Viele Omas bestehen darauf. Es sollte kein Tag ohne warme Mahlzeit vergehen. Schließlich wäre es gut für die Seele und die Gesundheit. Doch wie viel Wahrheit steckt in dieser Binsenweisheit? Schadet es dem Stoffwechsel, wenn er nur kalte Speisen zu sich nimmt? Kann die Temperatur von Lebensmitteln einen relevanten Einfluss nehmen?
Ein “Nein” als Antwort wäre zu pauschal
Tatsächlich macht es keinen Unterschied, wie kalt oder warm eine Mahlzeit ist. Sobald sie sich auf dem Weg in den Magen befindet, wird sie der Körpertemperatur angepasst. Bei gesunden Menschen lässt sich ein Wert zwischen 36 und 37 Grad Celsius messen1Quelle: Fieber messen – https://www.helios-gesundheit.de/magazin/richtiger-umgang-mit-antibiotika/news/richtig-fieber-messen-bei-erwachsenen-und-kindern/ – Abgerufen am 05.06.2023. Je nach zugeführten Speisen und Gewürzen kann die Temperatur im Verdauungstrakt etwas variieren.
Nach kurzer Zeit passt sich aber alles dem Mittelwert an. Bevor die Lebensmittel weiterverarbeitet werden, besitzt der Speisebrei eine einheitliche Wärme. Kalte Mahlzeiten werden automatisch erwärmt – heißes Essen lässt man vorher abkühlen, um sich nicht zu verbrennen.
Kann man sich den Magen verkühlen?
Was ist jedoch, wenn große Mengen an sehr kalten Getränken oder Eis konsumiert werden? Kann der Magen unter einer Art “Unterkühlung” leiden und deshalb gesundheitlichen Schaden nehmen?
Kalte Flüssigkeiten erreichen keine Minusgrade, solange sie trinkbar sind. Speiseeis ist so hergestellt, dass es bei etwa 4 Grad kurzzeitig formstabil bleibt. Im Mund erfolgt sofort die Erwärmung und in der Speiseröhre geht es weiter. Im Magen angekommen, ist es bereits flüssig und besitzt eine Temperatur von um die 20 Grad. Es besteht also keine Sorge: Auch mit sehr kaltem Essen kann man sich nicht den Magen verkühlen2Quelle: Magen mit Speiseeis verkühlen unmöglich – https://www.focus.de/gesundheit/ernaehrung/geniessen/ernaehrung-magen-verkuehlen-mit-speiseeis-unmoeglich_id_2714558.html – Abgerufen am 05.05.2023.
Indirekte Vorteile einer warmen Mahlzeit
Doch bedeutet dies, dass in Zukunft alles kalt gegessen werden sollte? Theoretisch ist dies möglich, aber ein paar gute Gründe sprechen dagegen. Konkret sind es sechs Punkte, über die nachgedacht werden sollte.
Grund Nr. 1: Wärme macht Essen verdaulicher
Durch das Erwärmen im Topf, dem Ofen oder der Pfanne verändert sich die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe. Viele Lebensmittel werden dadurch weicher und sind somit leichter zu verdauen. Es gibt sogar einige Produkte, die nicht roh verzehrt werden sollten. Beispiele hierfür sind:
- Kartoffeln: Die Stärke in einem “Erdapfel” lässt sich leichter verdauen, wenn sie vorher erwärmt wurde. Zudem kann das enthaltene Solanin in größeren Mengen für den Menschen giftig sein3Quelle: Kartoffeln roh essen – https://www.eatclub.tv/kochschule/gut-zu-wissen/kann-man-kartoffeln-eigentlich-roh-essen-168229 – Abgerufen am 05.06.2023. Nach dem Kochen ist diese Substanz weitestgehend unbedenklich. Kleine Mengen sind dagegen als Geheimtipp gegen Sodbrennen bekannt. Was allerdings ebenso gut mit einer geschälten Salatgurke und reichlich Wasser funktioniert.
- Grüne Bohnen (giftiges Protein “Phasin”)
- Rhabarber (Oxalsäure)
- Pilze
- Auberginen (Solanin)
- Holunderbeeren (Sambunigrin, Blausäure)
- Sprossen (mögliche Keimbelastung)
- Eier (Salmonellen-Gefahr)
In vielen Fällen reduziert ein ausreichend langes Kochen der genannten Lebensmittel die Risiken. Ein gründliches Abwaschen von Obst und Gemüse sollte zudem vorher stattfinden.
