mit Reizdarmsyndrom vertragen die folgenden Lebensmittel meist schlecht:

HIGH-FODMAP Obst

  • Äpfel
  • Avocado
  • Birnen
  • Datteln
  • Brombeeren
  • Kirschen
  • Mango
  • Pfirsiche
  • Pflaumen
  •  Wassermelone

HIGH-FODMAP Gemüse

  • Artischocke
  • Bohnen
  • Frühlingszwiebel (weißer Teil)
  • Linsen
  • Pilze
  • Sauerkraut
  • Sellerie
  • Spargel
  • Weißkohl
  • Zwiebel (möglichst komplett vermeiden)

HIGH-FODMAP Getreide

  • Couscous
  • Eiernudeln
  • Grieß
  • Roggen
  • Paniermehl
  • Weizen
  • Hartweizengrieß Nudeln
  • Dinkel

HIGH-FODMAP Milchprodukte

  • Buttermilch
  • Frischkäse
  • Hafermilch
  • Joghurt
  • Milcheis
  • Kuhmilch
  • Schafsmilch
  • Ziegenmilch
  • Sauerrahm
  • Weichkäse

HIGH-FODMAP Fleisch und Fisch

  • Wurst
  • Fischkonserven

Studien zur FODMAP-Diät

Die FODMAP-Diät wurde inzwischen in mehreren randomisierten kontrollierten Studien untersucht. Diese kamen zu dem Ergebnis, dass bei fast allen Menschen mit Reizdarmsyndrom eine Low-FODMAP-Diät die subjektiven Beschwerden signifikant reduzieren kann.

  • Eine Low-FODMAP-Diät kann im Vergleich zu einer typischen australischen Ernährung die Symptome (Schmerzen, Völlegefühl, Flatulenz) bei Reizdarmpatienten stark reduzieren10A diet low in FODMAPs reduces symptoms of irritable bowel syndrome – https://www.doi.org/10.1053/j.gastro.2013.09.046.
  • Eine FODMAP-arme Ernährung (9 Gramm fermentierbare Kohlenhydrate pro Tag) reduziert im Vergleich zu einer FODMAP-reichen Ernährung (50 Gramm fermentierbare Kohlenhydrate pro Tag) die gastrointestinalen Symptome deutlich und löst ein Trägheitsgefühl aus11Comparison of symptom response following advice for a diet low in fermentable carbohydrates (FODMAPs) versus standard dietary advice in patients with irritable bowel syndrome – https://www.doi.org/10.1111/j.1365-277x.2011.01162.x.
  • Eine FODMAP-arme Diät führt bereits nach vier Wochen bei vielen Menschen mit Reizdarmsyndrom (68 %) zu einer Linderung der Symptome. In der Kontrollgruppe, die eine gewöhnliche Diät erhielt, berichteten deutlich weniger Probanden (23 %) von einer Verbesserung12Comparison of symptom response following advice for a diet low in fermentable carbohydrates (FODMAPs) versus standard dietary advice in patients with irritable bowel syndrome – https://www.doi.org/10.1111/j.1365-277x.2011.01162.x.

Allgemeine Ernährungsempfehlungen für Patienten mit Reizdarmsyndrom

Neben der FODMAP-Diät gibt es noch weitere allgemeine Ernährungsempfehlungen für Patienten mit Reizdarmsyndrom13British Dietetic Association evidence-based guidelines for the dietary management of irritable bowel syndrome in adults – https://www.doi.org/10.1111/j.1365-277x.2012.01242.x:

  • reduzierte Fettaufnahme
  • regelmäßige Mahlzeiten und Zwischenmahlzeiten
  • Vermeiden großer Portionen
  • geringer Konsum blähender Lebensmittel (z.B. Zwiebeln und Bohnen)
  • Vermeiden von Süßstoffen und Softdrinks
  • verteilte Zufuhr von Ballaststoffen

Quellen & Verweise[+]

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