Grund Nr. 2: Warmes Essen ist gut für die Seele
Die Temperatur von Speisen mag nicht immer eine Rolle spielen. Doch gibt es Mahlzeiten, die möchte man lieber warm oder gar heiß genießen. Einfach weil es sich positiv auf das eigene Wohlbefinden auswirkt. An kalten Tagen und bei Erkältungen ist eine Hühnersuppe genau das Richtige. Frisch gekocht helfen die Zutaten bei der Genesung. Während der Duft und das warme Gefühl im Hals die Zufriedenheit steigern.
Grund Nr. 3: Erhitzen verbessert die Hygiene
Kaum jemand würde auf die Idee kommen und rohen Fisch ohne vorheriges Erhitzen verzehren. Fleisch vom Rind, Huhn & Co sollte ebenfalls gründlich gekocht oder gebraten werden. Auf diese Weise werden Bakterien und Viren unschädlich gemacht, die bei hohen Temperaturen zerfallen. Andernfalls drohen Verdauungsprobleme bis hin zu einer Lebensmittelvergiftung. In vielen Fällen ist es also auch eine Frage der Hygiene.
{infobox]Ein Großteil der Keime auf Lebensmitteln wird durch ein Erhitzen von mehreren Minuten sicher abgetötet. Wer zuvor alles gründlich reinigt, reduziert damit das gesundheitliche Risiko erheblich.[/infobox]
Grund Nr. 4: Kochen, Braten & Garen schaffen Abwechslung
Es gibt einige Methoden, um seine Mahlzeit auf Temperatur zu bringen. Es lohnt sich, dasselbe Gericht auf verschiedene Weisen zuzubereiten. Bspw. schmeckt Brokkoli gebraten oder gedünstet unterschiedlich. Dieselbe Erkenntnis ergibt sich bei einer Vielzahl weiterer Lebensmittel.
Darüber hinaus lässt sich mit diversen Gewürzen experimentieren, die ihren vollen Geschmack erst durch Wärme entwickeln. Das schafft Abwechslung und belebt die Geschmacksknospen.
Grund Nr. 5: Wärme kann das Geschmackserlebnis verbessern
Die Aromen in Speisen und Getränken verändern sich in Abhängigkeit von ihrer Temperatur. Erhitztes Obst, wie bspw. ein Bratapfel, schmeckt ganz anders als sein rohes Originalprodukt. Viele Sekt- und Weinsorten werden kühl serviert, damit sie weniger säuerlich schmecken. Eine kalte Suppe wird hingegen oft als zu lasch empfunden, weil es ihr an Wärme fehlt.
Oftmals geht es also darum, wie intensiv etwas schmecken soll. Hier hat jeder Gaumen andere Vorlieben und es zeigt, dass die Temperatur doch eine Rolle spielt.
Grund Nr. 6: Das soziale Miteinander stärken
Die Zubereitung warmer Speisen nimmt etwas Zeit in Anspruch. Was gibt es Schöneres, wenn die Familie gemeinsam kocht und anschließend die Mahlzeit zusammen genießt? So bringt das Essen die Angehörigen einander näher. Daraus lässt sich ein Ritual formen. Mindestens einmal pro Woche wird bspw. das Abendessen als Gruppe vorbereitet. Vorher dürfen alle über die Zutaten bzw. das Rezept abstimmen.
Fazit: Oftmals keine zwingende Notwendigkeit
Das Erwärmen von Lebensmitteln ist in den meisten Fällen nicht unbedingt nötig. Bis auf einige Ausnahmen, die keinesfalls roh verspeist werden (siehe oben). Bei ihnen besteht ein gesundheitliches Risiko, welches man nicht ignorieren sollte.
Bei allen anderen ist der kalte Verzehr möglich. Allerdings kommt der Geschmack durch Kochen, Braten oder Garen intensiver zum Vorschein. Gewürze geben zusätzlichen Spielraum für neue Gaumenfreuden. Hinzu kommt der hygienische Aspekt. Hohe Temperaturen machen Keime unschädlich.
Demnach ist es ratsam, zumindest ab und zu eine warme Mahlzeit in der Woche einzuplanen. Für das eigene Wohlbefinden und für das soziale Miteinander. Zugleich kommt es zur dringend notwendigen Entschleunigung, wenn der Alltag normalerweise von viel Hektik geprägt sein sollte.
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Quellen & Verweise